Heftiger Protest in Seeshaupt: Gemeinderat lehnte Flüchtlingsunterkunft im Wohngebiet ab
Heftiger Protest in Seeshaupt: Gemeinderat gegen Flüchtlingsunterkunft im Wohngebiet
In Seeshaupt sorgt die geplante Notunterkunft für 100 Flüchtlinge inmitten eines Wohngebiets für heftige Diskussionen. Anwohner und Gemeinderat kritisieren die Standortwahl und warnen vor Überlastung der Gemeinde.
Seeshaupt – Mitten in einem Wohngebiet am Ortseingang von Weilheim kommend und in unmittelbarer Nähe zur Jet-Tankstelle wird das Landratsamt auf einer 8.400 Quadratmeter großen Wiese im Besitz des Freistaats eine Thermohalle als Notunterkunft für bis zu 100 Flüchtlingen bereitstellen. Was nicht nur von den direkt betroffenen Anwohnern, sondern auch von einem Großteil der Seeshaupter aufs Schärfste missbilligt wird.
Wobei die Mitglieder des Gemeinderats aber klar feststellten, dass sie absolut Verständnis für die Notwendigkeit der Flüchtlingsunterbringung hätten. Aber eben nicht in dieser Größenordnung und nicht inmitten einer gewachsenen Wohnbebauung mit einem angrenzenden Kindergarten. Wegen ihres Vetos wollen sie keinesfalls in die „rechte Ecke“ gestellt werden. Im Übrigen fand man den Zeitpunkt der Bekanntgabe so kurz vor der Bundestagswahl und die daraus resultierenden Diskussionen äußerst unglücklich, da man damit den Rechtspopulisten geradezu in die Karten spiele. Vielleicht stimmten die Gemeinderäte deshalb gleich zu Beginn der Sitzung mehrheitlich für ein Film- und Fotografierverbot der zahlreich anwesenden Medienvertreter.
Belastung der sozialen Strukturen und Auswirkungen auf den Tourismus befürchtet
Überbringer der für die Gemeinde schwer zu akzeptierenden Planungen nach dem neuesten Stand waren Helmut Hartl und Bernhard Pössinger vom Sachgebiet „Asylleistung und Integration“ im Landratsamt. Sie kannten das kritische Gremium bereits vom missglückten Versuch im letzten Oktober, auf einem Filetgrundstück an der Sankt-Heinricher-Straße nahe des Starnberger Sees eine Asylbewerberunterkunft zu errichten. Das Projekt wurde damals wegen der hohen Kosten für die Sanierung des kontaminierten Bodens aufgegeben.
Jetzt gibt es einen neuen Anlauf des Landratsamtes, Seeshaupt bei der Flüchtlingsunterbringung stärker einzubinden. Auf dem Grundstück der Bayerischen Staatsforsten ist zunächst die Notunterkunft in einer Thermohalle für bis zu einhundert Personen geplant. Anstatt der ursprünglich angedachten zusätzlichen Container für ca. fünfzig Flüchtlinge wolle man ein festes und nachhaltiges Gebäude als Dauereinrichtung erstellen, allerdings erst nach dem Abbau der Thermohalle. Diese Planänderung war selbst für Bürgermeister Fritz Egold neu, der jetzt umgehend „was verbindlich Schriftliches“ vom Landratsamt forderte.
Seeshaupter gegen Flüchtlingsheim im Wohngebiet
Laut Helmut Hartl und Bernhard Pössinger sei die Aufstellung einer Thermohalle wohl effektiver als die Beschlagnahme der Mehrzweckhalle, was im Notfall juristisch durchsetzbar sei. Thermohallen als vorübergehende Unterkunft hätten sich im Landkreis bereits in Penzberg, Wessobrunn, Antdorf, Wildsteig oder Eglfing bewährt. Alleinstehende und Familien mit Kindern und sogar Haustieren würden hier untergebracht, bis eine adäquate Wohnmöglichkeit auch in anderen Gemeinden gefunden oder der Aufenthaltsstatus geklärt wird. In Seeshaupt rechne man mit einem Bewohnerwechsel alle acht Wochen und einer Standdauer der Halle von zwei bis drei Jahren. Anstatt Catering werden sich die Bewohner in einer Küchenhalle selbst versorgen.
Eine Integration der Flüchtlinge in nur zwei Monaten sei kaum möglich, hieß es aus dem Gremium. Zum einen sei vom Helferkreis zu Beginn der Flüchtlingswelle nur noch eine Person übrig geblieben. Zum anderen fehle es den Flüchtlingen sicher an der Motivation, da sie nicht wissen, wo sie letztendlich landen werden.
Heftiger Protest in Seeshaupt: Gemeinderat gegen Flüchtlingsunterkunft
In einem Brandbrief an Ministerpräsident Markus Söder und andere Spitzenpolitiker hat eine Bürgerinitiative darauf hingewiesen, dass Seeshaupt nur begrenzte Ressourcen in den Bereichen Wohnraum, medizinische Versorgung und soziale Betreuung habe. Eine größere Anzahl zu den bereits hier lebenden 39 Flüchtlingen und 20 Ukrainern würde die Kapazitäten überfordern und zu Spannungen innerhalb der Gemeinde führen. Außerdem habe das Auswirkungen auf das Ortsbild und dem für Seeshaupt lebenswichtigen Tourismus. Schließlich werfe die unmittelbare Nähe der Thermohalle zu einem Kindergarten Fragen zur Sicherheit, Lärmbelästigung und möglichen Einschränkungen im Alltag der Kinder und Erzieher auf.