Im ZDF-Talk - „Wir sind Kriegsziel?“ - Lanz reagiert nach düsterer Ukraine-Prognose geschockt

„Wir sind längst angegriffen“

Als Markus Lanz fragte, welche Rolle „wir als Medien“ in Bezug auf die aufgeheizte Stimmung im Land spielen, räumte „Bild“-Vize-Chefredakteur Paul Ronzheimer ein, „dass wir manchmal zu hart mit Politikern umgehen“. Zugleich warnte er vor den Gefahren der sozialen Medien, durch die eine Tonalität in die Debatte komme, „die gefährlich ist“.

Dem stimmte Daniela Schwarzer zu und warnte in dem Zusammenhang vor der „hybriden Kriegsführung“ Wladimir Putins, der schon jetzt mit der Streuung von Fehlinformationen im Netz enormen Druck auf Deutschland ausübe. „Wir sind längst angegriffen, und deshalb ist es so wichtig, dass wir uns im Inneren stärken“, mahnte die Sicherheitsexpertin streng.

Dies brachte Markus Lanz auf den Kurswechsel von Olaf Scholz zu sprechen, der vor wenigen Tagen verkünden ließ, dass die Ukraine künftig deutsche Waffen einsetzen dürfe, um Ziele in Russland anzugreifen. „Wie bewerten Sie diesen neuerlichen Kurswechsel von Olaf Scholz?“, wollte Lanz wissen. Journalist Paul Ronzheimer reagierte verhalten und erklärte, dass er nicht davon ausgehe, dass der neue Kurswechsel eine große Änderung an der Front mit sich bringe. Er habe es bislang dennoch als „wahnsinnig zynisch empfunden“, dass die Ukraine nicht dazu befähigt wurde, deutsche oder amerikanische Waffen in ihrem vollen Umfang zu benutzen.

„Stärker auf Pistorius und Baerbock hören“

Mit Blick auf den Streit um deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine machte Lanz deutlich, dass Roderich Kiesewetter von Kriegsbeginn an dafür geworben hatte, „die Ukraine zu befähigen, den Krieg nach Russland zu tragen“. Für seine Haltung war Kiesewetter unter anderem von Sahra Wagenknecht verbal attackiert worden. Die hatte dem Bundestagskollegen vorgeworfen, er habe „nicht mehr alle Tassen im Schrank“.

Eine Kritik, die an dem CDU-Politiker abzuprallen schien: „Ihr Mann hat vor drei Wochen gesagt, ich gehöre hinter Schloss und Riegel. Diese Zuspitzung führt ja auch dazu, dass wir in Deutschland eine Verunsicherung in der Bevölkerung haben. Und deshalb glaube ich, sollten wir viel stärker auf Pistorius und Baerbock hören.“

„Heute wieder hat der Propagandist gesagt, es müssen Bomben auf Berlin fallen“

Dass auch Olaf Scholz nun einen schärferen Ton an den Tag lege, kommt für Kiesewetter jedoch zu spät: „Wir haben zu lange gewartet, und die nicht getroffenen Entscheidungen (...) vor ein oder zwei Jahren sind die Opfer von heute.“ Der CDU-Politiker forderte deshalb: „Wir müssen mehr tun. Das Ziel muss gerändert werden. Nicht, solange es möglich ist oder nötig ist, sondern so rasch wie möglich, so viel wie möglich, dass die Ukraine ihre Grenzen weitestgehend wieder herstellt und dass Russland das Existenzrecht der Nachbarstaaten anerkennt.“ Kiesewetter weiter: „Wenn wir so weitermachen, dann wird die Ukraine es nicht überstehen.“ Eine Vorstellung, die nicht nur Lanz Angst machte.

Der CDU-Mann warnte: „Wir dürfen nicht Kriegspartei werden, aber wir werden zur Kriegspartei, wenn die Ukraine zerfällt, Moldau angegriffen wird, Massenflucht entsteht.“ Der ZDF-Moderator erkundigte sich besorgt: „Wir sind Kriegsziel?“ Kiesewetter bestätigte: „Wir sind Kriegsziel Russlands. Putin hat im November gesagt, wir sind Feinde. Dann sind wir lieber ein starker Gegner.“ Paul Ronzheimer stimmte zu: „Schauen Sie sich das russische Fernsehen jeden Tag an. Heute wieder hat der Propagandist gesagt, es müssen Bomben auf Berlin fallen.“

Für Kiesewetter sei deshalb die Angst vor einer atomaren Eskalation kein Grund dafür, gegenüber Putin Zurückhaltung zu zeigen. Im Gegenteil: „Es ist Selbstabschreckung, wenn wir nur auf das nukleare Kaninchen schauen.“ In dem Zusammenhang grübelte Lanz: „Europäische Atomwaffen, darüber denken wir plötzlich nach.“ Ein Gedanke, der dem Oberst a.D. jedoch überhaupt nicht zu gefallen schien: „Das halte ich für einen absoluten Unsinn und für hochgefährlich!“