Mehr als 20 Fehltage im Jahr - Wir machen schlapp! Drei Krankheiten knocken Deutschland aus
Im Zeitraum von Juli bis September ließen sich dann 5 Prozent (+0,3 Prozent) aller versicherten Arbeitnehmer krankschreiben – nach Einschätzung der Krankenkasse „ungewöhnlich viele krankheitsbedingte Arbeitsausfälle“ für dieses Quartal, obwohl es keine Sommergrippewelle gab. Für Oktober liegen noch keine Werte vor, jedoch prognostizierte DAK-Vorstandschef Andreas Storm: „Auf Grund unserer Analyse gehen wir davon aus, dass wir 2023 zum ersten Mal seit vielen Jahren insgesamt auf deutlich über 20 Fehltage pro Beschäftigte und Jahr kommen werden.“
Ursachen für die meisten Krankschreibungen
Am häufigsten hätten sich die Versicherten wegen Erkältungskrankheiten wie Grippe, psychischer Erkrankungen wie Depressionen und Krankheiten des Muskelskelettsystems wie Rückenschmerzen krankschreiben lassen, berichten die Krankenkassen.
Dass momentan so viele Menschen erkältet sind, ist jahreszeitentypisch. Nach Einschätzung der Hausarztpraxen grassieren im Vergleich zu den Jahren vor der Pandemie momentan jedoch mehr Atemwegserkrankungen, sagt Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärzteverbandes zu „RP“. Viele Erkrankte würden sich derzeit neben durch Rhinoviren ausgelöste Erkältungskrankheiten mit Covid-19-Infektionen herumplagen.
Auch die Zahl der psychisch Erkrankten ist nach Angaben der DAK im Vergleich zu 2022 enorm gestiegen – um knapp 25 Prozent. Für Volker Nürnberg, Experte für betriebliches Gesundheitsmanagement bei der DAK, ein Alarmzeichen. „Ein Anstieg von einem Viertel gegenüber dem Vorjahresquartal ist als dramatisch, quasi als epidemisch zu bezeichnen“, sagt er laut einer Pressemitteilung der Krankenkasse.
Vorstandschef Storm erklärt die drastische Zunahme unter anderem mit den Nachwirkungen der Pandemie und den globalen Krisen, die auch für Unsicherheit in Deutschland sorgen würden. Auch der Personalmangel in vielen Branchen sei psychisch belastend. Im Schnitt würden psychische Erkrankungen zu 87 Fehltagen pro 100 Beschäftigte führen.
Zahl der psychischen Erkrankungen und Muskel-Skelett-Krankheiten nimmt um 25 Prozent zu
Mit ihnen würden auch oft körperliche Beeinträchtigungen einhergehen. So schätzt Nürnberg, dass sich hinter einem Drittel aller Krankheiten des Muskelskelettsystems psychische Probleme verbergen.
„Die vielfältigen Belastungen und die seelische Anspannung der Menschen machen sich bei den Rückenproblemen bemerkbar“, sagt der Experte. Muskel-Skelett-Erkrankungen seien der Grund für 101 Fehltage je 100 Beschäftigte.
Diese Infektsymptome sollten Sie abklären lassen
Um sich krankschreiben zu lassen, ist der Besuch einer Arztpraxis unausweichlich. Abgesehen davon: Welche Infektsymptome sollte man ohnehin abklären lassen?
Wenn über drei Tage hinweg ein Fieber von mindestens 38,5 Grad anhält, kann das ein Anlass sein, mit einem Infekt zum Arzt oder zur Ärztin zu gehen. Darauf macht der Hausarzt Ivo Grebe aufmerksam. „Oder auch ein hartnäckiger Husten, der sich überhaupt nicht bessern will – bei dem der Hustenreiz also bleibt, ohne dass sich etwas löst“, sagt der Internist aus Aachen.
