Was Max Eberl in einem Jahr beim FC Bayern erreicht hat – und was nicht

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Getty Images Max Eberl ist nun ein Jahr im Amt als Sportvorstand beim FC Bayern
Samstag, 01.03.2025, 12:03

Ein Jahr Sportvorstand des FC Bayern. Am 1. März 2024 tritt Max Eberl den wohl heikelsten Job im deutschen Fußball an. Nun ist er ein Jahr im Amt. Was hat er beim FC Bayern erreicht - und was noch nicht.

Max Eberl trat seinen Job in München selbstbewusst, locker und mit einer gesunden Portion Zuversicht an. Ob ihm die Größe seiner Aufgabe bewusst sei, wurde damals auf der Vorstellungs-PK gefragt. „Ich habe schon unterschrieben, ich kann nicht mehr zurück", entgegnete ein lachender und schlagfertiger Max Eberl und betonte mehrfach: „Ich bin kein Heilsbringer“.

Der FC Bayern hatte zu dieser Phase viele Probleme. In der Liga lief der Serienmeister der Werkself aus Leverkusen hinterher, der Vertrag von Trainer Thomas Tuchel wurde vorzeitig zum Saisonende in beidseitigem Einverständnis aufgelöst, der Kader stand vor einem Umbruch.

Und Max Eberl stand bei seinem Amtsbeginn als Sportvorstand vor einem Berg an Arbeit. „Natürlich ist der Aufgabenzettel sehr groß, aber ich habe keine Angst“, sagte er. Nun ist Eberl ein Jahr in seiner neuen Position. Was ist dem 51-Jährigen in den zwölf turbulenten Monaten gelungen – was nicht?

Eberl startete beim FC Bayern mit peinlicher Trainersuche

Sein Job startete mit der Suche nach dem Tuchel-Nachfolger. Und die gestaltete sich als komplizierter als gedacht. Der große FC Bayern braucht einen neuen Hauptübungsleiter, und niemand will. 

Eberl kassierte Absage um Absage. Xabi Alonso, Ralf Rangnick, Julian Nagelsmann. Die Liste wurde immer länger. Dass all dies durch die Öffentlichkeit und Medien getragen wurde, warf kein gutes Licht auf die Vorgänge beim deutschen Rekordmeister. Ein peinliches Unterfangen.

Am Ende schüttelte Eberl für viele völlig überraschend den noch unerfahrenen Vincent Kompany aus dem Ärmel. Der als D-, oder E- oder Was-auch-immer-Lösung abgestempelte Coach entfachte wenig Begeisterung bei den roten Anhängern. Vielleicht ein Vorteil: Die Erwartungen waren gedämmt.

FC Bayern Muenchen Unveils Newly Signed Head Coach Vincent Kompany
Getty Images Jan-Christian Dreesen und Max Eberl präsentieren den neuen Trainer Vincent Kompany
 

Denn bis heute kann sich das Ergebnis sehen lassen. Kompany leistet hervorragende Arbeit und ist in der Bundesliga voll auf Meisterkurs. Auch die Mission „Fina.., äh, Titel Dahoam“ ist in der Champions League noch möglich. Der Münchner Bürgermeister hat bereits den Rathaus-Balkon auf dem Marienplatz reserviert. Die bayerische Selbstverständlichkeit ist zurück. 

Bayern-DNA: Das Mia san Mia kommt zurück

Denn die hat in den vergangenen Jahren in der Amtszeit von Vorstandsboss Oliver Kahn und Sportdirektor Hasan Salihamidzic sehr gelitten. Wo war das Mia San Mia? Der FC Bayern war nur selten der FC Bayern, wie wir ihn alle kennen, lieben und fürchten gelernt haben.

Das hat sich auch auf dem Rasen gezeigt. Die Spieler haben die Aura der Unbesiegbarkeit verloren und stolperte sogar gegen die vermeintlich Kleinen der Liga. 

Die Renaissance des deutschen Fußballs war eine Hilfe, an der auch die bayerischen Nationalspieler Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Thomas Müller, Jamal Musiala und Leroy Sané entscheidenden Anteil hatten. Das positive Gefühl einer erfolgreichen EM, die etwas im Land bewirkt hat, nahmen die Kicker mit nach München.

