Nächste Behörden-Rüge für Heil: Bürgergeld-Empfänger werden zu selten kontrolliert

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Der Bundesrechnungshof fällt ein hartes Urteil beim Bürgergeld. Die Jobcenter setzen die Grundsätze des Forderns und Förderns „unzureichend“ um.

Bonn – Das Bürgergeld steht in der Kritik, ein „bedingungsloses Grundeinkommen“ zu sein. Bedeutet: Die Grundsicherung biete zu wenig Anreiz, dass dessen erwerbslose Empfänger möglichst schnell wieder einen Job annehmen. Der Bundesrechnungshof schlägt nun in eine ähnliche Kerbe. Der Vorwurf: „Den Jobcentern gelingt es nicht, dauerhaften Bezug von Bürgergeld durch Selbstständige zu beenden.“ Das ist das Urteil in den „Bemerkungen 2024 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes.“

Rechnungshof mit harter Bürgergeld-Rüge – wegen fehlenden Grundsätzen des Forderns und Förderns

Die Folgerung des Bundesrechnungshofs und dessen Vorwurf an die Jobcenter: „Sie setzen die Grundsätze des Forderns und Förderns unzureichend um.“ Auch Hubertus Heils (SPD) Bundesarbeitsministerium steht dabei in der Kritik. Es versäume, die gesetzlichen Regelungen anzupassen.

Denn: Auch Selbstständige können Bürgergeld beziehen. Bedingung ist, dass ihre Einkünfte nicht ausreichen, um ihren Lebenslauf zu decken. Dabei müssen sie jedoch alles tun, um ihre Hilfsbedürftigkeit zu beenden und die Abhängigkeit vom staatlichen Geld zu beenden. Dazu könne auch gehören, ihre Selbstständigkeit zu beenden und stattdessen eine abhängige Beschäftigung aufzunehmen, heißt es im Bericht der Rechnungsprüfer. Das gelte nicht, wenn die selbständige Tätigkeit eine realistische Perspektive biete.

Die Jobcenter müssen das prüfen. Das Gesetz regele jedoch nicht, wie und wann das erfolgen muss. Zudem müssten die Jobcenter nach dem Grundsatz des Förderns die Bürgergeld-Empfänger unterstützen. Das schließt auch eine Beratung mit ein. Zudem können die Selbstständigen Darlehen und Zuschüsse für Schulungen oder die berufliche Ausstattung beantragen.

Fast ein Drittel der Selbstständigen mit Bürgergeld lebt seit mindestens fünf Jahren von der Grundsicherung

65.000 Selbstständige beziehen nach diesen Regeln Bürgergeld. Zwischen November 2023 und Januar 2024 hat der Rechnungshof stichprobenartige Kontrollen in acht Jobcentern durchgeführt und dabei rund 300 Fälle von Selbstständigen mit Bürgergeld-Bezug untersucht. 37 Prozent der Fälle hätten seit mindestens fünf Jahren laufend Grundsicherung bezogen.

Die Jobcenter hätten dabei nicht untersucht, ob die Selbstständigen den Bürgergeld-Bezug mit ihren Einnahmen künftig überwinden können, kritisiert der Rechnungshof. Wenn Prüfungen stattgefunden hätten, seien sie zum Teil mehr als drei Jahre zurückgelegen. In 18 Prozent der Fälle seien die Jobcenter zudem ihrer Pflicht zur Beratung nicht nachgegangen. Dadurch sei nicht aufgefallen, dass es nachhaltige wirtschaftliche Probleme in deren Betrieb gab.

In den kommunalen Jobcentern, die nicht unter Aufsicht der Bundesagentur für Arbeit stehen, sieht der Bundesrechnungshof noch größere Probleme beim Umgang mit Selbstständigen. 104 Einrichtungen sind dabei ausschließlich in kommunaler Trägerschaft.

Rechnungshof stellt Bürgergeld-Empfehlung: Ministerium soll nachschärfen

Der Bundesrechnungshof empfiehlt, in der gesetzlichen Regelung klarzustellen, wann und in welchen Abständen die Tragfähigkeit der Selbstständigkeit zu prüfen ist. Zudem sollte die Dauer begrenzt werden, in welchen die Jobcenter keine Vermittlungsbemühungen anstrengen, wenn die Einkünfte aus der Selbstständigkeit nicht existenzsichernd sind.

Die Bundesagentur für Arbeit habe bereits interne Weisungen für die Arbeit mit Selbstständigen bereitgestellt, erklärt das Bundesarbeitsministerium dagegen in einer Stellungnahme. Es werde geprüft, ob diese ergänzt werden müssten. Eine zeitliche Begrenzung der Selbstständigkeit könne zudem das Grundrecht der freien Berufswahl verletzen.

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