Mit dem Ende der letzten Telefonstele endet in Dorfen eine Ära öffentlicher Telefonstellen, die Jahrzehnte das Stadtbild prägten.
Kein Anschluss mehr: Die letzte Telefonsäule in Dorfen wurde Anfang der Woche abgebaut. Die Stele stand direkt neben der Marktkirche, unbeachtet und mittlerweile überflüssig.
Mit dem Telekommunikationsgesetz, das seit Dezember 2021 in Kraft ist, entfiel die Grundversorgungspflicht der Deutschen Telekom AG, öffentliche Telefonstellen zu betreiben. Sie sind seit Jahren ein Auslaufmodel, denn das Handy hat die öffentlichen Telefone längst abgelöst.
Ursprünglich mal drei Münzfernsprecher
Andreas Richter, der beim Dorfener Hochbauamt arbeitet, dokumentierte die Demontage und überließ dem Dorfener Anzeiger das Foto, das er mit dem stets griffbereiten Smartphone gemacht hat. Sein letztes öffentliches Telefonat? „Das war Mitte der 90er-Jahre, ich habe von Sylt aus meine Freundin angerufen“, erinnert sich der 47-jährige Dorfener. „Seit 1996 bin ich im Besitz eines Handys und Judith ist schon lange meine Frau“, erzählt der städtische Angestellte, der zudem Zugführer und Schriftführer bei der Freiwilligen Feuerwehr in Dorfen ist.
„Es gab drei Münzfernsprecher in der Innenstadt“, weiß Georg Bauer. Der 90-jährige Dorfener leitete bis 1995 die Postdienststelle in Dorfen, die früher in einem eigenen Gebäude untergebracht war, dort, wo heute die Sparkassenfiliale steht. Hier gab es übrigens ebenfalls Kabinen, wo man auch ungestört Ferngespräche führen konnte. „Viele Leute hatten damals noch kein eigenes Telefon“, entsinnt sich der Postler. Er selbst habe nie vom Telefonhäuschen aus telefoniert: „Wir hatten sehr früh einen eigenen Anschluss.“
1961 kam der „Fernsprechtischapparat 61“ auf den Markt, einziger Anbieter war die Deutsche Bundespost. „In den 70er Jahren bekamen wir endlich unser eigenes Telefon mit Wählscheibe“, erzählt Beatrix Brandlmayr (62).
Telefonieren war früher teuer
Weil der Apparat aber im Wohnzimmer stand, wo die ganze Familie mithören konnte, gingen die Jugendlichen in Dorfen weiterhin in die gelben Telefonhäuschen: „Meine Mutter zeigte ständig auf die Uhr und sagte: Hör endlich auf“, erzählt die Kommunikationsberaterin. Damals gab es noch keine Flatrates, die Telefonie war teuer, selbst bei Ortsgesprächen zählte jede Minute.
Auch der öffentliche Fernsprecher war kein billiges Vergnügen, meint Brandlmayr. Bezahlt wurde mit Münzen, 20 Pfennig kostete eine Einheit. In der knappen zur Verfügung stehenden Zeit musste das Wichtigste gesagt werden: „Wann man sich treffen will, oder ob der Junge, in den man gerade verknallt war, einen angelächelt oder ignoriert hatte.“
Hanspeter Ritter läuft achtlos am Floriansbrunnen vorbei, ihm sei nicht aufgefallen, dass da überhaupt noch eine Telefonsäule mit dem magentafarbenen „T“ der Telekom und dem farbgleichen Hörer stand. „Ich erinnere mich aber noch gut an das Häuserl“, behauptet der 22-jährige Dorfener. „Wenn es geregnet hat, haben wir uns als Kinder dort untergestellt. Da hat es grausig drin gestunken.“ Sentimentale Gefühle habe er nicht: „Man kennt keine Handynummer auswendig, die sind alle eingespeichert“, so Ritter. „Ich will mir gar nicht vorstellen, wie kompliziert man damals ohne WhatsApp und Internet unterwegs war.“