Die Pasinger Fabrik feiert die knallige Farbe Pink. In der Ausstellung „PINK“ zeigt sich, wie politisch Farben sein können. Unser Ausstellungstipp.
Ein echter Mann trägt Pink. Zu mädchenhaft? Von wegen. Bis zum Rokoko war diese knallige Farbe ein explizites Zeichen für Männlichkeit. Und Rosa galt noch lange darüber hinaus als Farbe für Jungs. Gewissermaßen das „kleine Rot“ für die angehenden echten Kerle. Mädchen dagegen sollten hübsch züchtig sein, hellblau war angesagt, die Farbe der Reinheit und der Jungfrau Maria. Wer also denkt, Ruth Handler, Mitbegründerin der Spielwarenfirma Mattel und „Mutter der Barbie-Puppe“, habe mit den pinklippigen Püppchen den Untergang des Abendlandes eingeläutet, irrt. Netter, nur scheinbarer Widerspruch: Mit den knalligen Kleidchen der Barbie brachte sie Maskulinität in die Kinderzimmer der Mädels. Aus einer Jungen- wurde eine Mädchenfarbe. Barbie sollte ihnen ein Vorbild sein, berufstätig, selbstbewusst. Leider auch: viel zu dünn und makellos. Aber das ist eine andere Geschichte.
Wobei, auch diese hier erzählt von (unerreichbaren) Schönheitsidealen, von Lebenslust und Lebensfrust, von Männlichkeit und Weiblichkeit. Vom Pingpong der Gefühle. Ja, in der neuen Ausstellung der Pasinger Fabrik steht ganz passend eine Tischtennisplatte, pink bemalt, die Griffe der Schläger mit rosafarbenem Kunstfell bezogen. Losspielen unbedingt erlaubt. „Pink-Pong Pasing“, nennt’s Annette Hempfling, die zusammen mit Stefan-Maria Mittendorf die sehenswerte Schau kuratiert hat. Die macht schon auf den ersten Blick richtig Spaß – und sorgt beim zweiten für spannende Gedankengänge.
„PINK“, mit vier großen Lettern, ist sie überschrieben. Und weil das hochengagierte Team des Hauses immer den ganzen Laden bespielt – von Veranstaltungen über Theater bis hin zur Gastronomie – haben sie auch für diese Ausstellung überall in der Pasinger Fabrik pinke Spuren hinterlassen. Wo geht’s zur Toilette? Immer dem „PINKeln“-Schriftzug nach.
Die Werke von 29 (!) Künstlerinnen und Künstlern fahren Hempfling und Mittendorf auf. Wenn man das Duo Eva & Adele als eine Person zählt. Wie aus einer Haut gepellt wirken sie ja, die beiden. Dieses lebende Gesamtkunstwerk, diese immerwährende Performance. Mann und Frau, stets geschminkt, stets im gleichen feminin anmutenden Outfit unterwegs. Inzwischen werden sie selbst im vermeintlich so weltoffenen Berlin angefeindet. Wenn man sie auf Videos in den in pinken Plüsch umhüllten Monitoren sieht, wird klar: Pink ist nicht bloß eine Farbe, pink ist ein starkes Statement. Pink ist politisch. Und so reflektiert die Schau die Farbe auch als Ausdruck für Lebensentwürfe, die intoleranten Menschen nicht passen.
Und dann sind da Werke, die einfach nur Freude machen, wenn man sie betrachtet. Milen Till beispielsweise hat eine Leinwand mit Geschenkbändern in unterschiedlichen Rosa-Tönen eingewickelt; in einer Ecke prangt eine pinke Schleife. Unangenehme Selbsterkenntnis: Naiv fragt man die Kuratorin, von welcher Künstlerin dieses Werk denn sei? Keine Künstlerin war’s, sondern ein Künstler. „PINK“ ist eine Einladung: mal weg vom gewohnten Blick auf die Welt. Denn die ist nicht nur schwarz und weiß – sondern erfreulicherweise kunterbunt. Mit ganz viel rosarot. Bis 3. August 2025 Di. bis Sa. 15 bis 19 Uhr, So. 14 bis 18 Uhr; Pasinger Fabrik.