Urabstimmung über Bahnstreiks: GDL verkündet Ergebnis

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Die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) stimmt über das weitere Vorgehen im Tarifstreit ab. Für 2024 könnten unbefristete Streiks anstehen. Was genau auf Bahnfahrer zukommt, ist noch unklar.

Urabstimmung bei der GDL könnte längere Streiks bedeuten

Frankfurt am Main – „Wir werden die Blockadehaltung der Bahn aufbrechen“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky Mitte Dezember gegenüber der Augsburger Allgemeine. Nun könnten erste Details über das konkrete Vorgehen der Gewerkschaft bekannt werden. Am heutigen Dienstag um 17:00 Uhr will die GDL das Ergebnis der Urabstimmung über unbefristete Streiks bei der Deutschen Bahn verkünden. Sollten mindestens 75 Prozent der Mitglieder zustimmen, könnten umfangreichere Streiks bevorstehen.

Entstehung der GDL 1867
Längster Streik bislang 6 Tage
Kernforderung 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich

Allerdings nicht sofort. Weselsky zufolge sei erst ab dem 8. Januar mit „längeren Arbeitskämpfen“ zu rechnen. „Anders geht es nicht.“ Die letzten Tage vor Weihnachten und bis zum Jahreswechsel schloss er als neue Streiktermine aus. „Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer hat noch nie um Weihnachten oder um den Jahreswechsel herum gestreikt“, teilte er in diesem Rahmen mit. Die Abstimmung liegt dabei in den Händen von Mitgliedern bei der DB AG, Transdev, City-Bahn Chemnitz sowie acht Personaldienstleistern.

08.12.2023, Berlin, Deutschland, Europa - Ein fast menschenleerer Berliner Hauptbahnhof im Bezirk Mitte mit leeren Bahns
Im laufenden Jahr hatten Bahnstreiks bereits mehrfach den Schienenverkehr lahmgelegt. Die GDL fordert unter anderem eine Arbeitszeitabsenkung für Schichtarbeiter. © IMAGO/Olaf Schuelke

Forderungen des GDL

Der GDL geht es dabei vorrangig um die Arbeitszeitabsenkung für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohn. Zu den weiteren Kernforderungen gehören eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro und 555 Euro mehr. Die Gewerkschaft bemängelt in einer Meldung eine Verweigerungshaltung bei einigen Arbeitgebern im Zuge der Verhandlungen. „Die Deutsche Bahn geht sogar noch einen Schritt weiter und enthält den GDL-Mitgliedern im Bereich der Infrastruktur ihr grundgesetzliches geschütztes Recht auf einen eigenen Tarifvertrag vor“, schreibt die GDL in einer Meldung. Das sei „inakzeptabel, unsozial und respektlos“.

Gerade dieser Hauptforderung um die Absenkung der Wochenarbeitszeit hatte die Deutsche Bahn bereits deutlich widersprochen. Der Fachkräftemangel mache diese Forderung unerfüllbar. Vor ein paar Tagen hatte die GDL eine ähnliche Regelung zwar durchgesetzt, nur saß da die italienische Staatsbahn-Tochter Netinera am Verhandlungstisch. Ab dem 1. Januar 2025 beginnt dort die schrittweise Einführung einer 35-Stunden-Woche für Schichtarbeiter. In Deutschland beschäftigt Netinera deutlich weniger Mitarbeiter.

Wie lange werden die Streiks ab Januar?

Die Länge der neuen Streiks ist derzeit noch ungeklärt. Für die GDL steht nur fest, dass es nicht bei den 24-Stunden-Streiks bleiben wird. In den Jahren 2015 und 2021 war es bereits zu Streiks gekommen, die mehrere Tage lang dauerten. 2015 zum Beispiel hatte Focus berichtet, dass der Güterverkehr 75 Stunden lang stark eingeschränkt gewesen war, im Personenverkehr hatte der Streik 64 Stunden lang gedauert. Auf Anfrage, in welcher Größenordnung sich die neuen Streiks bewegen würden, hat die Gewerkschaft noch nicht geantwortet.

Warum ist die 75-Prozent-Hürde wichtig?

Grundsätzlich ist jeder Streiktag für die Beschäftigten ein finanzielles Opfer, da zwangsläufig Einnahmeverluste entstehen. Das können die Streikkassen der Gewerkschaften nur bedingt wieder auffangen, und meist auch nicht in vollem Umfang. Mit der Urabstimmung zeigen die Mitglieder dem Gewerkschaftsvorstand, dass sie bereit sind, dieses Opfer zu bringen – ohne diese Zustimmung würde es bei den 24-stündigen Streiks bleiben.

Entsetzen nach Bonuszahlungen bei der Bahn

Zuletzt stand die Deutsche Bahn neben der Unpünktlichkeit und anderen Problemfeldern auch wegen Millionen-Bonuszahlungen an den Vorstand in der Kritik. NDR, WDR und die Süddeutsche Zeitung hatten berichtet, Einsicht in das Berechnungsmodell des Konzerns für die Boni zu haben. Zum Grundgehalt von etwa vier Millionen Euro für die neun Vorstandsmitglieder kamen weitere Boni hinzu, sodass am Ende rund neun Millionen Euro an die Vorstände abfielen.

„Während die Mitarbeiter den Gürtel enger schnallen sollen, fahren die Führungskräfte die Boni mit der Schubkarre davon“, hatte GDL-Chef Weselsky bemängelt. Und auch aus der Politik kam diesbezüglich Unverständnis. „Ich glaube, mit Gerechtigkeit haben sie rein gar nichts zu tun“, sagte zum Beispiel Grünen-Chefin Ricarda Lang. Anton Hofreiter (Grüne) sagte gegenüber dem Spiegel, er habe den Eindruck, „als sollten dem Vorstand durch Rechentricks Millionen zugeschustert werden, indem zentrale Kennziffern wie Pünktlichkeit nicht so wichtig sind“.

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