Und so sind die Bayern wieder mit der Maxime in die Saison gestartet, Bayer Leverkusen zu stürzen und sämtliche Titel einzufahren. Titel statt Finale Dahoam, auch der Triumph in der Königsklasse im eigenen Stadion soll am 31. Mai gelingen. Diese forsche Ansage mag nach der vergangenen Spielzeit vermessen klingen. 

So ist der FCB im Schatten von Real Madrid, FC Liverpool und dem FC Barcelona auch höchstens ein Mitfavorit auf den Henkelpott. Im Selbstverständnis der Bayern aber nicht. Diese Impertinenz braucht es für größtmöglichen Erfolg.

FC Bayern München v VfL Wolfsburg - Bundesliga
Getty Images Max Eberl beim FC Bayern
 

Das ist auch ein Verdienst von Max Eberl. Er selbst wurde „beim FC Bayern sozialisiert“, wie es Präsident Herbert Hainer damals formulierte. Von der Bambini-Mannschaft bis zu den Profis, als Ferien-Aushilfe im Fanshop an der Säbener Straße unter der strengen Aufsicht von Hermann Gerland Pakete schleppen. 

So etwas prägt. Eberl hat die DNA des FC Bayern verinnerlicht und hilft, sie nun wieder nach außen zu transportieren.

Musiala? Check! Kimmich?

Dafür braucht es auch Identifikationsfiguren. Jemand der die nächste Ära des FC Bayern prägen soll, ist Jamal Musiala. Das Gesicht der Zukunft. 

Musiala ist das Ausnahmetalent, ein Magier am Ball, die Hoffnung einer ganzen Nation. Jeder Top-Verein der Welt beneidet den FC Bayern für diesen Spieler. Daher wäre auch jeder Verein bereits, bis ans finanzielle Maximum zu gehen, um ihn aus München wegzulocken.

Eberl hat es aber geschafft, den 21-Jährigen langfristig zu binden. Musiala hat unterschrieben! Bis 2030 bleibt der Wunderknabe und kassiert dafür ein kolportiertes Jahresgehalt von rund 25 Millionen Euro. Top-Verdiener, Rekordvertrag. Aber wenn nicht Musiala, wer dann?

Zwar musste Eberl ihm eine Ausstiegsklausel einräumen, doch muss es nun zur Vereinsaufgabe werden, Musiala niemals über diese Klausel nachdenken zu lassen. Dazu zählen Umstände, in denen der Verein jährlich um jeden einzelnen Titel mitspielen kann. 

Als Teil davon konnte Eberl die Kaugummi-Verhandlung mit Alphonso Davies endlich finalisieren, auch er bleibt in München. Torhüter und Kapitän Manuel Neuer hat ebenfalls um ein weiteres Jahr verlängert.

Bayern entzieht Kimmich das Angebot, Zukunft ungewiss

Joshua Kimmich hingegen hat zu lange gezögert, dass die Vereinsbosse intervenierten und ihm das vorliegende Angebot unter der Nase wieder wegzogen. Eine Verlängerung bleibt zwar weiterhin nicht ausgeschlossen, doch es droht im Sommer ein Gratis-Abgang. 

Der Verlust von Kimmich wäre für die Kaderstruktur ein herber Rückschlag. Bei Müller und Neuer naht ein Karriereende, damit würden zwei Führungsspieler wegfallen. Wer soll die Truppe anführen? Wir sehen aktuell in Dortmund, wie eine Mannschaft ohne echte Leader agiert.

Kimmich zählt zu den Identifikationsfiguren des Teams, als designierter Nachfolger von Neuer, ist bereits der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft. Ein Führungsspieler, ein Fighter. Würde er den Verein verlassen, würde das Mia san Mia leiden.

FC Bayern Muenchen Unveils Max Eberl As New Board Member For Sport
Getty Images Max Eberl scherzt vor einem Jahr auf seiner Präsentation mit den Bossen
 

Eberl muss vermitteln – zwischen dem aufgebrachten Aufsichtsrat mit all seinen mächtigen Ex-Bossen, und dem Spieler, dessen Ego angegriffen wurde. Ob dem 51-Jährigen das gelingt oder eben nicht, könnte ein einschneidender Moment in seiner Amtszeit werden.

Hinter Kimmich in der Schlange warten übrigens auch Dayot Upamecano (bis 2026) und allen voran auch Leroy Sané in höchster Dringlichkeit. Denn sein Arbeitspapier endet wie Kimmichs in diesem Sommer.

