Die Aufholjagd ist noch nicht zu Ende
Wie entwickelt sich der Luftverkehr im nächsten Halbjahr entwickeln? Es gibt neue Zahlen, die am Münchner Flughafen für gemischte Gefühle sorgen dürften.
Flughafen – Als vor bald vier Jahren das Corona-Virus nach Europa kam, war die Luftfahrt eine der ersten Branchen, die in den Lockdown flog und eine der letzten, die ihm entkam. Doch seit zwei Jahren wächst der Luftverkehr wieder. Und das überraschend schnell. Dennoch dauert die Erholungsphase in Summe länger als erwartet. Das zeigen Daten, die der Bundesverband der Deutschen Luftfahrt (BDL) nun herausgegeben hat.
Jost Lammers ist seit ziemlich genau vier Jahren Flughafenchef. Normalbetrieb erlebte er nur wenige Wochen, dann kam im März Corona. Und Lammers musste den Stillstand verwalten, die schwerste Krise der Luftfahrt seit dem Zweiten Weltkrieg. Doch schon 2022 gab Lammers die Devise aus: „2024 wollen wir das Vor-Krisen-Niveau wieder erreicht haben.“
Noch muss der Airport-Chef dieses Ziel nicht wieder kassieren, im ersten Halbjahr wird es der zweitgrößte Flughafen Deutschlands allerdings verfehlen. Und bei dieser Prognose ist eine mögliche Besteuerung von Flugbenzin noch gar nicht berücksichtigt (siehe Kasten).
Der BDL, dessen Präsident Lammers ist, veröffentlicht regelmäßig Prognosen, wie sich der deutsche, europäische und weltweite Flugverkehr in den kommenden Monaten entwickelt. Die jetzt vorgelegte Studie befasst sich mit dem Zeitraum zwischen Dezember 2023 und Mai 2024. Die Erholung und Entwicklung der Luftfahrt verläuft nicht überall gleich schnell. In den USA ist die Lage schon länger wieder so, als hätte es eine Pandemie nie gegeben. Woran es in Deutschland hakt, ist seit Monaten ausgerechnet der nationale Verkehr.
Auch im nächsten halben Jahr wird sich laut BDL die hiesige Branche „deutlich langsamer erholen als im restlichen Europa“. Insgesamt dürfte der Luftverkehr in Deutschland bis Mai 84 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreichen. „Gebremst wird die Erholung vor allem durch die schwache Entwicklung des für den innereuropäischen Verkehr relevanten Angebots der Punkt-zu-Punkt-Airlines. Deren Sitzplatzangebot erreicht in den kommenden sechs Monaten 65 Prozent des Vor-Corona-Niveaus“, heißt es in der Studie. Der Marktanteil der Punkt-zu-Punkt-Fluggesellschaften liege mit 23 Prozent deutlich unter dem europäischen Niveau. Im Vergleich dazu ziehe das Angebot der Netzwerk-Airlines mit einer Erholung auf 88 beziehungsweise 99 Prozent deutlich stärker an. „Nur die im Veranstaltergeschäft tätigen touristischen Airlines übertreffen mit einem Sitzplatzangebot von 121 Prozent deutlich das Vor-Corona-Niveau“, schreibt der BDL.
Für den europäischen Markt wird mit einem Wachstum von zehn Prozent gerechnet. Dann wären 98 Prozent der Lage vor Covid-19 wieder erreicht. Auch hier ist der Punkt-zu-Punkt-Verkehr laut Branchenverband der Treiber.
Dass die Luftfahrt langfristig weiter wächst, zeigt allein die Betrachtung Europas ohne Deutschland: Hier liegt man bereits bei 102 Prozent im Vergleich zu 2019. Der Punkt-zu-Punkt-Verkehr kommt sogar schon auf 119 Prozent. Auch die außereuropäischen Netzwerk-Airlines hätten das Vorkrisenniveau wieder erreicht, so der BDL.
Die größten Flughäfen in Deutschland sind die in Frankfurt und München. Für die beiden Drehkreuze erwartet der BDL, dass sie bis Jahresmitte 90 (Frankfurt) und 82 Prozent (München) der Zahlen von 2019 wieder erreicht haben. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht dies einem Wachstum von 16 beziehungsweise 17 Prozent. Damit profitieren sowohl Frankfurt als auch München von der weiteren Erholung des Langstreckenverkehrs. ham