Favoriten unter sich: Lara Gut-Behrami wandelt auf Lindsey Vonns Spuren

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Ihre „Lucky-Number“: Lara Gut-Behrami erspielt sich bei der Startnummernauslosung vor der Spielbank die Zahl 12 und gewinnt tags drauf damit den Super-G. © Sehr

Zwei völlig unterschiedliche Geschichten hat das Weltcup-Wochenende in Garmisch-Partenkirchen geschrieben. Eine Athletin fuhr mit ausgekugelter Schulter und einem Superstar war das Rennen egal.

Zwei völlig unterschiedliche Geschichten hat das Weltcup-Wochenende in Garmisch-Partenkirchen geschrieben. Während eine Italienerin die Abfahrt nur deshalb nicht gewann, weil sie den Schlussabschnitt der Kandahar mit einer ausgekugelten Schulter absolvierte, crashte tags darauf eine Schweizerin die italienische Party. Lara Gut-Behrami ist auf der Kandahar die Queen des Super-G, wirklich interessiert sie dies aber nicht.

Eine Hundertstelsekunde Unterschied bringt den Sieg in der Abfahrt

Wütend schaut Sofia Goggia zu ihrer Pressesprecherin. „Vaffanculo“, faucht die Italienerin in ihre Richtung. Erst am Samstagmorgen hatte ihre Mitarbeiterin sie an ihren Makel erinnert: Noch nie hat die Speed-Spezialistin auf der Kandahar triumphiert. Dabei blieb es auch diesmal. Dass sie zum fünften Mal nur auf den zweiten Stockerlplatz fuhr, lag aber nicht an Goggias Unvermögen während der Fahrt. Die 32-Jährige verlor wertvolle Zeit aus medizinischen Gründen: Sie kugelte sich die Schulter in der Hölle aus. „Ich konnte meine Arme nicht mehr nach vorne bewegen“, erklärt sie. Mit Aerodynamik war da nicht mehr viel. „Deshalb hatte ich im Ziel auch meinen Arm unten, bis ich mir die Schulter wieder eingerenkt habe.“ Ein wirkliches Problem sei das für sie während der Fahrt zwar nicht gewesen, aber könnte am Ende eine entscheidende Rolle gespielt haben. Denn Teamkollegin Federica Brignone schob sich um die Winzigkeit von einer Hundertstelsekunde vor Goggia und setzte damit ihren Kandahar-Albtraum fort.

Für die meisten der 4000 Zuschauer eine kaum greifbare Zeit – dauert doch ein Wimpernschlag nur rund 0,15 Sekunden. Die Italienerinnen brachte das nicht aus der Fassung: „Das ist Teil des Spiels“, urteilte Brignone. „Es war ein unglaublich enges Rennen.“ Dass sie das italienische Duell gerade in dieser Disziplin für sich entschied, sieht sie als Bestätigung ihrer harten Arbeit. Jahrelang war Goggia das Maß aller Dinge in ihrem Team gewesen, nun duellieren sie sich nicht nur im Riesenslalom und Super-G, sondern auch in der Abfahrt. „Gerade in den flachen Stücken bin ich geschmeidiger unterwegs. Das zahlt sich aus.“

Yeeeeessss: Federica Brignone bejubelt ihren grandiosen Lauf in der Abfahrt. Am Ende setzt sie sich mit einer Hundertstel Vorsprung gegen Sofia Goggia durch. Ihre italienische Teamkollegin ignoriert während der Fahrt ihre ausgekugelte Schulter.
Yeeeeessss: Federica Brignone bejubelt ihren grandiosen Lauf in der Abfahrt. Am Ende setzt sie sich mit einer Hundertstel Vorsprung gegen Sofia Goggia durch. Ihre italienische Teamkollegin ignoriert während der Fahrt ihre ausgekugelte Schulter. © Sehr

Lindsey Vonn nimmt im Super-G das Tempo heraus

Auch tags darauf im Super-G schien die Azzurro-Party ihre Fortsetzung zu finden. Angeführt von Brignone lagen drei Italienerinnen zwischenzeitlich vorne. Doch dann kam Lara Gut-Behrami. Mit einer nahezu perfekten Linie übernahm die Schweizerin mit 38 Hundertsteln Vorsprung die Führung. Da kam keine Athletin mehr ran. Viele gute Rennen waren ihr in diesem Winter bereits gelungen, aber nie hatte es für den ganz großen Wurf gereicht. „Es ist nicht selbstverständlich. Gut fahren und vorne mitmischen oder gut fahren und gewinnen ist schon ein Unterschied“, sagt sie. Es war ihr erster Super-G-Sieg in diesem Winter und bereits ihr fünfter in Garmisch-Partenkirchen. Mit insgesamt nun sechs Siegen (eine Abfahrt) ist sie die zweiterfolgreichste Skifahrerin auf der Kandahar hinter Lindsey Vonn. Ein Ausrufezeichen, das ihr nur ziemlich egal ist. „Ich habe kein Erfolgsgeheimnis hier. Es ist keine einfache Piste und das liegt mir, wenn es nicht so leicht geht.“

Und was machte die Rekordsiegerin? Fast schon wie einen Publikumslauf ging Vonn am Sonntag das Rennen an, nahm nach ihrem Aus in der Abfahrt an einigen Stellen merklich das Tempo heraus. „Gemütlich ohne Risiko herunterzufahren, das war mein Ziel“, gab die 40-Jährige im Anschluss unumwunden zu. „Ich bin mit 75 Prozent gefahren, das ist alles, was ich brauche. Jetzt habe ich ein paar Punkte mehr und vielleicht einen besseren Startplatz.“ Auch wenn die US-Amerikanerin aktuell nicht mit den Besten mithalten kann, empfindet sie Genugtuung für ihre Leistungen. Ein 13. Platz mit halber Kraft, das schaffen die Wenigsten. „Am Anfang haben alle gedacht, ich habe keine Chance und ich werde es nicht unter die Top 30 schaffen. Ich bin zu alt, und, und, und … Ich habe die Geschwindigkeit, das ist alles, was ich brauche.“

Ich bin mit 75 Prozent gefahren. Das ist alles, was ich brauche.“

Norwegerin: „Hier musst du deinen Instinkten vertrauen“

Für eine kleine Überraschung sorgte Kajsa Vickhoff Lie. Die Norwegerin hatte bei der Startnummernverlosung am Samstagabend noch getönt, dass sie auch mit Nummer 15 „schnell fahren kann“. Tags darauf ließ sie auf der Kandahar Taten folgen. Ausgerechnet dort, wo sie 2021 ihr erstes Weltcup-Podium einfuhr. „Ich mag die Kandahar sehr“, sagt die 26-Jährige. „Du musst hier deinen Instinkten vertrauen. Mit regnerischen und salzigen Bedingungen komme ich am besten klar. Das habe ich als kleines Kind schon gemacht.“ Noch so eine Story an diesem Wochenende.

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