Mit ihrem geplanten Auftritt zur Verabschiedung des grünen Alt-Fundis Jürgen Trittin versetzt die Ex-Kanzlerin Angela Merkel ihren Nachfolgern bei der CDU einen letzten Kinnhaken. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.
Angela Merkel ist eine kluge Frau. Die Ex-Kanzlerin ist sich der Wirkung ihrer öffentlichen Auftritte sehr bewusst – und auch der Signale, die sie in die Republik hineinfunkt. Die Teilnahme an Veranstaltungen ihrer CDU lehnt Merkel seit ihrem Ausscheiden aus der aktiven Politik konsequent ab, auch den ihr angetragenen Ehrenvorsitz hat sie brüsk ausgeschlagen. Umso bemerkenswerter, dass sie nun, ganz kurz vor der Europawahl, ausgerechnet als Rednerin bei der Verabschiedung des grünen Ober-Fundi Jürgen Trittin auftreten will. Jeder sucht sich seine eigenen Freunde. Diese Freiheit haben sich auch schon andere Alt-Kanzler genommen.
Merkel hat für die CDU nichts übrig - das zeigt sie nun ganz offen
Bemerkenswert – aber auch nicht wirklich überraschend. Die Kälte, mit der Angela Merkel seit mehr als zwei Jahren die Partei behandelt, die sie einst „Mutti“ nannte und der sie alles verdankt, lässt frösteln. Noch als Kanzlerin hat sie bewiesen, wie fremd ihr das Denken und Fühlen der Christdemokraten immer geblieben ist. Auf eine Journalistenfrage antwortete sie damals, die CDU sei die „Partei, die mir nahesteht“. Ein einfaches „die CDU ist meine Partei“ wollte ihr nicht über die Lippen kommen. Seit ihr alter Rivale Friedrich Merz die Partei übernommen hat, empfindet sie offenbar nur noch Widerwillen, und das lässt sie ihre alten Parteifreunde auch spüren.
Viele in der CDU schmerzt die Erkenntnis, dass Merkel sich ihrer bedient hat, um dorthin zu kommen, wo sie als Aufsteigerin aus dem Osten immer hinwollte: ganz nach oben. Zu vielen Grundüberzeugungen der Liberalkonservativen, etwa in der Russland-, der Verteidigungs-, der Energie- und der Migrationspolitik, hat die Politik der Königin des Zeitgeists nie gepasst, und auch nicht zum Menschenbild des mündigen Bürgers, der zuerst auf Eigenverantwortung und danach erst auf den Staat setzt. Merkel hat für die CDU nichts übrig. Das zeigt sie nun ganz offen, indem sie ihren Nachfolgern einen letzten Kinnhaken verpasst. Das ist nicht sehr ehrenwert. Aber es sollte die CDU in ihrer Überzeugung bestärken, dass es richtig ist, die auf zu vielen Feldern gescheiterte Merkel-Politik endgültig hinter sich zu lassen.
Georg Anastasiadis