Und natürlich spielt das Allgemeinbefinden bei dieser Frage eine Rolle. „Wenn man platt im Bett liegt und nicht mehr hochkommt, dann sollte man sich mit seinem Arzt oder seiner Ärztin in Verbindung setzen“, so Grebe.
Atemnot kann mit Coronainfektion zusammenhängen
Uwe Popert von der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin rät, auch Luftnot – etwa beim Treppensteigen – als Anlass zu nehmen, sich beim Arzt vorzustellen. „Das kann mit einer Coronainfektion zusammenhängen, und dann steht die Frage im Raum, ob dahinter eine Lungenentzündung oder etwas mit dem Herzen steckt.“
Und: „Wenn ein Infekt besser geworden ist und sich dann wieder deutlich verschlechtert, dann kann ein zusätzlicher bakterieller Infekt dahinter stecken“, sagt Popert. Er sollte ebenfalls abgeklärt werden und muss gegebenenfalls mit Antibiotika behandelt werden.
Wie Sie den Krankschreibungsgründen vorbeugen können
Atemwegserkrankungen
- regelmäßiges Händewaschen, um die Zahl der Krankheitserreger auf den Händen zu reduzieren
- Menschenmengen vermeiden
- daheim und im Büro häufig lüften
- nach Möglichkeit genügend schlafen, regelmäßig bewegen und Sport treiben sowie gesund essen
- Mund-Nasen-Schutz tragen, damit werden alle Nasen-Rachen-Viren gleichzeitig abgewehrt
psychische Krankheiten
- psychische Erkrankungen sind vielfältig und äußern sich ganz individuell
- das Aufsuchen eines Arztes oder Psychotherapeuten sowie die ärztlich verordnete Einnahme von Medikamenten bei einsetzenden Symptomen ist hilfreich
- jedoch können Sie je nach Lebenssituation versuchen, Ihr seelisches Schutzschild auch autark zu stärken
- wie Psychiaterin Christa Roth-Sackenheim der „Apotheken-Umschau“ erklärt, kann ein gesunder Lebensstil Stabilität geben
- dazu gehört eine ausgewogene Ernährung
- der Einfluss von Ernährung auf die psychische Gesundheit ist nicht belegt, jedoch gibt es Hinweise darauf, dass ballaststoffreiche und pflanzliche Lebensmittel gut für die Psyche sind
- auch ausreichend Schlaf ist wichtig
- Hilfe suchen: wenden Sie sich bei Problemen an Familie, Freunde, Bekannte, Telefon-Hotlines oder Ambulanzen psychiatrischer Kliniken
- Psychiater Frank Padberg weist im Gespräch mit der „Apotheken-Umschau“ zudem auf die Wichtigkeit von regelmäßiger körperlicher Betätigung wie spazierengehen, schwimmen und Rad fahren hin – das tut Studien zufolge der Seele gut
- den Fokus auf die Außenwelt richten: bei zermürbenden Gedanken können Sie versuchen, Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre Umwelt zu lenken – gehen Sie in einen Park, beobachten Sie die Pflanzen und Tiere, hören Sie auf die Geräusche
- Auszeit nehmen: Pausen sind für die Psyche wichtig – das Ausüben von Hobbies kann beim Abschalten helfen
Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems
- das häufige Heben und Bewegen von schweren Lasten, sich wiederholende Körperbewegungen sowie langes Sitzen können zu Rücken- und Nackenschmerzen respektive Gelenkerkrankungen und Muskelverletzungen führen
- bei langem Sitzen können ergonomische Büromöbel, etwa höhenverstellbare Tische, Abhilfe schaffen
- bei schweren körperlichen Arbeiten können moderne Arbeitsausrüstung, stützende Produkte und technische Hilfsmittel Verletzungen vermeiden
- auch die Arbeitgeber sollten auf die Sicherheit der Arbeitnehmer achten und sie laut der Initiative „Gesunde Arbeit“ regelmäßig für Verletzungsrisiken sensibilisieren sowie gesunde Bewegungsabläufe in den Arbeitsalltag integrieren