Italien-Urlauber überrennen den Gardasee: Zehn-Punkte-Plan soll massiven Wandel bringen

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Immer mehr Italien-Urlauber reisen an den Gardasee. Das zeigen neue Zahlen. Der Ansturm sorgt für große Probleme. Jetzt gibt es einen Zehn-Punkte-Plan dagegen.

Peschiera – Für viele Deutsche steht auch in diesem Sommer ein Urlaub in Italien in der Sommer-Planung. Doch die Tausenden Touristen sorgen am Lago für große Probleme. Neue Urlauber-Zahlen zeichnen jetzt ein brutales Bild. Mehrere Neuerungen könnten helfen.

In Italien kämpft man gegen den Übertourismus. Neben Venedig haben etwa auch andere Orte Eintrittsgelder für Tagestouristen eingeführt. Ansonsten verstopfen die Straßen. Ein Bild, das man auch am Gardasee kennt. Besonders Videos aus Sirmione sorgten 2025 für Aufsehen.

„Touristenansturm“ am Gardasee – bittere Zahlen aus Italien

Schon am langen Mai-Wochenende – also vor der Sommer-Saison – eskalierte die Lage. Hunderte Urlauber verstopften die Straßen von Sirmione. Es gab kein Durchkommen mehr für Anwohner – und Touristen. „Jetzt reicht es, wir müssen ein paar Regeln aufstellen“, sagte ein örtlicher Ladenbesitzer anschließend.

Zu viele Touristen auf zu engem Raum

Dass dieses Wochenende längst kein Einzelfall ist, beweisen jetzt neue Zahlen der Umweltorganisation Legambiente. Sie hat staatliche Istat-Daten ausgewertet. Demnach nahmen Übernachtungen am Gardasee von 2014 bis 2024 um mehr als ein Viertel (27 Prozent) zu.

In nur vier Sommermonaten zählt man demnach mittlerweile ganze 18 Millionen Urlauber am Lago. Und das bei nur knapp 190.000 Anwohnern. Dass bei diesen Zahlen die Infrastruktur der kleinen See-Gemeinden durch die Urlauber-Invasion zusammenbrechen kann, scheint nur logisch.

Über den Gardasee

Der Gardasee ist der größte See Italiens. Benannt ist er nach der Gemeinde Garda am Ostufer. Der See entstand in der letzten Eiszeit durch einen Seitenarm des Etschgletscher. Schon 2000 Jahre vor Christus gibt es erste überlieferte Besiedelungen des Seeufers.

Den größten Zuwachs verzeichnete dabei die Lago-Küste Venetiens. Hier kamen 32 Prozent mehr Urlauber. In der Lombardei waren es 23 Prozent und im Trentino immerhin noch 19 Prozent mehr Übernachtungen. Das berichtet unter anderem die Mailänder Zeitung Il Giorno.

Italien-Urlauber überrennen den Gardasee – einige Gemeinden trifft es besonders

Dabei werden nicht alle Ufergemeinden am Gardasee gleich belastet. Den heftigsten Anstieg an Urlaubern meldeten die Lombardei-Gemeinden Lonato del Garda (+50 Prozent seit 2014), Padenghe (+45 Prozent) sowie Manerba und Toscolano Maderno (je +36 Prozent). Doch es geht noch schlimmer. In Lazise stieg die Zahl der Übernachtungen um 65 Prozent, in Peschiere del Garda um 59 Prozent sowie in Riva del Garda immerhin um 24 Prozent.

Die Zahl der Italien-Urlauber am Gardasee sorgt für große Probleme. Ein Zehn-Punkte-Plan fordert nun drastische Maßnahmen.
Die Zahl der Italien-Urlauber am Gardasee sorgt für große Probleme. Ein Zehn-Punkte-Plan fordert nun drastische Maßnahmen. (Archivbild: Limone) © IMAGO/Michael Bihlmayer

„Zu viele Touristen auf zu engem Raum bedeuten eine geringere Lebensqualität für die dort lebenden Menschen, Dienstleistungen an der Kapazitätsgrenze, wachsende wirtschaftliche Ungleichgewichte und eine zunehmend fragile Umwelt“, zeigt Legambiente die Folgen dieser Entwicklung für Italien auf.

Italien wehrt sich gegen Urlauber-Ansturm am Gardasee: Zehn-Punkte-Plan

Das Ziel des Verbandes ist es nun einen „ausgewogeneren und nachhaltigeren Tourismus“ aufzubauen, der auch den lokalen Gemeinschaften Vorteile garantiert. Dafür hat Legambiente zehn Punkte erstellt, um dem „Touristen-Ansturm“ am Gardasee entgegenzutreten:

  1. Entlastung des Verkehrs und „Reduzierung der Autonutzung“. Dazu soll ein zentrales Mobilitätskonzept erarbeitet werden.
  2. Eine Regelung für kurzfristige Vermietung sowie Anreize zur Förderung von Vermietung an Anwohner.
  3. Festlegung von Touristen-Kapazitäten für jeden Ort. Das Ziel: Den Zugang zu „kritischen Zeiten“ beschränken, um das soziale und ökologische Gleichgewicht zu wahren.
  4. Kurtaxen nutzen, um öffentliche Dienstleistungen und lokale Infrastruktur zu verbessern.
  5. Neues Zertifizierungssystem für Reiseziele und Betreiber. Ziel: „verantwortungsvolles Management der Verkehrsströme zu fördern und die Umweltbelastung sowie den Ressourcenverbrauch zu verringern“.
  6. Einrichtung von dauerhaften, offenen „Anhörungstischenfür Bürger. Hier sollen Anfragen gesammelt werden und Auswirkungen des Übertourismus überwacht werden.
  7. Das touristische Angebot diversifizieren – also vielseitiger gestalten. So soll die Zielgruppe erweitert werden – aber vor allem die Konzentration zur Hochsaison verringert werden.
  8. Werbung erneuern: Verringern für schon überlaufene Orte – Fördern für andere Orte besonders in der Zwischensaison.
  9. „Organisierte Massenwanderungenverhindern, die zu „Überfüllung, kritischen Problemen bei der Abfallbewirtschaftung und -versorgung und nur begrenzten positiven wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Gebiet führen“.
  10. Ausgabe eines Handbuches an Urlauber mit Hinweisen zu verantwortungsvollem Verhalten und Regeln, die am Urlaubsort zu beachten sind.

Gefordert seien nun nicht nur der italienische Staat, sondern auch die Regionalbehörden und lokale Amtsträger. Doch auch Urlauber und Anwohner nimmt man in den zehn Punkten in die Pflicht. Ob ein oder mehrere Punkte davon umgesetzt werden, ist bislang allerdings offen.

Italien kämpft seit Jahren gegen den Übertourismus. Dieser konzentriert sich auf einzelne Orte und sorgt dort teils für großes Chaos. Doch ein Index zeigt: Italien ist in Sachen Overtourismus im Ländervergleich nicht einmal auf Platz 1. (rjs)

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