OB-Stichwahl in Pirna: AfD-Kandidat hat gute Chancen

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Ein AfD-Mann könnte Bürgermeister von Pirna werden. Der sächsische Landesverband wurde erst kürzlich als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft.

Pirna – In Pirna wird am Sonntag (17. Dezember) ein neuer Bürgermeister gewählt. Die in Teilen rechtsextreme AfD hat in der Stadt nahe der Sächsischen Schweiz Chancen, erstmals bundesweit einen Kandidaten als Oberbürgermeister zu installieren. Im ersten Wahlgang am 26. November hatte keiner der fünf Bewerber um den Chefposten im Rathaus die erforderliche Mehrheit erreicht.

Landete bei der Oberbürgermeister-Wahl in Pirna einen Punktsiegt: AfD-Kandidat Tim Lochner. © Martin Schutt/Sebastian Kahnert/dpa/Montage

Nun hat sich das Kandidatenfeld auf ein Trio verkleinert: Neben der CDU-Politikerin Kathrin Dollinger-Knuth treten der Tischlermeister Tim Lochner für die AfD und Ralf Thiele für die Freien Wähler an. Thiele und Lochner sind parteilos. In der ersten Runde lag der AfD-Kandidat mit knapp 33 Prozent der Stimmen klar vorn. Dahinter rangierten Thiele mit 23,2 und Dollinger-Knuth mit 20,3 Prozent. Ralf Wätzig (SPD/Grüne) kam auf fast 10 Prozent, der parteilose Einzelbewerber André Liebscher auf knapp 14 Prozent. Die CDU-Kandidatin Dollinger-Knuth wird nun von den beiden Bewerbern unterstützt, die nicht noch einmal antreten.

Freie Wähler-Kandidat will AfD-Mann nicht „um jeden Preis“ verhindern

Rechnerisch hängt also vieles davon ab, wie FW-Kandidat Ralf Thiele abschneidet. Thiele behauptet auf seiner Website für eine „ideologiefreie“ Politik zu stehen. Er schrieb von „Hinterzimmern“ und „Parteiapparaten“, die den „Wählerwillen“ ignorierten, in dem sie sich in einem Bündnis gegen die AfD stellten. Trotzdem sei es immer sein „klares Ziel“ gewesen, einen AfD-Bürgermeister in Pirna zu verhindern, aber nicht „um jeden Preis“.

In Sonneberg grüßt man sich nach einem halben Jahr AfD wieder mit „Heil“

Die sächsische AfD wird seit Anfang Dezember vom dortigen Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Es ist der dritte Landesverband der Partei, der sich so weit radikalisiert hat. In den Landtagswahlumfragen lag die AfD zuletzt über 30 Prozent und wurde von einigen Instituten als stärkste Kraft gesehen. Im thüringischen Sonneberg stellt die AfD seit etwa einem halben Jahr ihren ersten Landrat: Robert Sesselmann. Seit er im Amt ist, seien offen rechtsextreme Haltungen dort endgültig salonfähig. So schrieb die taz über Kneipen, in denen es jetzt gängig sei, sich mit „Heil“ zu grüßen.

Soziologe warnt vor „Strategie der Normalisierung“ der AfD

Sesselmann selbst gebe sich „sehr bürgerlich“, sagte eine Linken-Kreistagsabgeordnete der Zeitung. Das Verhalten der AfD in der Kommunalpolitik bezeichnete Soziologe Johannes Kiess von der Universität Leipzig in den Dresdner Neuesten Nachrichten als „Strategie der Normalisierung“. „Dazu gehört auf kommunaler Ebene auch, parteilose oder andere Bündnisse zu stärken.“ Wenn es dann auf kommunaler Ebene „normal“ sei, rechtsextrem zu wählen, würden die Chancen dazu auch auf Landes- und Bundesebene steigen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Pirnaer Stadtrat müssten wohl die anderen Parteien insbesondere die Konservativen ihr Verhältnis zur AfD klären, die hat dort lediglich 5 von 26 Mandaten.

Die Wahlbeteiligung lag im ersten Durchgang bei nur 50,4 Prozent. Mehrere Initiativen haben zu einer breiten Beteiligung beim zweiten Wahlgang aufgerufen. Lochner wäre im Fall eines Sieges der erste Oberbürgermeister, der von der AfD aufgestellt wurde. Amtsinhaber Klaus-Peter Hanke (parteilos) trat in der Kommune mit rund 40.000 Einwohnern nahe der Grenze zu Tschechien nicht wieder an. (kb mit dpa)

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