Studie zu Matschhosen: Warum Kinder die Freiheit brauchen, richtig dreckig und nass zu werden

Eine Studie aus der Universität Oulu in Finnland untersuchte Matschhosen als "materiellen Akteur" in Kindergärten. Sie zeigt, dass diese Hosen seit vielen Jahren finnische Vorschulkinder vor Schmutz und Wasser schützen, Kinder sie aber oft ungern tragen. 

Die wasserdichten Matschhosen können in bestimmten Situationen sinnvoll sein, zum Beispiel wie jetzt im Herbst bei extremem Wetter oder eisigen Temperaturen. Sie schützen Kleidung und halten Kinder warm, sodass sie draußen spielen können, ohne zu frieren oder komplett durchnässt zu werden.

Studie zu Matschhosen in Finnland
Eine Studie aus Finnland untersucht Matschhosen als "materiellen Akteur" in Kindergärten. Dabei wird klar: Längst nicht alle Kinder tragen gerne Matschhosen. Imago Images

Viola Patricia Herrmann, bekannt durch TV und Radio, ist vierfache Mutter, Bildungsexpertin, Autorin und Podcasterin. Sie fokussiert sich auf aktuelle Bildungstrends und ein modernes Bildungssystem. Sie ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen ihre persönliche Auffassung auf Basis ihrer individuellen Expertise dar.

Studie zu Matschhosen: Dauerhafter Einsatz ist problematisch

Allerdings zeigt die Forschung, dass ihr dauerhafter Einsatz problematisch ist: Kinder, die im Kindergarten oder Zuhause häufig Matschhosen tragen verlieren wichtige Sinneserfahrungen, die für ihre motorische, sensorische und soziale Entwicklung entscheidend sind.

Der Verzicht auf Matschhosen kann viele Vorteile haben. Kinder lernen durch direkten Kontakt mit Wasser, Schlamm und unterschiedlichen Untergründen, wie sie ihren Körper koordinieren, ihr Gleichgewicht halten und Bewegungen anpassen. Gleichzeitig erleben sie kleine Abenteuer, testen Grenzen aus und entwickeln Selbstvertrauen. Studien belegen, dass Kinder, die regelmäßig ohne Matschhosen spielen dürfen, aktiver, kreativer und selbstbewusster sind.

Matschhosen als Schutz vor dem Frieren oder Kritik 

Eltern ziehen ihren Kindern Matschhosen oft aus praktischen oder vorsorglichen Gründen an: Sie möchten weniger Schmutz, trockene Räume und weniger Arbeit haben. Und natürlich spielt auch die Angst vor Erkältungen eine wichtige Rolle. Denn Eltern fürchten, dass ihre Kinder frieren oder kritische Blicke anderer Eltern auf sich ziehen. Doch häufig geht es dabei mehr um Organisation und Bequemlichkeit als um die kindliche Entwicklung.

Insgesamt zeigt sich: Matschhosen können nützlich sein, sollten aber nicht die Regel sein. Kinder brauchen die Möglichkeit, nass zu werden, zu matschen und die Natur direkt zu erleben – das ist eine unverzichtbare Erfahrung für ihre Entwicklung.

Bildungsexpertin Viola Patricia Herrmann: Darum sollten Eltern auf Matschhosen für Kinder verzichten

Eltern sollten auf Matschhosen verzichten, weil diese den Kindern wichtige Sinnes- und Bewegungserfahrungen nehmen. Durch den direkten Kontakt mit Wasser, Schlamm und unterschiedlichem Untergrund lernen Kinder ihren Körper kennen, entwickeln Motorik, Gleichgewicht und Körperbewusstsein. 

Wer Kinder ständig in Matschhosen steckt, schränkt ihre Fähigkeit ein, Risiken einzuschätzen, eigene Entscheidungen zu treffen und Frustration auszuhalten – alles Fähigkeiten, die für Selbstvertrauen, Kreativität und soziale Kompetenzen entscheidend sind. Studien zeigen zudem, dass Kinder ohne Matschhosen aktiver, kreativer und selbstbewusster sind. Kurz gesagt: Der Verzicht auf Matschhosen ermöglicht Kindern, die Welt intensiv zu erleben und sich frei und selbstständig zu entwickeln.

"Viele Kinder hassen Matschhosen", sagt Virve Keränen von der finnischen Universität Oulu gegenüber dem "Spiegel" in einem aktuellen Artikel.
"Viele Kinder hassen Matschhosen", sagt Virve Keränen von der finnischen Universität Oulu gegenüber dem "Spiegel" in einem aktuellen Artikel. Imago Images

Matschhosen für Kinder? Argumente für als auch gegen den Einsatz

Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es sowohl Argumente für als auch gegen den Einsatz von Matschhosen. Einerseits schützen sie Kinder vor Kälte und Nässe, besonders bei extremem Wetter oder eisigen Temperaturen, und halten Kleidung sowie Räume sauberer – ein praktischer Vorteil für Eltern und pädagogisches Personal. Andererseits zeigen Studien, unter anderem die Forschung der Universität Oulu, dass Kinder durch ständige Schutzkleidung wichtige haptische Erfahrungen verlieren. 

Der direkte Kontakt mit Wasser, Schlamm und unterschiedlichen Untergründen fördert Motorik, Gleichgewicht, Körperbewusstsein, Selbstvertrauen und soziale Kompetenzen. Außerdem lernen Kinder so besser, Risiken einzuschätzen, eigene Entscheidungen zu treffen und Frustration auszuhalten – Fähigkeiten, die durch die permanente Nutzung von Matschhosen eingeschränkt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Matschhosen zwar situativ sinnvoll sein können, ihr dauerhafter Einsatz jedoch die körperliche, soziale und kreative Entwicklung von Kindern hemmt.

Was denken Kinder über Matschhosen?

Kinder empfinden Matschhosen oft als einschränkend. Sie wollen die Welt direkt spüren – den Schlamm zwischen den Fingern, das kalte Wasser auf der Haut und die unterschiedlichen Untergründe unter den Füßen. Matschhosen nehmen ihnen diese unmittelbaren Sinneserfahrungen und begrenzen ihr aktives, forschendes Spiel. Viele Kinder möchten selbst entscheiden, wann sie nass werden oder genug haben, und erleben durch Schutzkleidung weniger Freiheit und Kontrolle über ihr Spiel. Insgesamt zeigt sich: Kinder genießen es, matschige Abenteuer zu erleben, und empfinden Matschhosen häufig als unnötige Einschränkung.