Baerbock bei G7-Gipfel über Netanjahus Haftbefehl: „Niemand steht über dem Gesetz“
Der internationale Strafgerichtshof hat einen Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten erlassen. Auch beim G7-Gipfeltreffen ist das Thema zentral.
Fiuggi – Die Außenminister der G7-Staaten haben sich in Fiuggi, einem Kurort rund 80 Kilometer von Rom entfernt, zu einem Gipfeltreffen versammelt. Die US-Wahl, Ukraine-Krieg, Nahost und Weltklima sind nur einige der Agendapunkte dieses Treffens. Die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni kündigte kurz vor dem Treffen ein weiteres Thema für die Tagesordnung an: der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sowie drei führende Hamas-Mitglieder, wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen.
Der internationale Strafgerichtshof kennt keine Immunität von Staats- oder Regierungschefs. Das Gericht mit Sitz in Den Haag hat selbst keine Möglichkeiten, die Haftbefehle auch zu vollstrecken. Jedoch sind die 124 Mitgliedsstaaten – darunter Deutschland und Italien – dazu verpflichtet, die Gesuchten festzunehmen, sobald sie sich in ihrem Hoheitsgebiet befinden. Eine einheitliche Linie zu diesem Thema ist beim G7-Gipfel nicht zu erwarten, zumal nicht alle Länder die Entscheidungen des Gerichts anerkennen.
Nach Netanjahu-Haftbefehl: Gemischte Gefühle über Entscheidung des internationalen Strafgerichtshofes
Trotz der gemeinsamen Plattform der G7-Staaten gibt es deutliche Differenzen in der Haltung zu diesem Thema. Besonders die USA, die den IStGH nicht anerkennen, stehen dem Haftbefehl kritisch gegenüber. Präsident Joe Biden äußerte sich empört über die Entscheidung des Gerichts, den Haftbefehl gegen Netanjahu zu verhängen.
Auch die Politiker im G7-Gastgeberland Italien sind gespalten. Italiens Verkehrsminister Matteo Salvini hatte Netanjahu sogar ohne Absprache nach Italien eingeladen. Dort werde ihm nichts geschehen. Italiens Außenminister Antonio Tajani verurteilte Salvinis Einladung, erklärte der Zeitung La Repubblica jedoch: „Jemanden ins Gefängnis zu stecken, bringt keinen Frieden.“ Ziel für das G7-Treffen ist laut eigener Aussage, sich im weiteren Verlauf der Konferenz um eine einstimmige Formulierung im Abschlussdokument zu bemühen. Es sei für den Zusammenhalt der G7 wichtig, bei diesem Thema mit einer Stimme zu sprechen.

Deutsche Bundesregierung steht hinter Entscheidung des Strafgerichtshofes: Festnahme, wenn Netanjahu nach Deutschland reist
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock unterstrich in einer Stellungnahme zu Beginn des G7-Treffens, dass die Bundesregierung sich an Recht und Gesetz halte. „Es gilt die Unabhängigkeit der Justiz, die in diesem Fall zu dem Schluss gekommen ist, dass es hinreichend Indizien für sie gibt, diesen Schritt jetzt zu unternehmen.“ Eine klare Botschaft hatte sie in Richtung Netanjahu: „Niemand steht über dem Gesetz.“ Sollte Netanjahu nach Deutschland reisen, müsste er mit einer Festnahme rechnen.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte nach Erlass des Haftbefehls alle Mitgliedsländer aufgerufen, die Entscheidung des IStGH zu respektieren und umzusetzen. Die EU-Staaten sind allesamt Vertragsstaaten des Strafgerichtshofs. (lw)