Sicher ist aktuell eigentlich nur, dass es immer weniger Sicherheit gibt. Alle reden darüber. Natürlich auch Maybrit Illner. Die Regierung hat sich gerade zerstritten über die Frage, wie die Bundeswehr zu einer solideren Soldatenbasis kommen soll. „Wenn einem Minister etwas nicht passt, darf er dann so auf die Bremse treten?“, will Illner in ihrem ZDF-Talk wissen. Es geht um die Wehrpflicht, die verlost werden soll. Und den Bundesverteidigungsminister Pistorius.
„Sie kennen Herrn Pistorius schon richtig lange“, spricht die ZDF-Moderatorin den Bundesinnenminister an. Wie er handeln und verhandeln wird? „Dass da noch ein paar Hürden kommen, sehe ich auch“, gibt Alexander Dobrindt zur Antwort, nachdem er einige überaus politisch korrekte Sätze hinter sich gebracht hat. Einige Hürden: Das ist sicherlich keine Übertreibung für die Probleme, wie sie die Regierungskoalition auch in diesen Fall öffentlich macht. Der hochaggressive russische Präsident Wladimir Putin hätte Freude an diesem Abend im deutschen Fernsehen.
„Ich hatte meine Zweifel“, sagt Dobrindt
„Friedrich Merz ist ein führungsschwacher Kanzler“, nutzt Irene Mihalic, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, die Steilvorlage zur Attacke auf die Bundesregierung. Tatsächlich hat auch Verteidigungsminister Boris Pistorius gegen den Eindruck der Führungsschwäche anzukämpfen.
Schließlich scheint er in seiner eigenen Kernkompetenz Bundeswehr mehr als mangelhaft in die Gespräche um die Zukunft der Bundeswehr eingebunden gewesen zu sein. Und der CSU-Mann und Bundesinnenminister? Der bemüht sich um das Konstruktive. „Ich hatte schon an der Aussetzung der Wehrpflicht meine Zweifel“, gibt Dobrindt zu, „wir müssen jetzt einen Einstieg schaffen: Wie betreten wir den Weg, um etwas Verpflichtendes zu bekommen?“

Fragebogen-Armee oder Lotterie-Armee?
„Soll aus einer Fragebogen-Armee eine Lotterie-Armee werden?“, spitzt Illner böse zu. Heißt im Klartext: Die Nieten müssen in die Kasernen. Die Gewinner machen Ausbildungen und gehen in die Universitäten. „Verlorene Jahre, verlorenes Geld“, sagt dazu Maybrit Illner. Solche Sätze zeigen, wie viel sich tatsächlich verändert hat. Für die allerwenigsten Wehrdienstleistenden von einst dürfte die Zeit bei der Bundeswehr dem gewünschten Leben nahegekommen sein.
Spätestens beim Gang zur Musterung und dem Umgangston in den Kreiswehrersatzämtern wird den meisten klargeworden sein, dass es hier um einen geforderten Dienst ging, nicht um ein erstrebenswertes Ziel. Von Freiwilligkeit war damals eben einfach nicht die Rede.
Putin provoziert, Deutschland diskutiert
Was sich jetzt zurückwenden soll? Innenminister Dobrindt kündigt eine Reform der Nachrichtendienste an. Auch ein neues Luftsicherheitsgesetz. „Wir müssen regeln, dass wir Drohnen vom Himmel holen können“, versichert Dobrindt. Sein Plan: Drohnenabwehrzentrum, Drohnenabwehreinheit der Bundespolizei, Amtshilfe durch Bundeswehr. „Es geht um die Frage, wann können wir die Bundeswehr einsetzen?“
Bei solchen Diskussionen kann man sich gut einen Aggressor Putin vorstellen, der sich lachend auf die Schenkel klopft. Er provoziert, Deutschland diskutiert. Darüber kann man sich wunderbar lustig machen. Tatsächlich ist es aber auch der fundamentale Unterschied zwischen einem durchregierenden Diktator und einer diskutierenden Demokratie. Da lässt sich dem Bundesinnenminister nur zustimmen, wenn er anerkennend befindet: „Unsere Gesellschaft ist einen sehr weiten Weg gegangen.“

Der Mann in Uniform hat sehr viel Symbolhaftes
Und der Blick auf die anderen Talkgäste? Sehr abseitig wirkt der Auftritt der Grünen. Die Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic vermittelt den Eindruck, als hätte ihre Partei nicht bis vor kurzem mitregiert. Auch sonst tut sie alles, um nur ja keinen potenziellen Wähler vor den Kopf zu stoßen – so viele haben die Grünen ja gerade nicht. Ihre Partei, die sich sonst keine Gelegenheit entgehen hat lassen, um Gleichberechtigung und Quoten für Frauen in Männerdomänen zu fordern, will sich bei der Frage eines Pflichtjahres für Männer und Frauen nicht festlegen.
„Das wird bei uns diskutiert“, weicht sie aus. Da gönnt sich ein Alexander Dobrindt deutlich mehr Mut. „Persönlich“, sagt er, „habe ich sehr viel Sympathie dafür.“ Es sitzt auch ein Gast in Uniform in dieser Diskussionsrunde. André Wüstner, der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, kommt mit verpflasterter linker Augenbraue in den ZDF-Talk. Das hat dann schon sehr viel Symbolhaftes an diesem Abend.