Die Peißenberger müssen künftig bei den Wassergebühren deutlich tiefer in die Tasche greifen. Falls die Bürgerversammlung am Dienstagabend ein Stimmungsbarometer gewesen sein sollte, hält sich „Volkes Zorn“ aber offenbar in Grenzen.
Peißenberg – Stefan Ziegler, der Vorstand der Peißenberger Gemeindewerke, übte sich in der Bürgerversammlung vor rund 90 Besuchern (darunter viele Mitarbeiter der Rathausverwaltung, der Werke sowie Gemeinderäte) in Ironie: Er habe die „schöne Aufgabe“ die Gebührenerhöhungen in der Wasser- und Abwassersparte zu erklären, konstatierte der Chef des Kommunalunternehmens (KU). Aufgrund einer massiven Unterdeckung in der ablaufenden Kalkulationsperiode wird der Wasserpreis ab dem kommenden Jahr um 64 Prozent auf 3,69 Euro pro Kubikmeter (plus Grundgebühranhebung) steigen. Das Ausmaß des Defizits, so argumentierte Ziegler, sei die vergangenen vier Jahre nicht erkennbar gewesen.
Eine Darstellung, die Klaus Geldsetzer nicht gelten ließ: „Da muss ich krass widersprechen“, meldete sich der Ex-SPD-Gemeinderat in der Versammlung zu Wort. Er sei früher selbst im KU-Verwaltungsrat gesessen. Regelmäßig seien im Gremium die Jahresabschlüsse vorgelegt worden. „Die Abweichungen hätte man erkennen und die Bevölkerung zumindest informieren müssen“, kritisierte Geldsetzer. Bürgermeister und KU-Verwaltungsratsvorsitzender Frank Zellner (CSU) erklärte, dass zuletzt vom zeitlichen Ablauf her keine standardmäßigen Jahresabschlüsse vorgelegen hätten - respektive zu einem späteren Zeitpunkt.
Bürgerversammlung als Wahlkampfarena?
Es war die letzte Bürgerversammlung vor der Kommunalwahl. Ganz ohne Wahlkampf ging die knapp zwei Stunden dauernde Veranstaltung nicht über die Bühne. Susanne Seeling, die auf der Grünen-Liste auf Platz eins für den Gemeinderat kandidiert und Grünen-Ortssprecherin Anna Maletz (Listenplatz 5) nutzten die Plattform, um Rathauschef Frank Zellner zu befragen, welche Visionen er für Peißenberg hat und wie er unter anderem das Thema „Klimaschutz“ weiter bearbeiten möchte. Schließlich werde er mangels Gegenkandidaten wohl auch der künftige Bürgermeister sein.
Man müsse sich finanziell so aufstellen, antwortete Zellner vorsichtig, dass man zunächst einmal den Ist-Zustand erhalten könne. Die monetären Spielräume seien nicht groß. Peißenberg solle ein Ort zum Wohnen, aber auch zum Arbeiten sein. Das Angebot an ausreichend guten Arbeitsplätzen vor Ort sei wichtig. „Wenn wir dort stabil bleiben, haben wir schon viel erreicht.“ Ex-Gemeinderätin Petra Bauer (Bürgervereinigung) wollte von Zellner schließlich wissen, welche Strategien er entwickeln würde, um die demokratischen Parteien im Kampf gegen die AfD zu vereinen, falls selbige in Fraktionsstärke in den Gemeinderat einziehen würde. Ziel muss es laut Zellner sein, das Lager der Rechtspopulisten zur Kommunalwahl kleinzuhalten. „Ich setze mich für einen breiten Konsens aus der Mitte heraus ein. Dafür werde ich arbeiten“, so Zellner.
Zuvor hatte Zellner einen halbstündigen Rechenschaftsbericht zum gemeindlichen Geschehen abgeliefert – und dabei nur unwesentlich länger gesprochen als Kommandant Philipp Reichhart über die Feuerwehr („Wir haben inzwischen viele Anfragen von Quereinsteigern“). Der Rathauschef blickte auf die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik zurück („Ein Projekt, das mir persönlich sehr viel Spaß gemacht hat“) und auf die Sanierung der Sonnenstraße: „Das Ergebnis kann sich sehen lassen.“
Zellner kündigte im Vorgriff auf die Gestaltung einer neuen Zuwegung zur Alten Bergehalde baldige Abholzarbeiten an der Nordseite des ehemaligen Abraumhügels an und verwies auf eine Bürgerbefragung, die von der Rathausverwaltung aufgeteilt in vier Themenblöcken gestartet wurde. Damit solle mehr Transparenz in die Gemeindepolitik einziehen. Neues konnte Zellner über das Dauerprojekt „Hochwasserschutz“ verkünden. Demnach würde inzwischen der Planfeststellungsbeschluss für Maßnahmen im Abschnitt „Peißenberg-Nord“ und damit die Baugenehmigung für den Gewässerausbau am Wörthersbach entlang der Bachstraße und für das Umleitungsgerinne an der Iblherstraße vorliegen. „Ich hoffe, dass wir auch Bestandskraft erreichen“, erklärte Zellner: „Es wäre nicht schön, wenn wir eine gerichtliche Auseinandersetzung bekommen würden.“
Der Hochwasserschutz sollte in der Fragerunde auch das Thema von Michael Bernhard sein – und zwar in Bezug auf die Gewässerausbauten am Stadelbach in der Schachtstraße. Bernhard zog in Zweifel, dass mit den Maßnahmen tatsächlich der Schutz vor einem 100-jährigen Hochwasserereignis (HQ 100) verbunden sei. Bernhards Vorwurf: Es sei abweichend von der Planfeststellung gebaut worden. Das dementierte der Bürgermeister nicht direkt. Laut Zellner sind die Planungen geändert worden – auch im Hinblick auf die tatsächliche Aufnahmekapazität des neuen Regenrückhaltebeckens westlich der ehemaligen BHS-Stahlbauhalle. Nun würden Nachberechnungen angestellt. Bernhard gab sich mit Zellners Ausführungen nicht zufrieden: „Wollen Sie damit sagen, dass Sie planabweichend gebaut haben, ohne zu wissen, dass es funktioniert? Nach dem Motto `Vielleicht klappt´s `.“ Zellners Antwort: „Wichtig ist, dass gebaut wird.“
Ähnliche Aktion war erfolgreich
Rudolf Fischer wiederum forderte Maßnahmen zur Springkrautbeseitigung: „Das breitet sich wie die Pest aus – vor allem am Lausanger-Weg.“ Das Springkraut verdränge einheimische Pflanzenarten. Mit einem „Springkraut-Ramadama“ könne man den Bestand erheblich reduzieren. In Percha sei eine ähnliche Beseitigungsaktion jedenfalls erfolgreich gewesen. Gefragt wurde Zellner unter anderem noch, welche Anstrengungen die Gemeinde bezüglich der Integration von Ukraine-Flüchtlingen unternimmt, die im ehemaligen Krankenhaus-Gebäude einquartiert sind. Zellner betonte, dass man von Seiten der Kommune natürlich Unterstützung leisten würde, aber es sei primär keine Aufgabe der Gemeinde, sich um die Thematik zu kümmern. Die Zuständigkeiten sollten dort bleiben, wo sie organisatorisch angesiedelt seien – nämlich beim Landratsamt, so Zellner.