Seltene Panzer-Schlacht vor Awdijiwka zeigt die wohl beste Brigade der Ukraine im Einsatz
Ein Drohnenvideo zeigt einen der in der Ukraine seltenen Kämpfe Panzer gegen Panzer. Involviert ist wohl die berühmteste Panzerbrigade der Ukraine.
Kiew – Panzerschlachten sind im Ukraine-Krieg seltener als man meinen könnte. In der Ukraine führen Panzer normalerweise Infanterieangriffe gegen feindliche Schützengräben durch oder feuern mit ihren Geschützen auf meilenweit entfernte feindliche Stellungen. Kürzlich kam es jedoch in der Ostukraine, irgendwo nördlich von Awdijiwka, zu einer der seltenen Panzer-gegen-Panzer-Schlachten. Das berichtete der versierte Militärblogger David Axe für das US-Magazin Forbes.
Axe bezieht sich auf ein Video von der Front, das eine ukrainische Drohne gemacht habe. Darin sind zwei Panzer zu sehen, ein ukrainischer T-64 und ein russischer T-72B3, die aufeinander zurollen. Die beiden Modelle sowjetischer Bauart feuern durch die Baumkronen mehrere Schüsse aus ihren weitgehend identischen 125-Millimeter-Hauptgeschützen ab. Dann wirbelt der russische Panzer Rauch auf und zieht sich zurück. Eine mit Sprengstoff beladene ukrainische Drohne verfolgt den sich zurückziehenden T-72, trifft ihn und blockiert damit offenbar seinen Geschützturm.
Legendäre Panzerbrigade der ukrainischen Armee im Ukraine-Krieg
Dieser Kampf Panzer gegen Panzer ist auch deshalb bemerkenswert, weil es sich dabei möglicherweise um die 1. Panzerbrigade der ukrainischen Armee handelt, so Axe. Es sei die erfahrenste der fünf Panzerbrigaden der Ukraine. Diese Brigade verteidigte demnach in den ersten Kriegswochen die Großstadt Tschernihiw im Norden des Landes, knapp 100 Kilometer nördlich von Kiew, vor den russischen Invasoren. Ihre aufgerüsteten T-64BV-Panzer lauerten damals in den Wäldern rund um die Stadt und griffen russische Kolonnen aus nächster Nähe an.
„Eine bessere Ausbildung der Besatzung in Kombination mit Einsätzen auf kurze Distanz, bei denen die Bewaffnung konkurrenzfähig war, und der schnellere Selbstlader des T-64 ermöglichten es den ukrainischen Panzerbesatzungen, erheblichen Schaden gegen überraschte russische Einheiten anzurichten“, urteilen Militäranalysten in einer Studie für das Royal United Services Institute in London über den damaligen Einsatz der 1. Panzerbrigade.
Die sechswöchige Verteidigung von Tschernihiw war zwar erfolgreich, für die 1. Panzerbrigade jedoch verlustreich. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verlieh den 2000 Soldaten der Einheit tausend Auszeichnungen auf dem Schlachtfeld. Nachdem im März und April 2022 ukrainische Gegenangriffe die russische Invasionsarmee aus der Nordukraine hatten vertreiben können, habe sich die Brigade für eine längere Ruhe- und Erholungsphase zurückgezogen.
Panzerbrigade zieht im Ukraine-Krieg womöglich ältere Panzer den westlichen Modellen vor
Einige Monate später, im Sommer 2022, rollten die Panzer der 1. Brigade in ihren nächsten Kriegseinsatz, diesmal im Gebiet Donezk in der Ostukraine. Seit 18 Monaten kämpft die Brigade nun im Osten und setzt immer wieder ihre Bataillone ein, um russische Angriffe abzuwehren und ukrainische Gegenangriffe zu unterstützen. Die Front im Osten ist zum Epizentrum des Krieges geworden. Russland verheizt gnadenlos Tausende von Soldaten, um den kleinen Ort Awdijiwka, der zu einer regelrechten ukrainischen Festung ausgebaut wurde, einzunehmen.
Der Panzer aus dem zitierten Video könnte schon an der Verteidigung von Tschernihiw beteiligt gewesen sein. Falls das der Fall sein sollte, wäre das der Beweis, dass die beste Panzerbrigade der Ukraine immer noch in den älteren Panzern unterwegs ist – schließlich hat Kiew von seinen ausländischen Verbündeten Hunderte moderner Panzer westlicher Bauart erhalten – deutsche Leopard 1 und 2, britische Challenger 2, amerikanische M-1. Gerade Letztere sollen sich auf dem Schlachtfeld der Ukraine nicht besonders gut schlagen.
T-64BV – nicht die besten, aber auch nicht die schlechtesten Panzer der Ukraine
Die 1. Panzerbrigade zog laut Forbes im Februar 2022 mit etwa 100 T-64 in den Krieg gegen den Aggressor Russland. Es waren zumeist aufgerüstete T-64BV Obr, Baujahr 2017, ausgerüstet mit moderner Optik, Satellitennavigation und neuen Funkanlagen. Das ukrainische Panzerwerk Charkiw hat seitdem in enger Zusammenarbeit mit Partnern in der Tschechischen Republik damit begonnen, möglicherweise Hunderte von T-64BV auf das neuere Format Obr.2022 umzurüsten. Dieser Standard umfasst weitere Verbesserungen an Optik und Funkanlagen.

Aktuell setzt die 1. Panzerbrigade eine Mischung unterschiedlicher T-64BV-Modelle ein, darunter zumindest einige der ursprünglichen Modelle vor 2017, denen die verbesserte Optik und die digitalen Systeme fehlen, schreibt Forbes. Die 42 Tonnen schweren T-64, ausgelegt für drei Personen, sind sicherlich nicht die schlechtesten Panzer im ukrainischen Bestand – nicht so lange auch die älteren T-62 im Einsatz sind.
Sie sind auch nicht die besten Panzer der Ukraine. Aber es sind die Panzer, mit denen die 1. Panzerbrigade arbeitet und für die deren Logistik und Taktik entwickelt worden ist. Und sie sind durchaus in der Lage, in Kämpfen Panzer gegen Panzer zumindest mit neueren T-72B3 mitzuhalten, wie das Drohnenvideo zeigt.