Große Deutschlandkarte zu Weihnachten: Hier leiden die Menschen unter Armut

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Weihnachtsgeschenke sind nicht selbstverständlich. Unsere interaktive Karte illustriert die Armutsgefährdung nach Regionen. Und zeigt dabei eine Überraschung.

Wer an Weihnachten denkt, hat einen Tannenbaum vor Augen – geschmückt mit Lichtern, roten und goldenen Kugeln. Darunter stapeln sich die Geschenke, der Gänsebraten steht auf dem Tisch.

Für viele Menschen ist dies nichts anderes als ein Traum. Denn: Immer mehr Deutsche sind von Armut gefährdet. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamts hervor, wonach es gerade im Jahr 2022 durch die Inflation einen starken Anstieg gab. Armutsgefährdet ist, wer weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Haushaltseinkommens zur Verfügung hat, das wird je nach Region angepasst, denn die Lebenshaltungskosten sind in München höher als zum Beispiel in Nordthüringen. In der bayerischen Landeshauptstadt gilt ein Paar mit zwei Kindern mit einem Nettoeinkommen von unter 3120 Euro als gefährdet, in Nordthüringen liegt die Schwelle bei 2210 Euro. Auf der interaktiven Karte wird der Anteil der Menschen gezeigt, die von Armutsgefährdung betroffen sind und wie die Schwelle zur Armut regional angesetzt ist.

In München gilt man als Single mit 1490 Euro als armutsgefährdet

In München ist das Leben am teuersten. Nirgendwo anders gilt ein Single-Haushalt bereits mit weniger als 1490 Euro verfügbarem Geld als armutsgefährdet. Auch die Regionen Stuttgart und Ingolstadt stechen hervor. Dort liegt die Grenze bei 1310 Euro liegt. In der bayrischen Landeshauptstadt sind gut 16 Prozent von Armut betroffen, in Stuttgart ebenfalls und in Ingolstadt 15 Prozent. Das sind mit die höchsten Quoten in Deutschland.

Aber am meisten Menschen, nämlich jeder Fünfte, ist in Düsseldorf von Armut betroffen. Ausgerechnet dort, wo die meisten Millionäre leben. Die Lebenshaltungskosten sind also in der Rheinmetropole so hoch, dass sie Einkommen, die an anderen Orten locker ausreichen, stark minimieren. Dagegen fällt der Anteil der armutsgefährdeten Menschen in den Regionen Oberlausitz-Niederschlesien (10,8 Prozent), Südsachsen (11,0 Prozent) und Südthüringen (11,1 Prozent) am niedrigsten aus. Hier sind die Lebenshaltungskosten niedrig.

Kino, Theater und Zirkus sind kaum machbar

Was aber bedeutet es, von Armut gefährdet zu sein? Dr. Markus Grabka vom DIW unterscheidet zwischen Armutsgefährdung und strenger Armut. Der Forscher schätzt, dass in Deutschland eine niedrige sechsstellige Anzahl an Menschen in wirklicher Armut lebt, das heißt mit weniger als 40 Prozent des mittleren Einkommens auskommen muss. „Das darf nicht verwechselt werden, in diesen Fällen wird selbst die Miete zum Problem.“ Aber auch die Armutsgefährdung wirke sich bereits auf Wohnen, Gesundheit und Ernährung aus. Grabka weiter: „Es ist dann häufig nicht mehr möglich, ins Kino, Theater oder in den Weihnachtszirkus zu gehen.“ Die Teilhabe an der Gesellschaft werde dadurch erschwert. Verabredungen in Cafés oder Lokale werden gemieden. Mit Blick auf Weihnachten sagt Grabka, dass beispielsweise auch „ein leckeres Essen dann natürlich nicht drin ist“.  

Mit bis zu zwei Millionen regelmäßigen Kunden versorgen die Tafeln größtenteils Menschen, die als armutsgefährdet gelten. Pascal Kutzner ist Sprecher der Tafel Deutschland und berichtet, dass immer mehr Berufstätige zur Essensausgabe kommen. Menschen, denen man es nicht ansieht, dass ihr Geld kaum für das Essen reicht. Es ist ein Indiz dafür, dass das Leben immer teurer wird. „Generell merken wir, dass mehr Familien mit Kindern zu den Tafeln kommen“, sagt Kutzner, „und gerade rund um Weihnachten sind die Zusatzangebote einiger Tafeln wie Kaffeetische für Senioren nachgefragt“. An den Kaffeetisch lädt die Tafel ihre Kunden ein, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Viele Menschen sehnen sich danach. Kutzner weiß: „Armut macht einsam.“  

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