Die Lust am Spontanen: Der besondere Reiz des Improtheaters

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Die Unerschrockenen: (hinten v.l.) Samira Kogler, Anika Kohlmorgen, Maria Dietl, Pia Rothert, Bernhard Simbeck, Thomas Zimmermann, Dorothea Reiter sowie (vorne v.l.) Renate Grötsch und Initiatorin Heike Rothert. Die Improtheatergruppe wagte sich in der Weyhalla erstmals vor Zuschauern – vorwiegend Familie und Freunde – auf die Bühne.  © Steffen Gerber

Laientheater gibt es im Landkreis viele – und viele davon auf hohem Niveau. Doch ein Improtheater – das gab‘s noch nicht. Bis jetzt: In der Weyhalla trifft sich regelmäßig eine bunte Truppe Unerschrockener mit Lust auf Spontaneität.

Weyarn – Angestoßen hat die ganze Sache Heike Rothert. Im Alltag ist die Holzkirchnerin Assistentin der Geschäftsführung bei einem IT-Unternehmen. In ihrer Freizeit zieht es sie auf die Bühne. Rothert singt im Weyhalla Soulchor. Bei einem Probenwochenende nutzten die Sängerinnen und Sänger Methoden des Improtheaters, um den Kopf freizubekommen. Rothert, die sich schon immer für diese Form des Theaters interessiert hatte, war begeistert. „Ich dachte mir, das wär schön. Und dann hab‘ ich beschlossen, das zu machen.“ Ein Sprung ins kalte Wasser – wie das Improtheater selbst: Rothert hatte keine einschlägige Ausbildung. Aber inzwischen ist sie in ihre Aufgabe als Leiterin hineingewachsen, hat sich mit mehreren Büchern mit der Methodik des Improtheaters vertraut gemacht.

Interessierte fand sie schnell. Im Oktober 2023 ging in der Weyhalla in Weyarn die erste Probe über die Bühne. Seither trifft sich die Gruppe immer am dritten Sonntag im Monat in der Weyhalla für zwei bis drei Stunden, der Kulturförderverein MuKK ist Veranstalter. Der Pool besteht aus 16 Personen zwischen 17 Jahren und Anfang 60. Neulich waren sogar zwei Geschwister im Alter von 13 und 15 Jahren dabei. „Warum nicht“, sagt Rothert: „Jede Altersklasse bringt einen eigenen Dreh rein.“

Das Weyhalla-Improtheater ist als offene Gruppe konzipiert. Nicht alle sind immer dabei, „jeder hat sein Leben“. Aber alle, die da sind, sind mit Feuereifer bei der Sache. Die unerschrockenen Theaterspieler kommen aus dem gesamten Landkreis, dem Raum Holzkirchen, Miesbach oder Tegernsee. Bis auf eine Teilnehmerin, die tatsächlich ausgebildete Schauspielerin ist, sind alle Laien. Einige, darunter Rothert selbst, waren schon in Impro-Workshops. Am Sonntag gingen die Unerschrockenen in der Weyhalla erstmals vor Zuschauern auf die Bühne – vorwiegend Familie und Freunde. Die Gruppe sammelte Spenden.

Kann man Improtheater denn tatsächlich proben? Ja, erklärt Rothert: „Es gibt dafür verschiedene Formate.“ „Change“ zum Beispiel: Dabei tauschen zwei Mitspieler ihre Rollen. Oder „Freeze“, wenn eine Szene einfriert. Die Mitspieler disziplinieren sich, pro Szene zehn Sätze zu verwenden oder jeden Satz mit dem nächsten Buchstaben des Alphabets zu beginnen. Klingt nach einer ziemlichen Herausforderung. „Das ist Gehirnjogging“, sagt Rothert und lacht. Wer hier mitmacht, muss auf Zack sein und bereit für Kompromisse. „Man braucht Menschen, die schnell im Kopf sind, sich trauen und keine Angst haben, was vor die Wand zu fahren“, sagt Rothert. „In der Zeit denken wir an nichts anderes. Du musst im Moment sein.“ Das macht das Improtheater fordernd. Aber auch entspannend: Sorgen aus dem Alltag haben hier definitiv keinen Platz mehr. Das soll nicht nach Therapiestunde klingen, betont Rothert: „Das ist die pure Spielfreude.“

Das Improtheater nutzt natürlich Stereotype. Erwartungen aufbauen und sie brechen: „Das wird häufig absurd“, erklärt Rothert. „Wir spielen mit den Absurditäten des Alltags.“ Nicht einmal Requisiten braucht es dafür. Das wenige, das die Gruppe einbaut, ist in der Weyhalla eh vor Ort: „Das Verschenke-Regal ist sehr ergiebig“, sagt Rothert und lacht. Die Gegenstände müssen im Improtheater so flexibel sein wie die Darsteller: „Wir haben alles und nichts.“

Mit den Übungsmethoden bauen sich die Darsteller gewissermaßen einen Werkzeugkasten auf, aus dem sie sich auf der Bühne bedienen. „Je häufiger man spielt, umso schneller versteht man sich“, schildert Rothert die Erfahrungen. „Man lernt, den anderen zu lesen.“ Weiß, was der andere besonders gut kann, erkennt, wenn der andere jetzt lieber nicht mehr im Vordergrund der Szene stehen will. Es braucht Respekt und Vertrauen, Ideen anderer aufzunehmen und weiterzuspinnen. „Das ist ein bisschen wie ein Tanz.“

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