200.000 Euro pro Tag für nichts: Irre Steuergelder für „totes“ LNG-Terminal in Deutschland

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Nach den Notfallplänen der Bundesregierung entstanden milliardenschwere LNG-Terminals. Die verschlingen mehr Ressourcen, als sie bringen. Exemplarisch für das Kostengrab ist Stade.

Stade/Berlin – Das Flüssigerdgas-Terminal in Stade an der Elbe sollte ein weiterer Baustein zur Sicherung der deutschen Energieversorgung werden. Nun steht das schwimmende LNG-Terminal offenbar vor dem endgültigen Aus.

Nach Angaben der staatlichen Betreiberfirma Deutsche Energy Terminal (DET) fehle es an einer „aussichtsreichen Grundlage für eine erfolgreiche Fertigstellung“. Vorwürfe richten sich gegen das Unternehmen Hanseatic Energy Hub (HEH), das mit dem Bau der Infrastruktur zwischen Cuxhaven und Hamburg beauftragt wurde.

LNG-Terminal in Stade ein „Projekt, das sich niemand leisten kann“

Die DET beklagt, die HEH habe vertragliche Pflichten nicht erfüllt, darunter den Nachweis über technische Anlagen, die zum Anlegen des Terminalschiffs „Energos Force“ erforderlich sind. Das Schiff steht seit März 2024 bereit, doch konnte mangels Anschlussmöglichkeiten der erforderliche Testbetrieb nicht starten. Deshalb kündigte die DET die Verträge im Januar – eine Entscheidung, die die HEH als „völlig unbegründet“ zurückweist – und kurz darauf wegen „fehlendem Vertrauensverlust“ selbst die Kündigung in die Wege leitete.

Während DET und HEH sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben, betont Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) die Bedeutung für die Bundesrepublik. „Ein weiteres Verzögern oder gar ein Scheitern dieses wichtigen Projekts kann und darf sich niemand leisten“, zitiert Agence France-Press (AFP) den Sozialdemokrat. Dem 57-Jährigen zufolge gehe es „nicht nur um ein einzelnes Projekt, sondern um die Versorgungssicherheit Deutschlands“.

Die Bundesregierung hat mit aller Macht die Umstellung auf LNG-Gas vorangetrieben. Das rächt sich nun in finanzieller Hinsicht
Die Bundesregierung hat mit aller Macht die Umstellung auf LNG-Gas vorangetrieben. Das rächt sich nun in finanzieller Hinsicht. © CTK Photo/Imaga

Doch die Chancen für eine schnelle Lösung stehen schlecht, schildert die Nachrichtenagentur mit Verweis auf Gespräche zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und den beteiligten Unternehmen.

Flüssiggasterminal in Stade: Größenwahn von Gaslobby und Bundesregierung?

Denn einerseits ist das LNG-Terminal zu einer Kostenfalle mutiert, außerdem scheint die Dringlichkeit bei weitem nicht so hoch, wie es im Zuge der für die Wirtschaft fatalen Loslösung von russischer Energie erforderlich schien: Laut der Deutschen Umwelthilfe (DUH) belastet das ungenutzte Terminal den Staatshaushalt mit täglich rund 200.000 Euro – ein Betrag, der jedoch noch nicht offiziell bestätigt wurde. Ursache sind langfristige Charterverträge für ein LNG-Spezialschiff, die über zehn Jahre laufen.

„In Stade zeigt sich sinnbildlich, wie das einstige – und damals durchaus zu rechtfertigende – Notfallprogramm gegen den russischen Angriffskrieg aufgrund des Größenwahns der Gaslobby und der noch amtierenden Bundesregierung aus dem Ruder gelaufen ist“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

LNG-Terminal in Stade nach Ansicht von DIW-Expertin nutzlos

Dabei ist nicht nur der finanzielle Aufwand beträchtlich, die generelle Notwendigkeit des LNG-Terminals fraglich: Die Wirtschaftsexpertin Franziska Holz vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hält das Projekt für überflüssig: „Ich gehe davon aus, dass die DET nicht ernsthaft eine Inbetriebnahme plant. Sie guckt, wie sie aus dem Chartervertrag wieder rauskommt“, erklärte Holz dem NDR.

Der Grund: Deutschland hat derzeit ausreichend Gasimporte. Das zeige sich ihr zufolge auch daran, dass bestehende LNG-Anlagen wie das Terminal auf Rügen nur selten genutzt werden. Ähnliches gilt für das Terminal in Wilhelmshaven, das ebenfalls oft mit freien Kapazitäten arbeitet.

Schwimmende LNG-Terminals in Stade ein Projekt ohne Zukunft?

Während die Probleme des schwimmenden LNG-Terminals aktuell ungelöst bleiben, laufen die Planungen für ein festes Landterminal in Stade weiter: Dieses soll laut Hanseatic Energy Hub ab 2027 auch CO₂-neutrale Energieträger wie Ammoniak umschlagen. Nach Ansicht von DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner sollten die Projekte für feste Importterminals für LNG in Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Stade jedoch gestoppt werden.

Ökologische und auch finanzielle Gründe sprechen dagegen: „Das schwimmende LNG-Terminal in Stade ist gescheitert. Damit wurde von Bund und dem Land Niedersachsen ein dreistelliger Millionenbetrag in den Sand gesetzt.“ Dabei könnte LNG-Gas, das durch Fracking in Übersee erzeugt und über die Ozeane verschifft wird, sogar umweltschädlicher als Kohle sein. (PF)

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