Bürgergeld-Empfängerin legt monatlich 1000 Euro Erspartes zur Seite – und „hätte Erhöhung nicht benötigt“
Nach seinem sozialen Experiment traf Moderator Jörg Pilawa auf eine Bürgergeld-Empfängerin. Die kann sogar Geld zurücklegen. Und erklärt, wie das geht.
Berlin – Der Fernsehmoderator Jörg Pilawa hat in einer Sat.1-Dokumentation den Selbstversuch gewagt und eine Woche am Existenzminimum gelebt. Zurück im Studio lernte er abermals eine neue Facette der Armut kennen. Zu Gast war unter anderen die Bürgergeld-Empfängerin Angelina. Die vierfache Mutter gestand, dass sie 1000 Euro pro Monat sparen könne, obwohl sie und ihr Mann Bürgergeld beziehen. Das entspricht so ziemlich dem Gegenteil von dem, was Pilawa erlebte.
„Hätten Erhöhung nicht benötigt“ – Bürgergeld-Empfängerin spart 1000 pro Monat
Weiter führte Angelina aus: „Wir hätten die Erhöhung zum Jahreswechsel nicht benötigt.“ Insgesamt ständen ihr 2815 Euro im Monat zur Verfügung. Verzichten müsse die sechsköpfige Familie „auf gar nichts“. Allerdings betonte die Bürgergeld-Empfängerin, dass sie sämtliche Ausgaben streng im Blick habe und Einkäufe nur nach einem strikten Sparplan erledige. Dennoch: Als arm betrachte sie sich nicht, stellte die Mutter klar. Wie komm es zu dem vergleichsweise hohen Betrag?
Bürgergeld-Berechtigte | Regelbedarf |
---|---|
Alleinstehende, Alleinerziehende und Volljährige mit minderjährigen Partnern | 563 Euro |
Volljährige Partner | 506 Euro |
Volljährige von 18 bis 24 Jahren ohne eigenen Haushalt und 15- bis 24-Jährige, die ohne Zusicherung des Jobcenters umziehen | 451 Euro |
Kinder von 14 bis 17 Jahren und Minderjährige mit volljährigen Partnern | 471 Euro |
Kinder von sechs bis 13 Jahren | 390 Euro |
Kinder von null bis fünf Jahren | 357 Euro |
Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) |
Die Höhe des Bürgergelds richtet sich nach dem festgelegten Regelbedarf. Zuletzt sind die Beträge im Januar 2024 gestiegen. Desto mehr Kinder eine anspruchsberechtigte Person hat, desto höher fällt der Regelbedarf aus – logisch, denn bei mehr Kindern steigen auch die Ausgaben. Angelina und ihr Mann erhalten vermutlich jeweils 506 Euro, zusammen also 1012 Euro. Um auf die 2815 Euro im Monat zu kommen, müssten mindestens drei ihrer vier Kinder zwischen 14 und 17 Jahre alt sein.
Pilawa sammelte andere Erfahrungen als Bürgergeld-Empfängerin – „fahre mit Scham nach Hause“
Allerdings stellen Menschen wie Angelina nicht den Querschnitt der Bürgergeld-Empfänger in Deutschland dar. Das weiß mittlerweile auch Pilawa. Im Laufe der Dokumentation betonte der Moderator immer wieder, welch bleibenden Eindruck das Experiment bei ihm hinterlassen habe. „Ein beklemmendes Gefühl“, gestand er sich ein, nachdem er zum ersten Mal selbst als Kunde die Tafel besucht hatte. „Man schämt sich so ein bisschen dafür, obwohl man gar nichts dafür kann.“
Auch für seine eigenen Vorurteile genierte sich Pilawa. „Ich fahre mit Scham nach Hause“, stellte er nach einer Woche in Berlin-Hellersdorf fest. „Ich schäme mich dafür, dass man solche Klischeebilder im Kopf hat. Tatsächlich denke ich seit dieser Woche anders über die Armut in Deutschland.“ Die Zuschauer der am Montagabend (15. April) ausgestrahlten Dokumentation reagierten indes gespalten. Während die einen den Moderator als Clown betitelten, fanden ihn andere sehr empathisch. (cln)