Verheerende Folgen der Klimakrise - Weltweit verzweifeln hunderte Klimaforscher - aber zwei Dinge machen ihnen Hoffnung

Alle 843 befragten Forscher sind Mitglieder des IPCC, der UN-Organisation, die für ihre detaillierten Klimawandelberichte bekannt ist. Diese Berichte gelten als maßgebliche Informationsquelle und oft als Richtlinie für die Gestaltung der internationalen Klimapolitik, vielleicht sogar als Goldstandard. Und die Befragung jener sachkundigsten Experten und Expertinnen offenbart eine tiefe Besorgnis. 

Etwa 380 Expertinnen und Experten beantworteten die Anfrage des „Guardian“ und machten deutlich, dass sie weitreichende Veränderungen des Klimas vorhersehen. So glauben 77 Prozent der Befragten an einen Temperaturanstieg von mindestens 2,5 Grad Celsius, während fast die Hälfte sogar einen Anstieg von 3 Grad Celsius oder mehr erwartet. Nur 6 Prozent zeigen sich optimistisch, dass das 1,5-Grad-Ziel eingehalten werden kann. 

Halb-dystopische Zukunft - geprägt von Hungersnöten, Konflikten und einer massiven Migration

Mit der derzeitigen weltweiten Klimapolitik befindet sich die Menschheit auf einem 2,7-Grad-Pfad. Viele Forscher prognostizieren eine „halb-dystopische“ Zukunft, geprägt von Hungersnöten, Konflikten und einer massiven Migration, die durch ungewöhnlich intensive und häufige Hitzewellen, Waldbrände, Überschwemmungen und Stürme ausgelöst wird. Trotz klarer wissenschaftlicher Erkenntnisse fühlen sich viele Experten verzweifelt, wütend und ängstlich, da Regierungen nicht angemessen handeln.

Gretta Pecl von der University of Tasmania sagte: „Ich bin der Überzeugung, dass wir in den kommenden fünf Jahren erhebliche soziale Umwälzungen erleben werden. Die Behörden werden mit einer Kette von Extrem-Ereignissen konfrontiert sein, die Nahrungsmittelproduktion wird zusammenbrechen. Ich kann mir kaum eine düsterere Zukunft vorstellen.“

Nur zwei Dinge machen Hoffnung: Technologische Lösungen und die nächste Generation

Fast drei Viertel der Klimawissenschaftler nennen einen Mangel an politischem Willen als Hauptgrund für das Scheitern bei dem Klimaschutz. Zusätzlich wird der Einfluss von Lobbygruppen, insbesondere der fossilen Brennstoffindustrie, als Hindernis für effektive Klimaschutzmaßnahmen genannt. In diesem Kontext stehen auch die fortbestehende Ungleichheit und das fehlende Bewusstsein für die dramatischen Auswirkungen des Klimawandels in den am härtesten betroffenen, ärmeren Regionen der Welt. „Wir leben in einem Zeitalter der Narren“, so die bittere Einschätzung eines südafrikanischen Forschers.

Trotz der pessimistischen Aussichten betonen einige Experten, dass die technischen Mittel, um die Erderwärmung noch zu begrenzen, bereits vorhanden sind. „Ich bin davon überzeugt, dass wir alle Lösungen haben, die wir für einen 1,5°C-Pfad brauchen, und dass wir sie in den kommenden 20 Jahren umsetzen werden“, so Henry Neufeldt vom Klimazentrum der Vereinten Nationen in Kopenhagen optimistisch. Der Schlüssel liegt in einer raschen Umsetzung dieser Maßnahmen, wobei er befürchtet, dass diese zu spät kommen könnten und einige Kipppunkte bis dahin überschritten würden. 

Doch nicht nur die technischen Lösungen bereiten den Forschern und Forscherinnen des IPCC Hoffnung. Die deutsche Klimaforscherin Lisa Schipper von der Universität Bonn sagte dem Guardian: “Meine einzige Hoffnung ist die Tatsache, dass ich als Pädagogin sehe, dass die nächste Generation so klug ist und die Politik versteht." 

„Wir leben in einem Zeitalter der Narren“

Deshalb fordern Experten massive Vorbereitungen, um die Menschen vor den schlimmsten Auswirkungen zu schützen. Die Einführung klimafreundlicher Technologien, wie erneuerbare Energien und Elektroautos, könnte ein Lichtblick sein, ebenso wie die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der globalen Solidarität.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler appellieren eindringlich an die Weltgemeinschaft, schnell und entschlossen zu handeln. Klimaschutz sei nicht nur eine Frage der Technologie, sondern auch der politischen Priorität und des sozialen Zusammenhalts. Der Kampf gegen den Klimawandel muss weitergehen. Jede Maßnahme, die das Ausmaß der Erwärmung auch nur geringfügig reduziere, könne menschliches Leid verringern und wertvolle Zeit gewinnen, um Lösungen umzusetzen und Kipppunkte im Klimasystem zu vermeiden, die zu irreversiblen Veränderungen führen würden.