Politisch hochumstritten: Bundesbankchef Nagel fordert Reform der Schuldenbremse
Angesichts düsterer Konjunkturaussichten plädiert Bundesbankchef Joachim Nagel für eine Reform der Schuldenbremse. Er sieht mehr fiskalischen Spielraum für Verteidigungsausgaben und Infrastrukturmodernisierung als klugen Ansatz.
Berlin – Bundesbankchef Joachim Nagel spricht sich angesichts der schlechten Konjunkturaussichten für Deutschland für eine Reform der Schuldenbremse aus. Mehr fiskalischer Spielraum etwa für höhere Verteidigungsausgaben und die Modernisierung der Infrastruktur wäre ein „sehr kluger Ansatz“, sagte Nagel der „Financial Times“ (Mittwoch). So könne darüber nachgedacht werden, zwischen staatlichen Konsumausgaben und Investitionen zu unterscheiden, „um mehr Spielraum für strukturelle Investitionen zu bekommen“.

Düstere Konjunkturaussichten für 2025
Die aktuellen Konjunkturaussichten seien noch „komplizierter“ als zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Damals sei die Arbeitslosigkeit in Deutschland zwar viel höher gewesen, aber „es gab keine geopolitische Fragmentierung und der Welthandel wuchs stark“. 2025 drohe „ein weiteres Jahr mit schwachem Wachstum“. Zwar veröffentlicht die Bundesbank ihre neuen Prognosen erst im späteren Dezember-Verlauf, doch dürfte die Schätzung bei etwa 0,4 Prozent liegen.
Das Wachstum könnte sogar noch schwächer ausfallen, sollte der designierte US-Präsident Donald Trump pauschale Zölle in dem von ihm angekündigten Umfang einführen, warnte der Zentralbanker. „Wenn man zu den aktuellen Prognosen noch größere Zollerhöhungen hinzufügt, könnte die Wirtschaft im Großen und Ganzen noch länger stagnieren“, sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB). Das würde auch nicht spurlos am Arbeitsmarkt vorbeigehen.
Der Bundesbankchef zeigte sich optimistisch, dass das Land die Konjunkturwende schaffen könne. „Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich Deutschland verändert, wenn es Schmerzen spürt“, sagte er. Nagel wies darauf hin, dass die deutsche Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt deutlich gesunken sei. Die Schuldenstandsquote nähere sich der im EU-Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegten Grenze von 60 Prozent. (mare/Reuters)