Erste Details zur Bürgergeld-Reform: Empfänger erwartet mehr Härte
Das Ende des Bürgergelds zeichnet sich ab. Die CDU kann sich mit vielen Forderungen durchsetzen. Empfänger müssen mit harten Sanktionen rechnen.
Berlin – Sollte es zur neuen Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD kommen, müssen sich Bürgergeld-Empfänger auf deutlich höhere Anforderungen und stärkere Sanktionen einstellen. Denn nach dem aktuellen Stand der Koalitionsverhandlungen kann sich die Union mit ihren Forderungen nach der neuen Grundsicherung durchsetzen – und zwar über die Abkehr vom Namen Bürgergeld hinaus. In der neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende soll das „Fordern“ stärker betont werden.
Härtere Sanktionen für Bürgergeld-Empfänger: Erste Einigung von CDU und SPD bekannt
Union und SPD haben sich in den Verhandlungen der Arbeitsgruppe „Arbeit und Soziales“ auf Verschärfungen geeinigt. Das geht aus dem Ergebnispapier der Gespräche hervor, das IPPEN.MEDIA vorliegt. Es enthält auch die Totalsanktionen, also die vollständige Streichung des Regelsatzes, wenn Erwerbslose mehrfach Jobangebote ablehnen. „Bei Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen“, lautet die Formulierung. Damit bestätigen die Verhandler die Inhalte des Sondierungspapiers.

Sanktionen „müssen“ laut der Arbeitsgruppe „schneller, einfacher und unbürokratischer durchgesetzt werden können“. Die „besondere Situation von Menschen mit psychischen Erkrankungen sollen jedoch berücksichtigt werden“.
Bei Bürgergeld-Streichung soll Rechtsprechung des Verfassungsgericht berücksichtigt werden
Beim „vollständigen Leistungsentzug“ gibt es jedoch eine Einschränkung. „Für die Verschärfung von Sanktionen werden wir die Rechtsprechung es Bundesverfassungsgerichts beachten“, lautet die Einigung. Die Richter hatten 2019 Sanktionen über 30 Prozent als unvereinbar mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum eingestuft. In der Folge sind sowohl die Anzahl als auch die Härte der Sanktionen zurückgegangen.
Union und SPD planen, die Regelungen der Ampel-Koalition vom März 2024 zu verschärfen. Unter der Leitung von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil hatte die Regierung die Möglichkeit geschaffen, den Bürgergeld-Regelsatz für zwei Monate vollständig zu streichen, wenn Erwerbslose innerhalb eines Jahres zwei Jobangebote ablehnen. Miete und Heizkosten werden jedoch weiterhin übernommen. Der „vollständige Leistungsentzug“ geht einen Schritt weiter.
Definition von „Arbeitsverweigerern“ in der Grundsicherung unklar – und Hindernis bei Sanktionen
Die Definition von „Arbeitsverweigerung“ bleibt jedoch unklar. Die Formulierung im Papier der Arbeitsgruppe, die die Bild zitiert, bietet viel Interpretationsspielraum. Bereits bei den bisherigen Möglichkeiten, das Bürgergeld zu streichen, sind die Hürden laut Jobcentern hoch. Wenn ein Unternehmen ein Arbeitsangebot zurückzieht, entfällt beispielsweise der Sanktionsgrund. Daher gab es bisher keine Regelsatz-Streichungen für sogenannte „Totalverweigerer“.
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Die Zahl dieser „Totalverweigerer“ ist laut offiziellen Statistiken der Bundesagentur für Arbeit gering. Nach den aktuellsten Daten vom November 2024 haben Jobcenter in den zwölf Monaten davor 19.541 Sanktionen wegen verweigerter Job- und Ausbildungsangebote ausgesprochen. Dies entspricht einem Prozent der erwerbsfähigen Bürgergeld-Beziehenden.
Grundsicherung-Empfänger sollen sich „aktiv um Beschäftigung bemühen“
Union und SPD wollen laut der Einigung jedoch auch die Verbindlichkeit des Systems erhöhen und die Bürgergeld-Beziehenden stärker in die Pflicht nehmen. Die Bild spricht von einem „Bewerbungszwang“. In der Einigung, die IPPEN.MEDIA vorliegt, schreiben die Parteien: „Jede arbeitslose Person hat sich aktiv um Beschäftigung zu bemühen.“ Arbeitsagenturen und Jobcenter sollen sie dabei unterstützen, „indem jede Person zukünftig ein persönliches Angebot der Beratung, Unterstützung und Vermittlung erhält“.
Dabei soll der Vermittlungsvorrang wieder gelten. Ergänzend zu Qualifizierungsmaßnahmen sollen Vermittlungshemmnisse über eine „bessere Gesundheitsförderung und Reha-Maßnahmen“ abgebaut werden.
Berechnung des Regelsatzes aus der Bürgergeld-Reform wird rückgängig gemacht
Ein weiterer Erfolg der Union ist die Änderung der Berechnungsmethode des Regelsatzes. Laut Handelsblatt soll diese wieder wie vor der Bürgergeld-Reform erfolgen. Die Ampel-Koalition wollte ursprünglich die Inflation stärker berücksichtigen, was jedoch zu Erhöhungen um 25 Prozent innerhalb von zwei Jahren geführt hat. Kritik an zu hohen Leistungen war die Folge.
Die Parteien sind sich auch bei der Abschaffung der Karenzzeit für Vermögen einig. Personen mit erheblichen Geld- oder Sachwerten sowie Haus- und Grundeigentum sollen diese sofort nutzen müssen. Gleichzeitig soll das Schonvermögen an die „Lebensleistung“ gekoppelt werden. Auch bei den Wohnkosten soll die Karenzzeit entfallen, „wo unverhältnismäßig hohe Kosten der Unterkunft vorliegen“. Was genau „unverhältnismäßig“ bedeutet, bleibt unklar. Bereits jetzt legen die Kommunen die Mietobergrenzen fest.
Behörden soll Datenaustausch ermöglicht werden
Eine weitere Einigung betrifft den Datenaustausch zwischen Sozial-, Finanz- und Sicherheitsbehörden. CDU, CSU und SPD hatten sich bereits im Sondierungspapier darauf verständigt, Sozialleistungsmissbrauch zu beenden und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls zu stärken. Gleichzeitig sollen Sozialleistungen besser aufeinander abgestimmt werden. (ms)