Jugendliche zündeln in Kirche: Mesner verhindert Schlimmeres

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Starnberg
  4. Starnberg

KommentareDrucken

„Das ist ja nicht der Sinn der Sache“: Stadtpfarrer Dr. Andreas Jall zur Frage, ob eine Schließung von St. Maria eine Option ist. © Pfarreiengemeinschaft Starnberg

Eine Gruppe von Jugendlichen hat am Himmelfahrtstag in der Stadtpfarrkirche St. Maria am Kirchplatz gezündelt. Mesner Hans Raphael konnte sie dabei erwischen und hat dadurch womöglich Schlimmeres verhindert.

Starnberg – Es sind mittlerweile mehr als 40 Jahre, in denen Mesner Hans Raphael seinen Dienst in der Stadtpfarrkirche St. Maria in Starnberg versieht. Eine Entwicklung wie in der jüngeren Vergangenheit hat er in dieser langen Zeit allerdings noch nie erlebt. „Der Vandalismus in der Kirche nimmt seit etwa einem Jahr spürbar zu“, sagt Raphael im Gespräch mit dem Starnberger Merkur. Mal stören Leute den Gottesdienst oder andere Besucher, mal nutzen sie die Ruhe und Abgeschiedenheit des Gotteshauses, um dort sogar ihr Geschäft zu verrichten. Am Himmelfahrtstag gegen 16  Uhr war es eine Gruppe von drei, vier Jugendlichen, die unangenehm auffiel.

Die Buben um die 14, 15, 16 Jahre, so Raphael, hätten „feixend herumgekaspert“, mit Opferkerzen, Anzündhölzern und Gotteslob-Gesangbüchern gezündelt und Kerzen in den Weihwasserkessel geworfen. Als sie ihn entdeckt hätten, seien sie durch den Seiteneingang auf den Kirchplatz geflüchtet, berichtet Raphael. Dort fand gerade die Französische Woche statt. „Ich gehe davon aus, dass es etwas schlimmer geworden wäre, wenn ich nicht gekommen wäre“, sagt der Mesner. So blieb es bei angekokelten Gesangbüchern und zerstörten Glashüllen und Kerzen. „Man müsste es eigentlich bei der Polizei anzeigen“, sagt Raphael. Ihm sei es aber wichtiger gewesen, die Sachen aufzuräumen und alles in Ordnung zu bringen.

„Vandalismus ist zunehmend ein Problem“, betont auch Stadtpfarrer Dr. Andreas Jall. Was ihn ärgert, ist der abnehmende Respekt vor dem Eigentum fremder Menschen im Allgemeinen und vor der Kirche im Besonderen. Und er warnt davor, vor denjenigen zu kapitulieren, die Menschen und dem, was ihnen wichtig ist, nicht mehr achten. Zum jüngsten Vorfall sagt Jall: „Die Eltern haben ihre Kinder nicht mehr im Griff.“ Es komme auch schon mal vor, dass Kinder in der Kirche Ball spielten. Dabei ist es Jall aber auch wichtig zu betonen: „Die Erwachsenen sind zum Teil auch nicht besser.“ Immer wieder würden sich Personen laut in der Kirche unterhalten oder auch während des Gottesdienstes umherspazieren.

„Da bekommt man schon Angst“

Probleme gebe es vor allem dann, wenn auf dem Kirchplatz gefeiert werde, zum Beispiel während der Französischen Woche oder während des Foodtruck-Festivals. „Immer dann, wenn Alkohol fließt“, ergänzt Hans Raphael. Zwar seien die meisten Veranstalter bemüht, zu den Verantwortlichen der Kirche einen guten Kontakt zu haben, aber: „Wenn etwas ist, ist meistens niemand da.“

Wie schnell solche Situationen brenzlig werden können, hat der Mesner kurz vor Ostern erlebt. Da sei „ein sehr aggressiver Mann“ in St. Maria gewesen, der laut herumgepöbelt, massive Beleidigungen ausgestoßen und mit Altarkerzen um sich geworfen habe. „Auf jede Aufforderung, das zu unterlassen, wurde er immer aggressiver“, berichtet Raphael, der sich schließlich in der Sakristei einsperrte. „Da bekommt man schon Angst“, sagt der Mesner, der täglich meistens fünf bis sechs Stunden in der Kirche tätig ist.

In der Regel schließt Hans Raphael gegen 7 Uhr morgens St. Maria auf und gegen 17 Uhr wieder ab. In den Stunden dazwischen kämen viele Menschen in die Kirche, um die Ruhe zu genießen, sich eine kurze Auszeit zu nehmen, für einen Moment innezuhalten oder zu beten. Bleibt künftig nichts anderes übrig, als den Menschen diese Möglichkeit zu nehmen und die Kirche als Schutz vor Rowdys geschlossen zu lassen? „Das ist ja nicht der Sinn der Sache“, betont Andreas Jall, gibt allerdings auch zu, darüber schon einmal nachgedacht zu haben. Für ihn wie auch für Hans Raphael steht fest: „Das wäre eine Kapitulation vor der Gewalt.“ (fwe)

(Übrigens: Alles aus der Region gibt‘s jetzt auch in unserem regelmäßigen Starnberg-Newsletter.)

Auch interessant

Kommentare