Von Starnberg nach Moosach
Dass Pfarrer Johannes de Fallois in diesem Sommer die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde in Starnberg verlässt, war seit Langem bekannt. Nun steht fest: Er wird neuer Pfarrer an der Heilig-Geist-Kirche in Moosach. In Starnberg fällt damit dauerhaft eine Pfarrstelle weg.
Starnberg – „Um mich braucht sich niemand Sorgen zu machen. Ich komme schon unter.“ So oder so ähnlich hat es Johannes de Fallois in den vergangenen Monaten immer wieder gesagt, wenn ihn jemand auf seine Zukunft angesprochen hat. Denn bereits seit seinem Amtsantritt auf der dritten Pfarrstelle der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde in Starnberg im September 2020 war klar, dass diese bis zum 30. Juni 2024 befristet ist. Und so befindet sich der 59-Jährige derzeit quasi auf der Zielgeraden in der Kreisstadt. Gestern feierte de Fallois zusammen mit Pfarrer Simon Döbrich den Familiengottesdienst zu Christi Himmelfahrt am Steininger Grundstück, für den 23. Juni ist sein Abschiedsgottesdienst in der Friedenskirche geplant.
Danach führt ihn der Weg nach Moosach. Im Nordwesten von München wird de Fallois Pfarrer an der evangelischen Heilig-Geist-Kirche. Sie bildet zusammen mit der Olympiakirche und der Magdalenenkirche die Heilig-Geist-Gemeinde, die rund 7000 Glieder zählt, etwa doppelt so viele wie in Starnberg. „Wir sind zu dritt, an jeder Kirche gibt es einen Pfarrer“, sagt de Fallois und betont im Gespräch mit dem Starnberger Merkur: „Ich freue mich darauf.“
Moosach sei längst kein Arbeiterviertel mehr, sondern geprägt durch einen „dörflichen Charakter mitten in der Großstadt“, gleichzeitig sei es ein Multikulti-Stadtteil – kein Problem für de Fallois, der vor dem Wechsel nach Starnberg mit seiner Familie drei Jahre lang in Mailand gelebt und gearbeitet hatte. Dass es in der Nachbarschaft zum Pfarrhaus, in dem er mit seiner 15 Jahre alten Tochter wohnen werde, einen italienischen Supermarkt gebe, sei da natürlich ein Traum für ihn, sagt er.
Allerdings werde die Arbeit auch eine Herausforderung. Die Bindung der Menschen zur Kirche sei in der Großstadt viel geringer als auf dem Land. „Da fragt kein Mensch mehr nach der Kirche“, sagt de Fallois und meint damit die gesellschaftliche Stellung. In Starnberg zum Beispiel sei es logisch, dass der evangelische Pfarrer beim überparteilichen Bündnis Starnberger Dialog dabei sei, aber in München... Gerade mal 16 Konfirmanden zähle die Heilig-Geist-Gemeinde in diesem Jahr. „Es gibt Gemeinden in München, die haben gar keine Konfirmanden mehr.“ Von daher komme es darauf an, die evangelische Kirche wieder stärker in der Gesellschaft zu verankern, da zu sein für die Menschen. „Ich möchte die Kirche ins Bewusstsein der Menschen zurückbringen“, sagt de Fallois und nennt die Bereitstellung von Versammlungsräumen als eine Möglichkeit.
Die Abwendung der Menschen von der Kirche und die daraus resultierenden sinkenden Steuereinnahmen haben bereits weitreichende Folgen. „In München ist der Plan, in den nächsten fünf Jahren jede zweite Immobilie zu verkaufen“, skizziert der Fallois eine Entwicklung.
Und wie fällt seine Bilanz in Starnberg aus? „Es waren schon sehr mühsame Jahre“, gibt der 59-Jährige zu. Erst wechselte Pfarrer Dr. Stefan Koch in die freie Wirtschaft, dann verließ seine Frau, die Pfarrerin Dr. Anne Stempel-de Fallois, die Gemeinde. Obwohl für ganz andere Aufgaben vorgesehen, musste Johannes de Fallois monatelang die Starnberger Gemeinde leiten, ehe Simon Döbrich auf die Pfarrstelle eins kam. Auch im Pfarrhaus an der Kaiser-Wilhelm-Straße gab es Vakanzen, von den Herausforderungen der Corona-Pandemie ganz zu schweigen. Nichtsdestotrotz sei die Zeit auch durch „viele Begegnungen mit tollen Menschen“ geprägt, wofür er sehr dankbar sei, sagt de Fallois. Dazu komme die Arbeit mit den Konfirmanden, die Jugendfreizeiten, der Kontakt zum evangelischen Kindergarten, aber auch der Einsatz für Demokratie und Menschenrechte. Er werde immer gerne nach Starnberg zurückkehren.
Mit seinem Ausscheiden verliert die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde auch die dritte Pfarrstelle, was ebenfalls schon seit Längerem bekannt ist. Denn einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für de Fallois sieht der neue Stellenplan der evangelischen Landeskirche nicht mehr vor. Neben Simon Döbrich ist seit 1. September vergangenen Jahres Rina Mayer Pfarrerin in Starnberg.