Wehrpflicht: Die CDU prescht auf Parteitag vor und überrascht Merz

  1. Startseite
  2. Politik

KommentareDrucken

Das CDU-Votum für die Wiedereinführung der Wehrpflicht kommentiert Merkur-Chefredakteur Georg Anastasiadis. © Frank May/dpa/Klaus Haag

Überzeugend fiel auf dem CDU-Parteitag das Votum für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht aus. So es in Berlin bald eine Große Koalition gibt, wäre die Mehrheit im Bundestag dafür sicher. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

So viel Zeitenwende war noch nie: Am selben Tag, an dem Russlands kriegerischer Präsident Putin eine atomare Übung an der Grenze zur Ukraine ankündigt, verspricht der Kanzler im Baltikum jeden Quadratzentimeter Nato-Gebiet zu verteidigen. Und die mutmaßlich künftige Kanzlerpartei CDU stimmt auf ihrem Parteitag für die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland, wobei die Mehrheit dafür ebenso so groß ausfiel wie die Überraschung der Parteispitze über den Vorstoß der Jungen Union.

Es geht um Einschüchterung und Demonstration von Verteidigungsbereitschaft

Man muss bei all dem Gerassel nicht in Panik verfallen. Es geht, was schlimm genug ist, um Einschüchterung, Abschreckung und Demonstration von Verteidigungsbereitschaft, nicht um die Vorbereitung eines großen Krieges zwischen Russland und der Nato. Aber für all jene, die die Konfrontation der vergangenen beiden Jahre für einen bösen Spuk gehalten haben, der schon irgendwann wieder vorbeigehen wird, wird es Zeit, in der neuen Realität aufzuwachen. Das gilt in besonderer Weise für die heranwachsende junge Generation, die schon bald wieder zum Dienst an der Waffe zwangsverpflichtet werden könnte. Eine „Kontingentwehrpflicht“ nach schwedischem Modell will die CDU. Das heißt: Die Bundeswehr beziffert ihren Bedarf an Rekruten, und nur im benötigten Umfang werden Gemusterte eingezogen. Als Fernziel verfolgt die CDU ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr, das sowohl bei der Bundeswehr als auch bei sozialen Einrichtungen abgeleistet werden kann.

CDU-Chef Friedrich Merz, dem der selbst ernannte „Friedenskanzler“ Olaf Scholz im Nacken sitzt, hätte sich die Wehrpflicht-Abstimmung vermutlich gerne erspart. Doch wird die SPD kaum Wahlkampfkapital aus dem Vorpreschen der CDU-Mitglieder schlagen können. Schließlich spricht sich auch ihr Verteidigungsminister Boris Pistorius, dem in eklatantem Ausmaß die Soldaten fehlen, für eine Dienstpflicht aus. Geht es nach dem Wunsch von CSU-Chef Markus Söder, dann regiert nach der nächsten Bundestagswahl in Berlin wieder eine Große Koalition aus Union und SPD. Dann wären Scholz und sein Fraktionschef Rolf Mützenich weg. Und die Mehrheit für die Wiedereinführung der Wehrpflicht da.

Georg Anastasiadis

Auch interessant

Kommentare