Wir unterstützen, solange der Krieg dauert“: Eindrucksvolle Bilanz der Ukraine-Helfer im Landkreis
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VonBoris Forstnerschließen
Zwei Jahre gibt es die „Solidarität Ukraine“ mittlerweile. Die Unterstützungs-Aktion von Kommunen und dem Landkreis Weilheim-Schongau ist eine absolute Erfolgsgeschichte, wie sich in einer Bilanz zeigt.
Landkreis – Es war ein Start von null auf hundert, als vor zwei Jahren die Hilfsaktion bei einer Bürgermeister-Dienstbesprechung gegründet wurde. Mit Unterstützung des Landkreises meldeten sich die Bürgermeister Martin Pape (Polling), Markus Bader (Rottenbuch), Georg Malterer (Bernried) und Werner Grünbauer (Pähl – er wurde nach seiner Abwahl von Andreas Kögl aus Altenstadt ersetzt) freiwillig, um die Hilfe zu koordinieren.
Dank persönlicher Kontakte von Bader, die er 2019 bei einem mehrtägigen Ukraine-Besuch über die deutsche Botschaft geknüpft hatte, wurde die Region Winnyzja mit der Stadt Tulchyn als Haupt-Zielort auserkoren. „Wir sind sehr stolz darauf, dass wir eine der wenigen Ukrainehilfen sind, die die Waren nicht in polnischen oder ungarischen Depots zwischenlagert, sondern die Spenden zusammen mit ukrainischen Partnern direkt zu den Empfängern transportieren und so unseren Spendern einen lückenlosen und fotodokumentierten Nachweis des Verwendungszwecks erbringen“, sagt Pape. zeitnah soll Tulchyns Bürgermeister wieder in den Landkreis kommen, dann soll ihm ein gespendeter Sprinter übergeben werden.
Erster Hilfstransport im April 2022
War anfänglich noch von einem Solidaritätsschreiben die Rede, wurde es mit dem (bald erreichten) Ziel, je Landkreis-Bewohner einen Euro zu spenden, schnell konkret – und schon im April 2022 reisten Bader, Grünbauer und Malterer persönlich mit dem ersten Landkreis-Hilfstransport in die Ukraine. „Mir stellt es immer noch die Haare auf, wenn ich mich daran erinnere“, sagt Bader nachdenklich. Zwei Monate später fuhren Pape und Kögl mit zwei Lkw bis an der ukrainischen Grenze. Und Kögl wiederholt, was seine Bürgermeister-Kollegen immer wieder bei diesen Gelegenheiten gesagt haben: „Wir unterstützen, solange der Krieg dauert. Das ist eine Verpflichtung.“
In den zwei Jahren seit Bestehen der Hilfsorganisation gab es natürlich viele Veränderungen. Die Anlieferpunkte wechselten mehrmals, ebenso der Bedarf. „Anfangs machten einen Großteil der Lieferungen Kleiderspenden aus, die wir in großen Mengen erhielten. Die private Spendenbereitschaft war hoch“, erinnert sich Pape. „Es war allerdings auch ein hoher Aufwand, alles einzeln zu sortieren.“
Die Helfer denken schon an die Zeit nach dem Krieg
Der mittel- und langfristige Ansatz der „Solidarität Ukraine“ heißt „Brücken bauen“. Tatsächlich seien in den vergangenen beiden Jahren viele Freundschaften und Verbindungen zwischen Ukrainerinnen und Ukrainern (in der Ukraine lebenden wie geflüchteten) und Bürgern aus dem Landkreis Weilheim-Schongau entstanden, sagt Pollings Bürgermeister Martin Pape als Koordinator. „Wir durften fünf ukrainische Orchester von internationalem Rang im Landkreis begrüßen, sie gaben zum Dank für die Unterstützung der Ukraine Benefizkonzerte in Weilheim, Polling und Bernried. Es wäre zu wünschen, dass uns die Kontaktschließung auch im wirtschaftlichen Bereich gelingt“, sagte er.
Die Ukraine habe ihr Wiederaufbauprogramm bereits begonnen. „Sie wird ein hochinteressanter Markt für westeuropäische Unternehmen werden. Gerade der Mittelstand im Landkreis Weilheim-Schongau könnte dank der bestehenden Kontakte einen Startvorsprung nutzen“, so Pape.
Doch neben dem Optimismus gibt die derzeitige Lage auch Anlass zur Sorge. Denn der russische Aggressor rückt vor, der Ukraine fehlt es unter anderem an Munition und generell ausreichender Unterstützung des Westens. Das sehen auch die Bürgermeister und die Landrätin. „Schon vor zwei Jahren haben wir gesagt, dass die Situation nur mit dem Zweiten Weltkrieg zu vergleichen ist und es sehr lange dauern kann“, sagt Rottenbuchs Bürgermeister Markus Bader. Das scheine sich nun zu bewahrheiten. „Und man muss sich immer bewusst machen: Putin will die Ukraine als Volk zerstören, das hat er oft genug betont.“
Mit Geldspenden, unter anderem aus der 1-Euro-Spenden der Gemeinden, wurde palettenweise Grundnahrungsmittel eingekauft. Dazu kamen Werkzeug, Generatoren, Schlafsäcke oder Isomatten. Ein wichtiger Schwerpunkt lag auf der Belieferung von Krankenhäusern. Da half auch die Krankenhaus GmbH, unter anderem mit einem Röntgengerät.
Die Geldspenden haben mittlerweile nachgelassen, dafür sind die Sachspenden dank der vielen Kontakte immer besser geworden. Die Bürgermeister und Eckhart Zimmermann, der sich ehrenamtlich um vieles kümmert, sind begeistert, wie problemlos die Zusammenarbeit mit vielen Unternehmen ist. So sammle die EVA aussortierte Krücken und Rollstühle, die in der Ukraine gut gebraucht werden können. Und als Zimmermann erfuhr, dass das Münchner Novotel seine Zimmer-Einrichtung wechselt, hat er Kontakt aufgenommen. „Betten und Sofas hatten zu viel Volumen, die konnten wir nicht brauchen. Aber Wasserkocher schon – die haben wir gespendet bekommen, 300 stehen jetzt in einem Flüchtlingslager in der Ukraine“, sagt Zimmermann.
Alle zwei Monate verlässt ein 40-Tonner das Lager Richtung Ukraine
Die „Solidarität Oberland“ war schon bald nach dem Start Kooperationen mit der Ukrainehilfe Oberland und der Hilfsinitiative von Myroslava und Felix Schimke-Klubuk eingegangen, alle drei ergänzen sich gut. Seit Dezember kam noch der Verein „Helferschwein“ mit dem Vorsitzenden Harry Hoyler dazu, der ein riesiges Netzwerk hat. Denn seitdem man von einem privaten Lager in Achalaich wenige Meter weiter ins ehemalige WTW-Gebäude umgezogen ist, wo der Landkreis ein großes Lager zur Verfügung gestellt hat, „sind wir auch für andere Hilfsorganisationen interessant geworden“, sagt Zimmermann. „Denn unser Lager kann man auch mit einem 40-Tonner anfahren, das gibt es nicht oft.“ Man hatte sich vorgenommen, alle drei Monate einen 40-Tonner in die Ukraine zu schicken, „jetzt sind wir bei allen zwei Monaten“. Dazu kommen viele weitere Kleinstransporte. Und es sollen noch viele dazukommen.
Spenden für die „Solidarität Ukraine“ können auf das Konto der koordinierenden Gemeinde Polling (DE65 7035 1030 0032 6841 93) bei der Sparkasse Oberland überwiesen werden.
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