Österreicher klagt erfolgreich – Dobrindts strengere Grenzkontrollen schon vor dem Aus?
Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) verschärft die Asylpolitik der Bundesregierung. Die Grenzkontrollen sind umstritten – und stehen auf juristisch wackligen Beinen.
München – Der Bundeskanzler heißt Friedrich Merz (CDU), seine Regierung ist seit kurzem vereidigt und im Amt. Die Arbeit kann und soll also sofort losgehen, nach den Streitigkeiten der Ampel-Koalition will man nun Entschlossenheit in Berlin zeigen. Mit dazu gehört auch der deutlich strengere Migrations-Kurs, mit dem CDU und CSU im Wahlkampf warben. In Zuge dessen ordnete Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) bereits strengere Kontrollen an den Grenzen zu den europäischen Nachbarn an. Doch nach einem Gerichtsurteil steht die Anordnung auf wackligen Füßen.
Innenminister Dobrindt verschärft Grenzkontrollen zu Nachbarländern – Klage schon unter Faeser
Dabei ist der konkrete Fall erst mal völlig losgelöst von den Taten des neuen Merz-Kabinetts: Ein Österreicher hatte wegen einer Kontrolle durch Bundespolizisten im Juni 2022 in einem Zug in Bayern gegen die Bundesrepublik geklagt und vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) recht bekommen. Die Grenzkontrollen wurden damals noch von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) initiiert und – das ist der Knackpunkt – im Frühjahr 2022 zum wiederholten Male verlängert worden.

Der VGH hatte sein Urteil im März 2025 vor allem untermauert, die Anordnung von Binnengrenzkontrollen für den betreffenden Zeitraum sei „nicht mit einer neuen ernsthaften Bedrohung“ im Sinne der anzuwendenden Vorschrift begründet worden. Damit beruft man sich wiederum auf den Europäischen Gerichtshof (EuGH), der zuvor geurteilt hatte, dass Grenzkontrollen, die länger als ein halbes Jahr dauern, nicht erlaubt sind, wenn als Grund nur eine weiter andauernde Bedrohung oder deren Neubewertung genannt wird. Heißt: Schon damals hat die Bundesregierung gegen geltendes Recht verstoßen.
Gericht gibt Österreicher nach Klage gegen den Bund recht – „im Wesentlichen unveränderte Bedingungen“
Das Gericht unterstreicht in seiner Urteilsbegründung, dass es sich hier um eine Einzelfall-Entscheidung auf Anklage des Österreichers handelt. Eine konkrete Verbindung zu den Maßnahmen der neuen Bundesregierung unter Kanzler Merz und Innenminister Dobrindt wird auch hier weiterhin nicht gezogen – zumindest nicht direkt. Denn: Der VGH ging zum Zeitpunkt des Urteils Mitte März davon aus, dass „eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehe, dass der Kläger unter im Wesentlichen unveränderten Bedingungen erneut kontrolliert werden würde“. Diese Umstände umfassen auch die Rechtsgrundlage zur Verlängerung der Kontrollen, die der VGH im Fall des Österreichers für rechtswidrig hält.
Verlängert hatte das Bundesinnenministerium die Grenzkontrollen zuletzt Mitte Februar für weitere sechs Monate – also noch vor dem Urteil in München. Vergangene Woche hatte der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) die Bundespolizei angewiesen, ihre Kontrollen an den Landgrenzen noch zu verstärken und auch Asylsuchende zurückzuweisen, wenn die Voraussetzungen für eine Einreise nicht vorliegen.

Verschärfung der Grenzkontrollen unter Merz-Regierung – Innenministerium ohne Kommentar zu Gerichtsurteil
Verlängerung und Verschärfung der Grenzkontrollen, unter der ehemaligen und aktuellen Bundesregierung, wurden entsprechend auch hier ohne Angabe einer „neuen ernsthaften Bedrohung“ vorgenommen. Wie die Deutsche Presse-Agentur auf Nachfrage in Erfahrung brachte, hat das Bundesinnenministerium das Urteil aus dem März mittlerweile akzeptiert und fechtet es nicht an.
Zur Frage, was das Urteil in München für die seitdem mehrfach wieder verlängerten und zuletzt verschärften Kontrollen der Bundespolizei an den Landgrenzen bedeutet, äußerte sich das Bundesinnenministerium unter Dobrindt auf Nachfrage zunächst nicht.
UN-Flüchtlingshilfswerk sorgt sich um Asyl-Kurs der Bundesregierung
Beim UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) stoßen die verschärften deutschen Grenzkontrollen auf Kritik. Das UNHCR sei „besorgt über die jüngste Entscheidung der deutschen Regierung, keine Asylanträge mehr an den Landesgrenzen anzunehmen“, sagte die UNHCR-Repräsentantin in Deutschland, Katharina Thote, der Deutschen Presse-Agentur. Deutschland sei seit Jahrzehnten einer der engsten Partner des Flüchtlingshilfswerks und ein wichtiges Aufnahmeland für Flüchtlinge.
Seit einigen Tagen können Bundespolizisten Schutzsuchenden, die über die Landgrenze nach Deutschland kommen, die Einreise verweigern. Thote forderte die Bundesregierung auf, „sich auf die derzeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten bestehenden Rahmenbedingungen zu konzentrieren, um die Ankunft von Asylsuchenden zu steuern und in der Region gerecht zu verteilen.“ (stma/dpa)