DeepSeek macht es vor - Die EU hinkt im KI-Wettlauf hinterher - Doch China zeigt, wie sie aufholen kann
Die USA investieren Milliarden in KI und Chips - China schafft es günstiger
„Stargate“ steht damit nicht allein für technischen Fortschritt, sondern dient auch als geopolitisches Signal: Die USA wollen nicht Schritt halten, sondern den globalen Wettlauf um KI dominieren.
Chancen hätten sie dazu viele. Von neuen Arbeitsplätzen – Trump stellt über 100.000 neue Jobs in Aussicht - bis zu Durchbrüchen in Bereichen wie der Medizin. Es gilt bestehende Grenzen des Machbaren zu verschieben. Das Problem ist nur: Riesige Investitionen und viele Milliarden von Dollar scheinen gar mehr nicht der entscheidende Erfolgsfaktor zu sein.
„DeepSeek“ aus Chinazeigt uns gerade auf, dass konkurrenzfähige KI-Modelle auch mit begrenzten Ressourcen realisierbar sind: Die Entwicklung kostete wohl deutlich weniger als bei OpenAI, Meta oder Anthropic, ist aber eben deren etablierten Modellen, wie ChatGPT, Llama und Claude von der Leistungsfähigkeit her nahezu ebenbürtig .
Dabei benutzen die Chinesen nicht einmal besonders leistungsfähige Chips. Während die wichtigsten US-Entwickler Zugang zu den neuesten Chips von NVIDIA haben, unterliegt DeepSeek den amerikanischen Exportbeschränkungen und kann lediglich abgespeckte Chips von NVIDIA verwenden. Diese Not machte offenbar erfinderisch. Ausgerechnet die strenge US-Exportkontrollen könnten also zu einem Durchbruch geführt haben, den DeepSeek sonst vielleicht nicht erzielt hätte.
In den USA wächst die Gefahr, dass KI missbraucht wird
DeepSeek brachte sein Sprachmodell R1 erst vergangene Woche auf den Markt, aber schon am Montag war es die beliebteste kostenlose App in Apples App Store.
Das Geschäftsmodell der US-Riesen mag durch DeepSeek erstmal erschüttert worden sein, inklusive historischen Kursbeben bei Tech Werten wie NVIDIA. Aber Donald Trump hat nun auch die von seinem Vorgänger Joe Biden eingeführte Regulierung der KI-Entwicklung per Dekret gekippt. Der Präsident lässt den großen Technologieunternehmen somit weitgehend freie Hand.
Dies ist gefährlich: Fehlen die gemeinsamen ethischen und moralischen Standards, könnten KI-Systeme sich zu mächtigen Überwachungsinstrumenten entwickeln, die das menschliche Verhalten analysieren und vorhersagen und dann auch zu Entscheidungen kommen, die für den Menschen nicht mehr nachvollziehbar sind. Es wäre eine Technologie, die sowohl von autoritären Regimen wie auch von Techunternehmen missbraucht werden könnte.
Europa ist im KI-Wettrennen abgehängt - muss es aber nicht bleiben
Nüchtern betrachtet ist Europa längst abgehängt worden. Die EU steckt in der Diskussion um Regeln und Risiken fest. Natürlich ist es wichtig, den bislang von den dominierten Plattformen und Tools einen Rahmen aufzuzeigen. Nur leider versäumt es die Europäische Union (und Deutschland im Speziellen) immer wieder, auch die Chancen von KI positiv und visionär aufzuzeigen und Innovationen gezielt zu fördern.
Dennoch wäre es falsch, die Situation als hoffnungslos und chancenfrei zu betrachten. Und das ist die Lehre dieser Woche, die entscheidende Erkenntnis aus dem überraschenden Erfolg von DeepSeek: Anstatt blind dem amerikanischen KI-Wettrüsten zu folgen, könnten die Europäer in der Anwendung und Adaptierung der Technologie stark sein – länderübergreifend kooperierend, ethische Grundsätze berücksichtigend, dennoch qualitativ hochwertig. Durch gezielte Investitionen, klare Visionen und die Bündelung von Ressourcen können auch wir eine wichtige Rolle in der KI-Zukunft spielen.
Es ist nicht notwendig, der Erste zu sein oder den amerikanischen Ansatz zu kopieren – vielmehr geht es darum, mit Bedacht und Kreativität, aber auch Innovationsoffenheit einen eigenen europäischen Weg zu gehen. Es liegt an uns selbst, nicht nur Zuschauer zu sein, sondern die Chancen der KI auf eine Weise zu nutzen, die den Menschen und der Gesellschaft zugutekommt.
Von Maks Giordano
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