Spar-Haushalt der Ampel laut Gutachten „rechtswidrig“ – vor allem wegen Griff in die Sozialkasse

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Die Ampel-Regierung könnte erneut mit einer Verfassungsklage konfrontiert werden. Ihre Sparpläne, insbesondere im Sozialwesen, stehen auf rechtlich wackeligen Füßen.

Berlin – Könnte die Ampel-Koalition erneut mit einer Verfassungsklage in Bezug auf ihren Haushalt konfrontiert werden? Fachleute prognostizieren bereits Schwierigkeiten mit den Sparplänen der Regierung. Im Fokus stehen insbesondere die Einsparungen im Sozialbereich: Die Rückforderung der Bundeszuschüsse an die Bundesagentur für Arbeit (BA), die Reduzierung der Renten-Zuschüsse und das Ausbleiben von Zuschüssen für die gesetzlichen Krankenkassen.

Rechtsgutachten: Haushalt steht auf „rechtlich wackeligen Füßen“

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat in einer Stellungnahme an die Bundesregierung ein Rechtsgutachten zitiert, das die Pläne als rechtswidrig bewertet. Der Haushalt der Ampel für 2024 stehe auf „rechtlich mehr als wackeligen Füßen“.

Die Ampel-Koalition plant bis 2027 insgesamt 5,2 Milliarden Euro aus der Arbeitslosenversicherung als Sparbetrag zu entnehmen. Anstatt direkt bei der Bundesagentur für Arbeit zu kürzen, beabsichtigt die Regierung, Geld aus den Rücklagen der BA zu entnehmen - oder genauer gesagt, sie möchte die Zuschüsse, die im Rahmen der Corona-Pandemie zur Auszahlung von Kurzarbeitergeld gewährt wurden, zurückfordern. Der Zuschuss soll also kein Zuschuss mehr sein, sondern nun ein Darlehen.

Dieses Geld steht der Regierung jedoch eigentlich nicht zu. Es handelt sich schließlich um die Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zur Arbeitslosenversicherung - nicht zur Deckung eines Finanzdefizits der Ampel-Koalition. Die BDA teilt diese Ansicht und schreibt in ihrer Stellungnahme: „Die 5,2 Mrd. Euro sind Beitragsmittel, die von den Beitragszahlenden aufgebracht wurden bzw. werden. Beitragsmittel sind streng zweckgebunden und dürfen nicht zur Finanzierung des allgemeinen Staatshaushalts verwendet werden. Hier ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sehr klar. Insofern stehen wesentliche Regelungen zur Entlastung des Bundeshaushalts auf rechtlich mehr als wackeligen Füßen.“ Dies sei „das Gegenteil von rechtsstaatlich verlässlichem Regierungshandeln“.

Kürzungen in der Rentenkasse - es hagelt Kritik

Die BDA kritisiert weiterhin die Entscheidung der Ampel, den Rentenzuschuss weiter zu reduzieren, um jährlich zusätzliche 600 Millionen Euro. Auch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hat diese Entscheidung öffentlich kritisiert. „Mit der Entscheidung entsteht auch kein wirklicher Spareffekt, denn an den Ausgaben der Rentenversicherung ändert sich nichts. Die Rücklage der Rentenversicherung ist derzeit noch gut gefüllt, weil seit längerem höhere Beiträge gezahlt werden als erforderlich. Die Beitragszahler haben so einen Puffer für die anstehenden demografischen Herausforderungen geschaffen“, so die DRV.

Die Ampel-Koaltion hat einen Haushalts-Kompromiss erreicht. Die Bürger müssen dafür mehr bezahlen.
Die Ampel-Koaltion hat einen Haushalts-Kompromiss erreicht. Die Bürger müssen dafür mehr bezahlen. © IMAGO / Bihlmayerfotografie/dts/Montage:MM

Die Arbeitgeberverbände bezeichnen das Vorgehen der Regierung als „das Gegenteil einer durchdachten Sozialpolitik“. Wie die DRV befürchten auch die Arbeitgeber, dass dadurch früher höhere Beiträge gezahlt werden müssen. Es wird also auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger gespart. Gleichzeitig gibt es Steuererhöhungen, wie den höheren CO₂-Preis, der nicht durch das im Koalitionsvertrag versprochene Klimageld ausgeglichen wird.

Im Sozialbereich geht es noch weiter: Die gesetzlichen Krankenkassen müssen sich darauf vorbereiten, dass der Bund kein Geld bereitstellen wird, um mögliche Finanzierungslücken zu schließen. 2024 rechnen sie mit einem Minus von 3,4 Milliarden Euro - in der Vergangenheit hat der Bund solche Lücken mit Zuschüssen ausgeglichen. Dies wird nun nicht mehr geschehen, sodass die Kassen gezwungen sein werden, ihre Beiträge weiter zu erhöhen.

Union droht mit weiterer Verfassungsklage gegen Haushalt 2024

Die Union bereitet sich bereits auf eine neue Verfassungsklage vor. „Der Finanzminister legt mit dem Entwurf des Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 erneut einen verfassungsrechtlich höchst problematischen Haushaltsvorschlag vor“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Mathias Middelberg (CDU) am Donnerstag (11. Januar) den RND-Zeitungen. Es sei fraglich, „ob die Rückforderung von Zuschüssen an die Bundesagentur für Arbeit rechtlich möglich ist und ob diese Mittel in der geplanten Weise zweckwidrig verwendet werden dürfen“.

Middelberg betonte: „Sollte dieser Sachverhalt nicht angemessen erklärt beziehungsweise berichtigt werden, müssen wir eine Klage gegen den Haushalt erwägen.“

Am 11. Januar fand die erste Anhörung im Haushaltsausschuss zum neuen Bundeshaushalt statt. Laut BDA waren weder Sozialversicherungen noch Sozialpartner eingeladen, „obwohl wesentliche Einsparungen zu Lasten der Sozialversicherung und damit der beitragszahlenden Arbeitgeber und Beschäftigten erfolgen sollen und die Rechte der sozialen Selbstverwaltung durch diese finanziellen Eingriffe berührt werden.“. Dies zeige nach Ansicht der Arbeitgeber die „Abgehobenheit“ der Bundesregierung, die anscheinend kein Interesse an den Folgen ihrer Entscheidungen habe, so die Stellungnahme der BDA.

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