Europa rückt im Zoll-Chaos zusammen: Schweiz und Großbritannien bald in der EU?
Der Zollkrieg von Donald Trump lässt Großbritannien und die Schweiz näher an Europa heranrücken. Erstmals nehmen Delegierte beider Länder an einem Treffen der EU-Finanzminister teil.
Warschau – Kaum ein Land der Welt bleibt von den Konsequenzen des Trump‘schen Zoll-Chaos verschont. Nicht nur China, Kanada oder Mexiko werden vom Zorn des US-amerikanischen Präsidenten in Form von Strafzöllen heimgesucht. Auch die Schweiz und Großbritannien treffen die US-Zölle hart. Doch anstatt in Washington den Bückling zu machen, rücken die Länder näher an die EU heran. Delegierte beider Länder nehmen erstmals an einem informellen Treffen der EU-Finanzminister teil.

Anreise zum EU-Finanzministertreffen: Schweiz sucht nach dem Trump-Schock Nähe zur EU
Wer hätte das vermutet: Der Schweiz drohten bis zur kurzfristigen Aussetzung für 90 Tage seit Mittwoch (9. April) mit 31 Prozent europaweit die höchsten Zölle für Ausfuhren in die USA – fast so viel wie China mit 34 Prozent. Ein Schock für die exportorientierte Schweiz, die einen großen Markt für Luxusuhren, Schokolade und Käsespezialitäten in den USA hat.
Die US-Ankündigung der Horror-Zölle löste allerdings bei der eidgenössischen Regierung eine Reaktion aus, die dem amerikanischen Staatschef weniger schmecken dürfte: Die Schweiz verzichtete zwar auf Vergeltungsmaßnahmen gegen die neuen US-Zölle, die Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter erklärte jedoch, sie stehe in engem Kontakt mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, wie die Financial Times am Freitag (11. April) berichtet.
Zölle und Ukraine-Frage: Großbritanniens forciert engere Beziehungen zur EU
Keller-Sutter wird am Freitag erstmals am informellen Treffen des EU-Rats für Wirtschaft und Finanzen (Ecofin) in Warschau teilnehmen, ebenso wie voraussichtlich auch die britische Finanzministerin Rachel Reeves. Denn auch Großbritannien rückt unter Premierminister Keir Starmer immer näher an Europa. Getrieben wird die Entwicklung nicht nur von Donald Trumps Handelskrieg. Seit die USA der Ukraine vorübergehend ihre Unterstützung entzogen haben, war Großbritanniens Regierungschef gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf diversen Gipfeltreffen zugegen.
Großbritannien hat in den vergangenen Wochen mehrfach auf das Aussetzen von Trumps Zöllen gedrängt. Die Reise von Finanzministerin Reeves zum Treffen der EU-Finanzminister am Freitag signalisiert die Bereitschaft der Regierung, die Beziehungen zur EU weiter zu intensivieren.
Ecofin-Treffen: EU-Minister diskutieren US-Zollpolitik und Handelsbarrieren
Beim Ecofin-Treffen am 11. und 12. April werden sich die Ministerinnen und Minister der Länder über die Konsequenzen der US-Zollpolitik für Europa beraten. Man begrüße die Entscheidung der US-Regierung, die Einführung von Zöllen zu verschieben, sagte EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis zur Eröffnung. Jetzt müsse man die 90 Tage sinnvoll nutzen: „Wir brauchen ein gutes Abkommen für die europäischen Bürger und Unternehmen. Und wir unterstützen die Europäische Kommission voll und ganz bei ihren Bemühungen, ein gutes und faires Abkommen auszuhandeln.“
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Keller-Sutter, die gleichzeitig Finanzministerin ihres Landes ist, erklärte gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung: „Wir wollen die Beziehungen mit der EU stabilisieren, vertiefen.“ Gleichzeitig seien die USA wichtigstes Exportland, „auch da haben wir immer stabile Beziehungen angestrebt – vor, mit und nach der Regierung von Donald Trump“. Das sei derzeit schwierig, aber das sei es auch in früheren Phasen schon gewesen.