Eberls Umbruch stockt

Was also passiert mit Leroy Sané? Der Nationalspieler würde am liebsten in München bleiben, doch es bleiben Zweifel. Bisher konnte der Flügelspieler die gigantischen Erwartungen nicht erfüllen. Sanés Formkurve gleicht einem volatilen Aktienfonds. 

Es wäre ein harter, aber verständlicher Schritt, den 29-Jährigen ziehen zu lassen. Er zählt zu den Top-Verdienern im Verein. Und Eberls Auftrag: die Gehaltsstruktur des Kaders reduzieren. 

Bisher konnte er keinen der Großverdiener von der Liste streichen. Leon Goretzka, Kingsley Coman und Serge Gnabry gelten als Verkaufskandidaten, losgeworden ist Eberl in den bisher zwei Transferfenstern niemanden. 

Uli Hoeneß kündigte nun schon mehrfach an, dass es ohne Verkäufe keine größeren Ausgaben mehr geben werde. Das würde den Umbruch schwieriger gestalten, als er sowieso schon ist. Zeitgleich träumt Hoeneß von der Verpflichtung eines Florian Wirtz. Das nennt man neudeutsch „Mixed Signals“.

Verjüngungskur des FC Bayern ist gestartet

Die Verjüngungskur des Kaders hat dennoch schon begonnen. Michael Olise kam für den Flügel. Im Mittelfeldzentrum gehört Eigengewächs Aleksander Pavlovic und Tom Bischof die Zukunft. Die Verpflichtung des Nachwuchsnationalspielers wurde bereits im Winter fix gemacht. Er kommt im Sommer aus Hoffenheim.

Auch auf der Torwartposition steht eine neue Ära bevor. Zwar hat Neuer noch einmal bis 2026 verlängert, doch lauern seine Nachfolger bereits. Auch Alexander Nübel, der derzeit an den VfB Stuttgart ausgeliehen ist, hat seinen Kontrakt um ein Jahr verlängert. Wann und ob er zurück nach München kommt, um sein Erbe anzutreten, bleibt aber ungewiss. 

Denn im Winter hat Eberl in Jonas Urbig einen weiteren jungen Torhüter verpflichtet. Der 21-Jährige soll sich zunächst hinter Neuer einreihen, wird aber bereits Spielpraxis bekommen. Einer der beiden DFB-Keeper wird also Neuer früher oder später ersetzen.

Bayern-Bosse beäugen Eberl kritisch

Während Eberl all die unterschiedlichen Bälle jongliert, darf er den wichtigsten Ball niemals fallen lassen: Seine Bosse bei Laune halten. Nach dem Knall um seine Vorgänger schauen Hoeneß und Rummenigge aus der Ferne wieder genauer hin. Auch Hainer und Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen sind stets in Alarmbereitschaft. Die Krise hat die Teppichetage der Säbener Straße wieder wachgerüttelt.

FC Bayern München v 1. FC Köln - Bundesliga
DeFodi Images via Getty Images Max Eberl mit der gesamten Führungsriege des FC Bayern
 

Daher gab es zuletzt auch kritische Töne in Richtung des Sportvorstands zu vernehmen. Eberl neige zu Alleingängen, wie im Fall Davies, und das sorge intern für Irritationen. Das berichtete der „Kicker“. Gerade die in der Öffentlichkeit kolportieren Summen standen im Widerspruch zur Kostenminimierungsstrategie. Die fehlende Kommunikation zur Clubführung kam nicht gut an.

Was die Bosse laut des Berichts ebenfalls störte: fehlende Fristen bis zu einem Vertragsabschluss für die Spieler. Musiala und Davies haben den Verein länger zappeln lassen. Auch Kimmich zögerte, weshalb das Angebot nun zurückgezogen wurde. 

Ging es von Eberl aus? Dann hat er in den Augen seine Bosse die notwendige Stärke gezeigt. Oder mussten gar seine Bosse intervenieren? Dann wäre die Kimmich-Abfuhr auch eine deutliche Ansage in Richtung Eberl und würde ihn in Zukunft schwächen.

Eberl hat den wohl schwierigsten und heikelsten Job im deutschen Fußballgeschäft angetreten – wie er den Verein durch das nächste halbe Jahr manövriert, wird auch über seine langfristige Zukunft beim FC Bayern entscheiden. Sonst droht auch Max Eberl bald eine Frist.

dom