Ärger über Bauprojekt: Gemeinderat Forstner sendet „Signal an Landratsamt“
In seiner jüngsten Sitzung musste sich der Peißenberger Bauausschuss abermals mit dem Bauprojekt an der Kreuzung „Thalacker / Thalackerstraße“ beschäftigen. Dieses Mal erteilte das Gremium zwar sein Einvernehmen, Kritik am Landratsamt gab's aber trotzdem wieder.
Peißenberg – Eigentlich klingt es nach einem ganz alltäglichen Bauprojekt: Auf dem Grundstück „Thalacker 101“ im Bereich der Auffahrt zum „Schweiber“ soll ein altes Einfamilienhaus abgerissen und durch einen dreigeschossigen Neubau (Firsthöhe 10,23 Meter) samt Einliegerwohnung und Doppelgarage ersetzt werden (wir berichteten).
Doch es gibt Kritik an den Plänen: So wird vor allem von Anliegern darauf verwiesen, dass das Gebäude durch die Kubatur und Geländeabgrabungen an der ohnehin schon abschüssigen Topografie im Vergleich zur direkt umliegenden Bebauung ziemlich mächtig und hoch wirken würde. Auch werden Hangrutschungen durch den baulichen Eingriff befürchtet. Der Bauausschuss hatte im Februar sein gemeindliches Einvernehmen mehrheitlich verweigert, weil er die vom Landratsamt angewendete Auslegung des Einfügungsgebots (§ 34 Baugesetzbuch) in die bauliche Umgebung nicht teilte und als „willkürlich“ kritisierte.
Landratsamt ist bei Baugenehmigungen die maßgebliche Instanz
Die Kreisbehörde greift entgegen der früheren Praxis neuerdings auf eine erweiterte „Geviertsbeurteilung“ zurück, die auch Baukörper auf der gegenüberliegenden Straßenseite mitberücksichtigt, sofern die Fahrbahn keinen städtebaulich trennenden Charakter für das jeweilige Quartier hat. Im konkreten Fall sind auf der anderen Straßenseite ähnlich hohe, aber aufgrund des Geländeabfalls optisch verträglicher wirkende Gebäude platziert.
Wenn es um Baugenehmigungen geht, ist das Landratsamt die maßgebliche Instanz. Und in dieser Funktion signalisierte die Behörde dem Markt nun, das gemeindliche Einvernehmen ersetzen zu wollen, falls er bei seiner ablehnenden Haltung bleiben sollte. Doch der Bauausschuss lenkte ein: Er segnete den Bauantrag mit neun zu zwei Stimmen ab. Wie es zu dem Sinneswandel kam? Bauamtsleiterin Birgit Thaller erklärte im Ausschuss, dass auch andere Landkreise die erweiterte „Geviertsbeurteilung“ anwenden würden - „und zwar schon seit längerem“. Außerdem gab es inzwischen noch Plankorrekturen: An den Ausmaßen des Baukörpers änderte sich zwar nichts, allerdings soll das Gebäude etwas tiefer eingegraben und weiter weg vom Anwesen „Thalacker 103“ gerückt werden.
Bürgermeister Frank Zellner (CSU): Bauprojekt „für die Umgebung zumutbar“
Vom Höhenniveau her wird der Neubau 1, 50 Meter höher liegen als der Bestandsbau. Auch wenn das Einfügungsgebot ein „unbestimmter Rechtsbegriff“ sei, stufte Bürgermeister Frank Zellner (CSU) das Bauprojekt als „für die Umgebung zumutbar“ ein. Ähnlich äußerte sich Ursula Einberger (SPD): „Wir wollen ja so wenig Fläche wie möglich versiegeln. Aber wenn schon versiegelt wird, dann finde ich es gut, wenn sich das nicht nur auf ein Einfamilienhaus beschränkt, sondern auch noch eine Wohnung mit drin ist, die man mieten kann.“
Gegen die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens stimmte neben Stefan Rießenberger (Bürgervereinigung) Jürgen Forstner. Der Fraktionssprecher der Freien Wähler hatte im Februar noch für die Genehmigung votiert - was allerdings eher Ausdruck von Sarkasmus war. „Ich habe im Februar dafür gestimmt, weil ich das schon ziemlich zynisch finde, was da abläuft“, erklärte Forstner im Ausschuss in Richtung Landratsamt. Es sei „beängstigend“, wie die Kreisbehörde ihre jahrelange Praxis bei der Auslegung des Einfügungsgebots „Knall auf Fall über den Haufen geworfen“ habe. Jahrelang seien Bauprojekte in Peißenberg mit Hinweis auf die angeblich fehlende Einfügung in die bauliche Umgebung blockiert worden.
Forstner verwies als Beispiel auf die ehemals kommunale Liegenschaft in der „Böhmerwaldstraße 1“: „Was war das für ein Hickhack, bis da ein Doppelhaus reingebaut werden durfte.“ Sein „Nein“ zur Genehmigung für den Bauantrag zum „Thalacker 101“ interpretierte Forstner als „Signal an das Landratsamt“, die Vorgehensweise in Bezug auf den § 34 Baugesetzbuch zu überdenken. Und ganz generell: „Das Einfügungsgebot ist ein mehr als schwammiges Instrumentarium. Eigentlich gehört es gestrichen, weil es irgendwo immer eine Auslegungssache ist“, so Forstner.