Barrierefreier ÖPNV: Selbst der Landkreis setzt Gesetz bisher nicht um

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Bundesweit demonstrieren behinderte Menschen immer wieder für eine barrierefreie Teilhabe am öffentlichen Leben. An der Umsetzung hapert es oft. © IMAGO/Christian Ditsch

Neun Jahre war Zeit, um eine vollständige Barrierefreiheit im Öffentlichen Personennahverkehr zu erreichen. Frist war bis Januar 2022. Auch knapp drei Jahre später ist das Ziel im Landkreis Weilheim-Schongau nicht ansatzweise erreicht.

Landkreis – Das Ziel, allen Menschen einen barrierefreien Zugang zum ÖPNV zu ermöglichen, ist keine bloße Absichtserklärung, sondern Gesetz. Das Personenbeförderungsgesetz enthält seit 2013 die Formulierung, dass „für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen“ sei. Schaut man sich den Stand der Umsetzung im Herbst 2024 an, wird schnell klar, dass die Städte, Gemeinden und der Landkreis mit der Umsetzung offensichtlich vollkommen überfordert sind.

Insgesamt gibt es 530 Halte- und Zustiegspunkte zum Nahverkehr im Landkreis Weilheim-Schongau. Wie viele davon mittlerweile so barrierefrei umgestaltet sind, dass sie die gesetzlichen Vorgaben erfüllen, kann das Landratsamt auf Anfrage nicht mitteilen. „Was den Bau, Ausbau und die Herstellung der Barrierefreiheit an den einzelnen Haltestellen betrifft, haben die Gemeinden dem Landratsamt gegenüber keine Meldepflicht“, heißt es in der Stellungnahme.

Landkreis für 25 Haltestellen direkt zuständig

Einige Gemeinden würden von sich aus Informationen weiterleiten. „In Peiting wurde das Projekt unseres Wissens nach verschoben. Aufgrund der aktuell bestehenden Umleitung müssen die Peitinger mit viel (Schwerlast-)Verkehr zurechtkommen. Aus diesem Grund kann die Straße nicht auch noch einseitig gesperrt werden“, so das Landratsamt weiter. Im kommenden Jahr will das Landratsamt nach eigenen Angaben eine Abfrage des aktuellen Umsetzungsstands bei den Gemeinden starten: „Allerdings gibt es keine Pflicht, die Ergebnisse zurückzumelden.“ In Hohenpeißenberg und Eberfing „sollen die Planungen bereits in den letzten Zügen sein“, heißt es.

Zumindest gebe es keine Probleme dabei, zu klären, wer für welche Haltestelle zuständig ist. „Als kleine Faustformel gilt hierbei: Der Landkreis ist für die Kreisstraßen zuständig. Befindet sich das Bushäuschen hinter dem Gehweg, liegt die Zuständigkeit nicht beim Kreis“, erklärt das Landratsamt. Das bedeutet ganz konkret, dass sich 25 Haltestellen in direkter Zuständigkeit des Landkreises befinden, weitere 50 in geteilter Zuständigkeit mit Beteiligung des Landkreises. Auf wiederholte Nachfrage wurde mitgeteilt, dass keine der Haltestellen in alleiniger Zuständigkeit des Landkreises bereits barrierefrei umgebaut wurde.

Für den Ausbau fehlt das Geld

Dabei gibt es durchaus Fördertöpfe, die angezapft werden könnten – sowohl seitens des Freistaats als auch der KfW. Doch auch dafür müssen Eigenanteile aufgebracht werden. Nachdem bundesweit absehbar war, dass der flächendeckende Ausbau der Haltestellen bis 2022 nicht abgeschlossen werden kann, wurde die Frist bis 2026 verlängert.

Doch auch bis dahin ist kaum damit zu rechnen, dass das Vorhaben in Gänze umgesetzt werden kann, so das Landratsamt: „Dieser Zeitplan ist im Landkreis Weilheim-Schongau, wie auch in den anderen bayerischen Landkreisen, nur schwierig zu erreichen.“ Die Herstellung der Barrierefreiheit sei mit Kosten verbunden. „In der aktuellen Zeit müssen die Kommunen aber stark priorisieren. Abgelegene und nicht hoch frequentierte Haltestellen rutschen in der Priorisierung dann weiter nach hinten hinter andere Projekte.“

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