Mehr Atomkraft und weniger staatliche Vorgaben beim Heizen fordert die Unionsfraktion in ihrem neuen Energie-Programm. Zur FDP grenzt sich die Partei in Sachen Klima stark ab - und liegt überraschend nah an der bisherigen Klimapolitik der Ampel.
Wo genau CDU und CSU in der Klimapolitik stehen, war lange unklar. Die Mittelstandsunion etwa vertrat meist andere Konzepte als die Klima-Union, der Klima-Experte und Parteivize Andreas Jung setzte deutlich andere Akzente als der für die Energiepolitik der Fraktion verantwortliche Fraktionsvize Jens Spahn . Doch nun hat sich die Fraktion in einem längeren Prozess auf ein gemeinsames Diskussionspapier geeinigt , das an diesem Dienstag bei einer energiepolitischen Konferenz öffentlich vorgestellt werden soll. Und dieses will die Energie- und Klimapolitik der Ampel-Koalition stärker zurückdrehen , als so manche Äußerung der Vergangenheit nahelegte.
So findet sich im Papier ein klares Bekenntnis zur Atomkraft. Während Parteichef Friedrich Merz noch im Juni beim BDEW-Kongress erklärt hatte, das Thema Kernenergie sei in Deutschland „entschieden“, fordert die Unionsfraktion nun eine Prüfung, ob „eine Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke unter vertretbarem technischem und finanziellem Aufwand noch möglich ist“. Dass diese positiv ausfällt, ist allerdings wenig wahrscheinlich: Wie das Bundesumweltministerium auf Anfrage von Table.Media mitteilte, hat in allen fünf zuletzt abgeschalteten Druckwasserreaktoren bereits die sogenannte Primärkreiskontamination stattgefunden; dieser Prozess mache „im Regelfall eine Wiederinbetriebnahme praktisch unmöglich“, schreibt das Ministerium auf seiner Webseite.
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CDU will Energiewende preiswerter gestalten
Beim AKW-Neubau bleibt das Papier dagegen eher vage: Man befürworte „Forschung und Entwicklung von Kernkraftwerken der vierten und fünften Generation sowie von SMR (Small Modular Reactors)“ und beteilige sich dazu „an europäischen Partnerschaften und internationalen Initiativen“, heißt es. Ein sehr konkretes – aber nicht unbedingt realistisches – Ziel nennt die Union dagegen bei der Kernfusion: „Der erste an das Netz angeschlossene Fusionsreaktor der Welt soll in Deutschland stehen.“
Eine zentrale Forderung des Papiers ist zudem, die Energiewende preiswerter zu gestalten. „Deswegen müssen für eine Kostenwende jetzt alle zusätzlichen Kosten auf den Prüfstand“, schreiben die Autoren. Konkrete Punkte zur Kostensenkung finden sich aber nur wenige – etwa der Vorschlag, Fernleitungen für Strom in Zukunft in der Regel wieder oberirdisch zu verlegen und den Ausbau der Offshore-Windkraft zu verringern.
Gleichzeitig enthält das Papier aber viele Forderungen, die die Energiewende eher verteuern dürften . So wird die Ampel dafür kritisiert, dass sie „nahezu ausschließlich auf Solar- und Windenergie setzt“, die mit Abstand den billigsten Ökostrom produzieren. Stattdessen fordert die Union eine stärkere Rolle für Biogas, das pro Kilowattstunde ein Vielfaches an Subventionen benötigt . Außerdem soll das Wasserstoff-Kernnetz dichter werden, als von der Bundesnetzagentur derzeit aufgrund der erwarteten Nachfrage geplant, und die garantierte Rendite für die Netzbetreiber soll erhöht werden . Die Teilung des deutschen Stromnetzes in unterschiedliche Preiszonen, die nach Ansicht vieler Experten die Redispatchkosten senken und die Energiewende damit günstiger machen würde, lehnt die Union ab.
„Heizungsgesetz der Ampel zurücknehmen“
Besonders lange gestritten wurde offenbar um den Umgang mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG). In einem Entwurf von Mitte Oktober wurde dieses Thema noch ausgeklammert. Im fertigen Papier findet sich nun die Ankündigung, die Union werde „das Heizungsgesetz der Ampel zurücknehmen“. Ein „Heizungsgesetz“ gibt es offiziell nicht; gemeint ist offenbar die jüngste Novelle des GEG, über die auch die Ampel lange gestritten hatte. Eine Pflicht, dass neue Heizungen ab 2026 beziehungsweise 2028 in der Regel nur noch eingebaut werden dürfen, wenn sie zu 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen, gäbe es dann nicht mehr. Allerdings hatte Parteichef Merz im Sommer gefordert, dass „viel mehr Wärmepumpen“ verbaut werden müssten als derzeit. Um das auch ohne gesetzliche Vorgaben zu erreichen, setzt die Union neben dem steigenden CO₂-Preis auf „verlässliche Förderung“.
Anders als FDP-Chef Christian Lindner, der in seinem Papier gerade angekündigt hat, sämtliche finanzielle Unterstützung für klimafreundliche Technologien stoppen zu wollen, will die Union also – ebenso wie bisher die Regierungskoalition – mit Förderprogrammen den Umstieg auf klimafreundliche Technologien unterstützen. Auch Unternehmen sollen davon weiterhin profitieren können, allerdings „unbürokratisch und marktkonform“.
Ähnlichkeiten zur Politik der Ampel
Auch in anderen Punkten unterscheiden sich die Forderungen der Union weniger von der Politik der Ampel, als die Rhetorik des Papiers nahelegt. So setzt sie ebenso wie das BMWK und anders als die FDP nicht auf eine sofortige Streichung, sondern zunächst auf eine Umgestaltung der EEG-Vergütung . Auch die Senkung von Stromsteuer und Netzentgelten wird von der aktuellen Regierung ebenfalls angestrebt, wobei diese bisher am zusätzlichen Finanzbedarf scheitert. Und an vielen Punkten arbeitet sich die Union an Positionen ab, die die Regierung längst nicht mehr vertritt – etwa ein „Zwang zum Rückbau“ des Gasnetzes oder die ausschließliche Nutzung von grünem Wasserstoff.
Und auch das Ziel, in Deutschland bis zum Jahr 2045 Klimaneutralität zu erreichen, stellt die Union – anders als Lindner – nicht infrage . Man wolle „den falschen Weg“ der Ampel korrigieren, aber „nicht das Klimaziel“, sagte Unions-Vize Andreas Jung Table.Briefings. „Der Klimaschutz bleibt dringlich, er muss aber unbedingt mit einer starken Wirtschaft und mit sozialer Akzeptanz zusammengebracht werden.“
Zur Erhöhung dieser sozialen Akzeptanz hatten die Mittelstandsunion (MIT) und die Klima-Union kürzlich in ähnlichen Papieren die Einführung eines Klimagelds gefordert . Dazu scheint es innerparteilich aber noch Diskussionsbedarf zu geben: Im Papier der Fraktion wird zwar ein „Klimabonus“ erwähnt; damit ist aber nur die Entlastung von Verbrauchern und Unternehmen durch die Senkung der Strompreise gemeint. Ein Klimageld, also die direkte Auszahlung eines Teils der CO₂-Einnahmen, taucht im Papier dagegen nicht auf. Dazu ist nach Informationen von Table.Briefings in den kommenden Wochen ein gesondertes Papier geplant.
Von Malte Kreutzfeldt
Das Original zu diesem Beitrag "Im neuen Klima-Plan der Union steckt mehr Ampel als gedacht" stammt von Table.Media.
