Kritische Infrastruktur im Ausverkauf – auch an die Emirate: Experten warnen Ampel

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Eine Fracht-Palette von Schenker wird in einer Cargo-Maschine geladen. Die DB-Tochter verwaltet kritische Infrastruktur – und könnte bald einem arabischen Investor gehören. © dpa

Die Geldnot der Ampel hält an. Jetzt will sie Anteile bei Post und Telekom verscherbeln. Ein Investor aus Abu Dhabi könnte den DB-Logistiker Schenker abkaufen, der Bundeswehr und Nato beliefert.

München – Bei der Suche nach fehlendem Geld ist die Ampel-Koalition auf einen Milliarden-Schatz gestoßen. Eigentlich hatte sie der Deutschen Bahn 12,5 Milliarden Euro versprochen – die Summe war für die Sanierung des maroden Schienennetzes gedacht. Dafür hätte man in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) gelangt. Doch dann kam das Karlsruher Urteil und nun fehlt die Kohle. Richten könnte das jetzt der Verkauf von Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist: Im Gespräch sind laut Spiegel die Telekom und die Deutsche Post. Auch die DB-Tochter Schenker will man wahrscheinlich loswerden. Das hochlukrative Unternehmen gilt als Goldesel der Bahn.

Es klingt so plausibel: Die FDP fordert bereits seit Jahren den Verkauf des DB-Logistikunternehmens. Der Wert von Schenker wird auf bis zu 20 Milliarden Euro geschätzt – allein mit diesem Erlös wären die fehlenden 12,5 Milliarden gedeckt. Doch bei der Rechnung wird ein wichtiger Preis ausgelassen: Mit dem Verkauf von Schenker gibt man auch kritische Infrastruktur in fremde Hände. Dazu kommt: Der mögliche Käufer sitzt in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE).

Schenker beliefert unter anderem Einrichtungen der Bundeswehr und der Nato

Nach Handelsblatt-Informationen handelt es sich bei dem arabischen Investor um ADQ, einen von drei Staatsfonds des Emirats Abu Dhabi. „Bei uns schlagen jetzt alle Alarmglocken“, sagt Holger Berens, Chef des Bundesverbands für den Schutz Kritischer Infrastrukturen. „Wir sind strikt dagegen, die Kontrolle über unsere kritische Infrastruktur Investoren aus dem Ausland zu geben“, so Berens gegenüber unserer Zeitung. Gerade die VAE stehen immer wieder wegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung in der Kritik.

Besonders heikel: Schenker beliefert unter anderem Einrichtungen der Bundeswehr und der Nato. „Der Käufer wüsste ganz genau, welche Waffen in welchen Mengen wohin geliefert werden“, sagt Berens. „Es gibt einige Staaten, die solche Informationen brennend interessieren.“

Das Logistik-Unternehmen ist in der Land, Luft- und Seefracht aktiv. Berens warnt nicht nur vor militärischen, sondern auch vor wirtschaftlichen Risiken: „Es geht hier um die Versorgung von Lieferketten in allen möglichen Wirtschaftssparten“, erklärt er. Der Verkauf von Schenker öffne ein „Einfallstor“ für Wirtschaftsspionage. „Für ausländische Akteure öffnen sich einige Möglichkeiten, wenn man weiß, welche Warenströme etwa bei VW fließen.“

Offiziell hat das Bieterverfahren für Schenker noch nicht begonnen – doch wie das „Handelsblatt“ aus Regierungsquellen erfuhr, dürfte der arabische Investor beste Chancen haben.

Verkauf von Telekom-Anteilen?

Auch die Telekom gilt als Betreiber kritischer Infrastruktur: Sie verwaltet das größte und wichtigste Telekommunikations- und Datennetz in Europa. Bei ihr hält der Bund derzeit 30,5 Prozent der Aktien – hier will die Regierung laut Spiegel nur noch eine strategische Beteiligung von 25 Prozent plus eine Aktie halten. „Damit hat der Bund gerade noch genug Einfluss, um wichtige Entscheidungen treffen und blockieren zu können“, sagt Berens. „Man muss aber beachten: Aktionäre haben Einblicke in die Dokumentation des Unternehmens.“ Es gehe dabei um sensible Informationen, die für Cyberattacken oder zu Spionagezwecken genutzt werden könnten.

Bereits im Jahr 2017 wurde bei Jamaika-Gesprächen ein Verkauf von Telekom-Anteilen konkret besprochen. Später, nachdem die Koalitions-Verhandlungen gescheitert waren, erteilte der frühere Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) den Plänen eine Absage: Die Große Koalition wollte ihren Einfluss auf die Telekom behalten – damals gab es viele Kontroversen um Firmenübernahmen aus China. Nur bei dem Verkauf der Anteile bei der Deutschen Post gab es keine Bedenken.

Dort wird die Bundesbeteiligung aktuell auf etwa acht Milliarden Euro geschätzt. Holger Berens meint: Zumindest dieser Teil des Ampel-Plans ist vergleichsweise harmlos. (Kathrin Braun)

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