Millionen Wohnungen stehen leer - Chinas Wirtschaft schwächelt, doch Xi denkt nur an seine harte Ideologie
Peking möchte jetzt, dass die Provinzen diese Geschäfte rückabwickeln, sofern auf den Grundstücken noch nicht zu bauen begonnen wurde, um die Bilanzen der in die Schieflache gerutschten Konzerne zu verbessern. Wie das zu leisten sein soll, bleibt angesichts der aufgehäuften Schuldenberge und leeren Kassen fraglich.
Diese Unklarheiten helfen nicht, die chinesische Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Die Menschen geben angesichts der Krise kein Geld aus. Viele haben in Wohnungen investiert, die nicht fertiggestellt wurden. Sie leben nun schon im zweiten Jahr mit der Ungewissheit, ob sie ihr Erspartes wiedersehen. Sollten ihre Wohnungen fertig gebaut werden, so werden sie nicht die Wertsteigerung erzielen, unter deren Prämisse sie einst gekauft wurden.
Xi hilft nicht, sondern hält Konsum für Dekadenz
So sind die Verkäufe neuer Immobilien im Zeitraum von Januar bis April 2024 um 28,3 Prozent zurückgegangen, verglichen mit einem Rückgang von 27,6 Prozent im Zeitraum von Januar bis März. Laut der Nachrichtenagentur Reuters fielen die Preise für Neubauimmobilien im April im zehnten Monat in Folge um 0,6 % gegenüber dem Vormonat, der schnellste Rückgang seit November 2014. Bis zum Ausbruch der Krise lieferte der Immobiliensektor satte 20 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung.
Bei der großen Zusammenkunft des Nationalen Volkskongresses im März hat Machthaber Xi Jinping explizit solche Maßnahmen abgelehnt, die den Konsum im Land anregen und die angespannte Lage für viele Chinesen und Chinesinnen verbessern könnten. In Xis Vorstellung ist das harte Brot, das die Menschen unter seiner Herrschaft gerade essen müssen, nur ein Moment auf dem Weg zur „Verjüngung der Nation“, wie er die ideologische Konsolidierung der Volksrepublik unter seiner Führung nennt. Konsum hält er für eine Dekadenzerscheinung der westlichen Kultur, von der Xi und seine Nomenklatura glauben, dass sie sich im Abwind befinde.
Auch die Tatsache, dass über 20 Prozent der Hochschulabsolventen keine Arbeit finden und somit auch nichts zur Erholung der Wirtschaft beitragen könnten, kann den Diktator weder erweichen noch davon überzeugen, dass die gegenwärtige Lage im Land seine und die Herrschaft der Kommunistischen Partei gefährden. Er verunglimpft die jungen Menschen vielmehr als weich und empfiehlt ihnen, so wie er es als junger Mann unter Mao machen musste, auf das Land zu gehen und dort auf dem Feld oder in den Minen zu malochen.
Überspielt Xi die Wirtschaftskrise mit einem Krieg?
Die Gefahr besteht angesichts verfehlter Maßnahmen und dem Vorrang, den die Ideologie vor der Wirtschaft einnimmt, dass Xi Jinping zu nicht-ökonomischen Mitteln greifen könnte, um die Wirtschaftskrise in China zu überspielen. Peking hat gerade erst in der letzten Woche dem demokratischen Taiwan, wieder einmal, mit einer Blockade der Insel gezeigt, dass seine Truppen das Eiland jederzeit angreifen könnten.
Auch den Konflikt, den Xi mit den Philippinen über die Spratley-Inseln vom Zaun gebrochen hat, könnte jederzeit eskalieren. Im Südchinesischen Meer hat Pekings Machthaber künstliche Inseln aufschütten und von der Armee mit Raketen bestücken lassen. Sollte es in dieser Weltregion zu einer ernsthaften militärischen Auseinandersetzung kommen, hätte dies sofort verheerende Auswirkungen auf den Welthandel und den Wohlstand in Europa.
Auch die demografische Krise, in der sich China befindet, kann sich gleich doppelt auf das hier skizzierte Szenario auswirken: zum einen gibt es bald weniger Menschen, die sich für den Kauf der vielen leerstehenden Apartments interessieren könnten. Zum anderen wird der Rückgang der Menschen im wehrfähigen Alter Xis unter Druck setzen, militärische Optionen eher zeitnah als mittelfristig zu erwägen. Das sind keine guten Nachrichten, weder für die Menschen in China noch für den Rest der Welt.