Sorge um Kürzung bei Ukraine-Hilfe - Lindner-Brief löst heftige Diskussion aus
Die Bundesregierung wehrt sich gegen Vorwürfe, Deutschland werde seine Unterstützung für die Ukraine einschränken. Sie hofft aber auch auf eine andere Geldquelle.
Berlin - Die Bundesregierung muss Lücken im Haushalt schließen. Nun sind Befürchtungen laut geworden, Deutschland könnte wegen klammer Kassen seine Unterstützung für die Ukraine einschränken. Hintergrund ist ein Brief von Finanzminister Christian Lindner (FDP) an Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) vom 5. August. Darin hieß es, „neue Maßnahmen“ mit Zahlungsverpflichtungen dürften nur eingegangen werden, wenn in den Haushaltsplänen für dieses und die kommenden Jahre „eine Finanzierung gesichert ist“.
Bezogen wurde der Inhalt auch auf die Ukraine-Hilfe. Das Finanzministerium erklärte dazu am Samstag (17. August), man sei weiterhin zu Gesprächen bereit. Dafür müsse der Bedarf aber konkret und nachvollziehbar angemeldet werden - bisher liege keine Bedarfsmeldung vor, so ein Sprecher. Es wird also erwartet, dass das Verteidigungsministerium den nächsten Schritt macht.
Lindner-Brief löst Diskussion um künftige Ukraine-Hilfe aus: Botschafter erwartet weiterhin Führungsrolle von Deutschland
Doch es war bereits zu spät, der Brief des Finanzministers hat einer breiten Diskussion Tür und Tor geöffnet. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, sagte in der Bild am Sonntag: „Die Sicherheit Europas hängt von der Fähigkeit und dem politischen Willen Deutschlands ab, weiterhin eine Führungsrolle bei der Unterstützung der Ukraine zu spielen.“ Die Ukraine hoffe, dass die Bundesregierung Wege zur Finanzierung der gemeinsamen Sicherheitsbedürfnisse finde werde und „dass der Bundestag sein Machtwort für den Haushalt 2025 stark und klar sprechen wird“.

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann forderte: „Die Ukraine braucht ganz eindeutig auch weiterhin unsere volle Solidarität und Unterstützung. Dafür müssen die nötigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden.“ Die Grünen-Verteidigungsexpertin Sara Nanni kritisierte die Deckelung der Hilfen in den RND-Zeitungen als „unnötig und schädlich“.
Lindner-Brief löst Diskussion um künftige Ukraine-Hilfe aus: Bundespräsident meldet sich zu Wort
Die Union kritisiert den Kurs der Bundesregierung scharf. „Man muss befürchten, dass das Einfrieren der Ukraine-Hilfe großen Teilen der SPD gelegen kommt“, sagte Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) den RND-Zeitungen. „Die Ukraine und hiesige Rüstungsunternehmen brauchen Zuverlässigkeit und Planbarkeit. Bei der Ampel ist das nicht mehr zu haben.“
Ablehnende Worte kommen ebenso von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Deutschland leiste in Europa die größte militärische Hilfe für das von Russland angegriffene Land, sagte Steinmeier im ungarischen Sopron. Die Gründe dafür habe die Bundesregierung immer wieder in der Öffentlichkeit genannt. „Und deshalb erwarte ich auch, dass Deutschland ein großer, europäisch größter Unterstützer der Ukraine bleibt.“
Lindner-Brief löst Diskussion um künftige Ukraine-Hilfe aus: Ökonomin erwartet höhere Folgekosten
Führende Ökonomen kritisierten die Pläne. „Ich bin einigermaßen fassungslos, dass hier offenbar der Koalitionsfrieden auf Kosten der Ukraine und der europäischen Sicherheit gerettet werden soll“, sagte der Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom Montag (19. August). Die Vorsitzende des Sachverständigenrates, Monika Schnitzer, sprach von einem „fatalem Signal“ an Russland. Die Kürzung könne für zu Folgekosten führen, die weitaus höher seien als die jetzt eingesparten Mittel - zum Beispiel durch weitere Ukraine-Flüchtlinge.
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Beruhigende Worte kamen dagegen aus Lindners Partei. Der FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein versprach: „Der Westen und damit auch Deutschland als größter europäischer Zahler werden bei der Unterstützung der Ukraine nicht nachlassen.“ Das wolle man während der Haushaltsberatungen im Auge behalten.
Lindner-Brief löst Diskussion um künftige Ukraine-Hilfe aus: Bundesregierung wehrt sich gegen Kritik
Auch die Bundesregierung wehrt sich gegen Behauptungen, Deutschland werde seine Unterstützung der Ukraine wegen klammer Kassen einschränken. „Deutschland ist weiter absolut engagiert, und es gilt weiter das Wort des Kanzlers, dass die Unterstützung der Ukraine so lange fortgesetzt wird, wie das nötig ist, und dass niemand, vor allem auch nicht der russische Präsident, darauf hoffen kann, dass wir darin nachlassen“, betonte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner in Berlin.
Im laufenden Jahr stellt Deutschland für die militärische Unterstützung der Ukraine knapp 7,5 Milliarden Euro bereit, für 2025 sind es vier Milliarden Euro. Die Mittel können aber, wie bereits 2024 geschehen, im Bundestag noch aufgestockt werden. Außerdem setzt die Bundesregierung darauf, dass die Ukraine künftig stärker mithilfe von Zinsen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen unterstützt werden kann. Doch diese Hilfen sind international noch nicht endgültig auf den Weg gebracht.