Axtmörder aus Martinsried vor Gericht: „Ich war voller Adrenalin und Panik.“
Kevin G. tötete seine Mutter mit dem Handbeil, zündete sein Wohnhaus an und besaß kinderpornografische Bilder. Jetzt muss er mit zehn Jahren Gefängnis rechnen - oder mit der zeitlich unbefristeten Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik.
Der Angeklagte „beschloss … seiner Mutter jetzt mit einer Axt den Kopf einzuschlagen. … Mit absolutem Vernichtungswillen begann er nun von hinten … mit der Axt auf Hals, Gesicht und Kopf der Geschädigten … einzuschlagen.“ Während Staatsanwältin Johanna Heidrich die schlimmsten Stellen der Anklage verliest, beugt sich Kevin G. (21) tief über ein Blatt Papier und spielt mit einem Stift herum. Der 21-Jährige aus Martinsried bei Planegg hat vor über einem Jahr seine Mutter mit 23 Axtschlägen niedergemetzelt, anschließend einen Brand im Keller seines Wohnhauses gelegt. Zuletzt holte ihn die Polizei von einem Baustellen-Kran, von dem aus er sich nicht traute, in den Tod zu springen. Auf dem Rechner des isoliert lebenden und an Depressionen leidenden Manga- und Computerspiele-Fans fanden die Beamten zudem tausende kinderpornografische Zeichnungen. Gestern begann der Prozess wegen Mordes, Brandstiftung und des Besitzes kinderpornografischer Inhalte vor dem Landgericht München I.

Der vorsitzende Richter Stefan Kirchinger hatte es einigermaßen schwer, herauszufinden, wie es im Januar 2023 zu der unvorstellbaren Tat kam. Einerseits hatte Kevin G. seine Eltern über Monate angelogen. Angeblich sei er auf Ausbildungssuche und krankgeschrieben, erzählte er, so dass die Eltern ahnungslos 6000 Euro unberechtigt Kindergeld bezogen. Diese Lüge drohte am Tattag durch eine Rückforderung der Familienkasse aufzufliegen. Andererseits stand ein Umzug kurz bevor, die Eltern hatten fast fertig gepackt, um nach Deggendorf zu ziehen. „Aber ich bin kein großer Freund von Veränderungen“, sagt Kevin G., der die ganze Zeit leise und sachlich alles von sich erzählt, was er kann. Warum er den schon länger geplanten, aber nie gewagten Dreifach-Selbstmord – er wollte eigentlich seit Monaten erst seine Eltern, dann sich selbst töten – dann doch in Abwesenheit des Vaters ausführte, konnte er zum Prozessauftakt aber nicht erklären. Nur so viel: „Ich war voller Adrenalin. Ich hatte Panik. Und ich wollte noch in meinem Zuhause sterben.“
Da Kevin G. eine psychiatrische Vorgeschichte hat, unter anderem auch schon stationär in der Fünfseen-Klinik untergebracht war, ist sich sein Pflichtverteidiger Ömer Sahinci sicher: „Der junge Mann braucht Hilfe. Die Höchststrafe für Mord im Jugendrecht ist zehn Jahre. Aber unser Ziel wäre die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik. Vermutlich also in Haar.“ Je nachdem, ob das Gericht eine Mindestzeit anordnet, in der er dort bleiben muss, würden dann letzten Endes die Ärzte entscheiden, wann er wieder freikommt.
Es sind noch neun weitere Prozesstage angesetzt, ein Urteil ist für den 17. April anvisiert.