Nelli Soumaoro angeblich bedroht - „Du wirst abgeschoben“: Grünen-Kandidat berichtet über Horror-Begegnung im Wahlkampf

Nelli Soumaoro hat einen bewegten Lebenslauf hinter sich. Auf seiner Homepage gibt er an, dass er 2005 als Geflüchteter aus der Republik Guinea nach Hamm in NRW gekommen ist. Er sei über drei Jahre in Deutschland nur geduldet gewesen und habe trotz Duldungsstatus letztlich das Fachabitur gemacht. 2024 habe er einen Master of Business Administration (MBA) erlangt. „Um meine Erfahrungen in Afrika und Deutschland zu bündeln, gründete ich das Beratungsunternehmen ,Komm Mit Afrika‘, das heute eine Holding ist. Wir entwickeln Konzepte für deutsche Unternehmen, Regierungen und internationale Organisationen mit afrikanischen Staaten und Unternehmen, um gemeinsame nachhaltige Wirtschaftsprojekte zu realisieren.“

Soumaoro, mittlerweile Preisträger für sein Engagement in Deutschland, kandidiert für die Grünen in Hamm für ein Direktmandat im Bundestag. Nun berichtet er von einem Vorfall, der sich angeblich im Wahlkampf ereignet hat. In einem LinkedIn-Beitrag schreibt er:

Soumaoro: „Ich spürte sofort dieses beklemmende Gefühl“

„Eigentlich wollte ich das nicht öffentlich machen. Ich wollte es ignorieren – so, wie ich es leider viel zu oft tun muss. Aber das, was mir am Samstag an unserem Wahlkampfstand in der Lüner Innenstadt passiert ist, hat mich tief getroffen. Deshalb habe ich mich entschieden, darüber zu sprechen. Ich stand mit meinen Parteikolleg*innen am Stand, verteilte Flyer, sprach mit Menschen über unsere Ideen für eine gerechtere Zukunft. Dann kam ein Mann direkt auf mich zu. Ich begrüßte ihn höflich, gab ihm meinen Flyer.

Erst nahm er ihn – dann kam die Frage: 'Woher kommen Sie?' Ich antwortete, dass ich aus Hamm komme und Bundestagskandidat für den Wahlkreis 144 bin, zu dem Lünen gehört. Doch das reichte ihm nicht. 'Nein, woher kommen Sie wirklich? Ursprünglich? Wo in Afrika?' Ich spürte sofort dieses beklemmende Gefühl. Aber ich blieb ruhig und antwortete: 'Ich komme ursprünglich aus der Republik Guinea.`

"Du wirst abgeschoben“

Dann folgte der Satz, der mich erstarren ließ: 'Du wirst abgeschoben.' Für einen Moment war ich sprachlos. Ich fragte ihn, warum er das sagt. Und dann kam es noch härter: 'Nach der Wahl, ab nächster Woche Sonntag – du wirst abgeschoben. Wir brauchen keine Ausländer mehr hier in Deutschland.' Dann drehte er sich um und ging einfach weg. Ich blieb stehen – fassungslos.

Es war nicht das erste Mal, dass mir so etwas passiert ist. Aber so offen, so direkt, mitten im Wahlkampf? Das war neu. Meine Parteikolleg*innen merkten sofort, dass etwas passiert war. Ich erzählte es ihnen. Mein Freund Arndt Matthis hat dazu sogar ein Instagram-Video gemacht.

Warum ich das teile? Weil es mich einerseits verletzt – aber andererseits noch mehr antreibt. Weil Rassismus in Deutschland noch immer Alltag ist. Weil Menschen wie ich, die hier leben, arbeiten und Verantwortung übernehmen, immer noch hören müssen: 'Du gehörst nicht dazu.' Aber ich gehöre dazu. Wir alle gehören dazu. Deutschland gehört uns allen, die hier leben – egal, wo unsere Wurzeln liegen. Deshalb werde ich nicht schweigen. Deshalb werde ich weiterkämpfen – für eine offene, demokratische Gesellschaft, in der niemand Angst haben muss, weil er oder sie 'anders' aussieht. Nur Gemeinsam können wir klare Kante gegen Rassismus und Rechtsextremismus zeigen. Unsere Demokratie lebt von Vielfalt, von Respekt – und vom Mut, dagegenzuhalten. Danke an alle, die sich für ein offenes, gerechtes Deutschland einsetzen. Zusammen sind wir stärker. Habt eine gute Woche und bleibt gesund!“

Die verantwortliche Polizei in Dortmund teilte auf Anfrage von FOCUS online mit, dass man durch die Medienberichterstattung von dem Vorfall erfahren habe, eine Anzeige aber nicht vorliege. Man fordere etwaige Opfer von Beleidigungen oder Bedrohungen auf, sich bei der Polizei zu melden. Soumaoro sagte FOCUS online, er habe keine Anzeige erstattet und plane es auch nicht. Denn er habe wenig Hoffnung, dass dies Erfolg habe. Es gebe allerdings mehrere Zeugen für den Vorfall, unter anderem der erwähnte Freund Arndt Matthis.