Geheim-Agenda? Grüner Hofreiter unterstellt Scholz Politik im Sinne Putins – Experten „bestürzt“
Auf Wahlkampfreise teilte Hofreiter immer wieder gegen den Bundeskanzler aus. Scholz habe womöglich einen Plan für die Ukraine im Sinne Putins. Kritik von Experten folgte prompt.
Berlin – In einem Porträt des Spiegels unterstellte der grüne Europaausschussvorsitzende Anton Hofreiter dem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine „Hidden Agenda“ im Ukraine-Krieg. Die Strategie des Kanzlers sei, spekulierte Hofreiter demnach, „die Ukraine immer so halb gar zu unterstützen, bis die Ukraine bereit ist zu verhandeln und große Teile ihres Gebiets preiszugeben.“ Damit ging Hofreiter über seine übliche, scharfe Kritik an der Ukraine-Politik des Kanzlers hinaus. Experten für internationale Beziehungen reagierten gemischt auf die Behauptung der „Hidden Agenda“, mit dem Ziel ukrainische Gebietsabtretungen an Russland durchzusetzen.
„Hidden Agenda“ und „keine Ahnung“ von nuklearer Abschreckung – Hofreiter teilt gegen Scholz aus
In mehreren Wutreden während des Wahlkampfes, in dem ihn der Spiegel begleitete, kritisierte Hofreiter den Kanzler aufs Schärfste. Er unterstellte ihm Naivität und „keine Ahnung“ von der Funktion nuklearer Abschreckung zu haben. Immer wieder bezog er sich dabei auf Sicherheitspolitikexperten und -Expertinnen, mit denen er sich in Paris ausgetauscht habe, die „alle die Hände über dem Kopf zusammenschlagen“ würden, wenn sie über Scholz redeten. So schrieb er den Begriff der „Hidden Agenda“ in der zitierten Diskussion auch „Leuten, die sich damit beschäftigten“ zu.

In der französischen Politikwissenschaft ist die Denkschule des Realismus, die Notwendigkeiten militärischer Stärke und Abschreckung in der Analyse hervorhebt, deutlich präsenter als im deutschsprachigen Raum.
„Fast verschwörungstheoretische Fantasien“ - Scharfe Kritik an Hofreiters Angriff auf Scholz
Die Reaktionen von Politikwissenschaftlern aus Deutschland und Österreich ließen nicht lange auf sich warten. Thorsten Brenner, Direktor der liberalen Berliner Denkfabrik Global Public Policy Institute, schrieb auf X (vormals Twitter), dass zu Recht ein gewisses „Expertinnenbashing“ durch Scholz und seine politischen Verbündeten in Ukraine-Fragen verurteilt werde. Doch, was Hofreiter mit dem Begriff der „Hidden Agenda“ aussage, sei genauso schädlich: Brenner unterstellte Hofreiter, er würde, „Extremmeinungen als Pseudo-Konsens der Expertencommunity konstruieren, um eigene, fast verschwörungstheoretische ‚hidden agenda‘-Fantasien zu stützen“.
Politikwissenschaftler geben Rat an Hofreiter und Scholz in Sachen Ukraine
Etwas kritischer dem Kanzler gegenüber twitterte Thomas Jäger, Professor für Internationale Politik an der Universität zu Köln: Es entspreche nicht Scholz Habitus, auf Hofreiters Kritik zu reagieren. Allerdings, sollte der Kanzler den Vorwurf, insgeheim schon mit ukrainischen Gebietsabtretungen an Russland zu planen, nicht bald ausräumen, dann könne er es wohl nicht. Im Magazin Focus zeigte sich der Innsbrucker Politikwissenschaftler Gerhard Mangott „bestürzt“ über die Aussagen Hofreiters. Ihm rate er dazu, er solle doch einen Misstrauensantrag gegen Scholz anstoßen, wenn er ihm so sehr misstraue. (kb)
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