Hamstert China Gold, um für einen Angriff auf Taiwan gewappnet zu sein?
China will sich Taiwan einverleiben – aber wann? Aufschluss könnten einem Bericht zufolge Pekings massive Goldankäufe geben. Ein taiwanischer Experte hingegen nennt andere Kriterien.
Chinas Regierung lässt keinen Zweifel an ihren Plänen: Das demokratisch regierte Taiwan soll früher oder später Teil des eigenen Staatsgebiets werden – am besten auf friedlichem Wege, notfalls aber auch mit Gewalt. „Wir werden niemals versprechen, auf den Einsatz von Gewalt zu verzichten, und wir behalten uns die Möglichkeit vor, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen“, erklärte Staats- und Parteichef Xi Jinping etwa im vergangenen Jahr. Wann China Ernst macht mit seinen Drohungen, ist allerdings unter Experten heftig umstritten. Bisweilen wird das Jahr 2027 genannt, wenn Chinas Volksbefreiungsarmee 100 Jahre alt wird und laut Xi „Weltklasseniveau“ erreicht haben soll. Auch das Jahr 2049 – die Volksrepublik begeht dann den 100. Jahrestag ihrer Gründung – halten Analysten für ein mögliches Angriffsdatum.
Klar ist jedenfalls: Sollte China tatsächlich einen großangelegten Angriff auf Taiwan starten, würden schon Monate oder sogar Jahre vorher erste Anzeichen für entsprechende Vorbereitungen sichtbar werden. Ein solches Anzeichen ist laut einem Bericht des Fernsehsenders n-tv das Bestreben der chinesischen Regierung, ihre Goldvorräte aufzustocken. Diese Goldreserven könnte Peking benötigen, sollte das Land nach einem Angriff auf Taiwan mit Sanktionen der USA und ihrer Verbündeten belegt werden – ein äußerst wahrscheinliches Szenario, wie etwa der Ukraine-Krieg gezeigt hat.
„Auf Finanzsanktionen vorbereiten“: Plant China für den Angriff auf Taiwan?
Vor Russlands Angriff auf sein Nachbarland hatte Moskau große Goldreserven angelegt, laut der Branchen-Organisation World Gold Council wuchs der Goldschatz der russischen Zentralbank von 400 Tonnen im Jahr 2007 bis Kriegsbeginn Anfang 2022 auf 2298,5 Tonnen. Mit den Hamsterkäufen kam Russland internationalen Sanktionen zuvor. China legt nun ebenfalls größere Reserven des teuren Edelmetalls an. Anfang November berichtete der Wirtschaftsdienst Bloomberg, dass Peking in den zurückliegenden zwölf Monaten große Mengen an Gold gekauft habe, zuletzt im Oktober 23 Tonnen. Insgesamt verfügt das Land demnach über 2215 Tonnen Gold.
Eine Auswertung der Nachrichtenagentur Reuters ergab zudem unlängst, dass „Hunderte von chinesischen Ökonomen, Finanzfachleuten und geopolitischen Analysten“ damit beschäftigt sind, die Auswirkungen der Sanktionen auf Russland zu analysieren, um herauszufinden, was ähnliche Strafmaßnahmen für China bedeuten könnten. „Vor dem Hintergrund des verschärften strategischen Wettbewerbs zwischen China und den USA und des Konflikts um die Straße von Taiwan sollten wir darauf vorbereitet sein, dass die USA dieses Modell der Finanzsanktionen gegen China wiederholen“, zitiert Reuters einen wissenschaftlichen Mitarbeiter von Chinas Zentralbank.
„Grauzonen-Aktivitäten“: China erhöht den Druck auf Taiwan
Hinweise also auf einen bevorstehenden chinesischen Angriff auf Taiwan? Sheu Jyh-Shyang, Militärexperte am Institute for National Defense and Security Research in Taipeh, glaubt das nicht. Zwar wolle China sich mit Ankäufen von Gold unabhängiger vom Westen und dem US-Dollar machen; einen Zusammenhang mit dem Taiwan-Konflikt will Sheu aber nicht herstellen. „Wenn China sich für eine Invasion rüstet, dann indem es entsprechendes Material vorbereitet, etwa Munition“, sagt Sheu zu IPPEN.MEDIA. Auch gäbe es beispielsweise ein Urlaubsverbot für Offiziere und Soldaten. Zudem, so Sheu, würde China „Truppen und Material in die Provinzen, die Taiwan gegenüberliegen, transportieren.“ All das erkenne man derzeit aber nicht.
Dennoch: Peking erhöht unverkennbar den Druck auf Taiwan. Fast täglich überqueren Kampfjets und Kriegsschiffe die Medianlinie, also die inoffizielle Grenze zwischen den beiden Ländern. Solche „Grauzonen-Aktivitäten“ – angesiedelt irgendwo im Grenzbereich zwischen Krieg und Frieden – sollen die Moral der Taiwaner brechen und die Bereitschaft Chinas unterstreichen, notfalls Gewalt gegen die Insel anzuwenden. Zudem mischt sich China in den laufenden taiwanischen Präsidentschaftswahlkampf ein, etwa mit Desinformationskampagnen. So will Peking einen Sieg des Kandidaten der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei, Lai Ching-te, verhindern. China betrachtet Lai als „Separatisten“, der Taiwan in eine formelle Unabhängigkeit von China führen wolle.
Laut Charles Q. Brown, dem neuen Generalstabschef der US-Streitkräfte, ist in jedem Fall Wachsamkeit geboten. In einem Interview mit dem US-Nachrichtenmagazin Newsweek sagte der General kürzlich über einen möglichen Angriff der Volksrepublik auf Taiwan: „Wir wollen und sollten besorgt darüber sein, ob es nun passiert oder nicht.“ (sh)