Es fehlt an Arbeitern und Investitionen - Drei Gründe, warum Deutschlands Wirtschaft noch länger kaum wächst

Vor rund einem Jahr versuchte Olaf Scholz mal Optimismus zu verbreiten. „Wegen der hohen Investitionen in den Klimaschutz wird Deutschland für einige Zeit Wachstumsraten erzielen können, wie zuletzt in den 1950er und 1960er Jahren geschehen“, sagte der Bundeskanzler der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft.

Was folgte, war eine Rezession. Um 0,3 Prozent sank das deutsche Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr, für dieses Jahr wird eine marginale Erhöhung um 0,2 Prozent vorausgesagt. Im neuesten World Economic Outlook aus dem Januar rechnet der Internationale Währungsfonds immerhin mit Steigerungsraten von 1,4 Prozent pro Jahr bis 2028. Damit liegt Deutschland in den Prognosen auf Platz 34 von 41 entwickelten Nationen – hinter den USA, Australien, Schweden, Großbritannien und Frankreich und vor Norwegen, Dänemark und Italien.

Die Prognose des Kanzlers hatte denn auch einen wichtigen Nebensatz. Das kleine Wirtschaftswunder, denn als solches gelten die 1950er- und 1960er Jahre bis heute, sei nur möglich, wenn man schneller plane, entscheide und genehmige. Damit nimmt er sich selbst in die Pflicht, doch vom versprochenen Bürokratieabbau ist bisher wenig zu spüren. Das schon im Vorjahr geplante Bürokratieentlastungsgesetz, für das Verbände Hunderte Vorschläge gemacht haben, ist derzeit immer noch auf dem Status eines Referentenentwurf, einem der frühesten Stadien eines Gesetzesentwurfs.

Dabei ist die überbordende deutsche Bürokratie nur einer der Gründe, warum unsere Wirtschaft in den kommenden Jahren kaum wachsen wird. Mit einem Schnitt von 1,4 Prozent läge die Steigerung von 2021 bis 2030 sogar über dem Mittel der 2010er und 2000er Jahre. Doch Raten von 8,2 Prozent pro Jahr wie in den 1950ern und 4,4 Prozent in den 1960ern sind fern. Das sind die Hauptgründe:

1. Große Volkswirtschaften wachsen langsamer

Je entwickelter eine Volkswirtschaft ist, desto geringer sind die Fortschritte, die sie noch erzielen kann. Das gilt nicht nur für Deutschland.

Unter den entwickeltesten Nationen der Welt liegt das durchschnittliche Wachstum von 2024 bis 2028 laut IWF-Prognose bei 1,6 Prozent. Deutschland läge also nur knapp unter dem Durchschnitt. Wachstumsraten von vier Prozent und mehr sieht man fast nur noch in Schwellen- und Entwicklungsländern.

2. Wirtschaftswachstum braucht Arbeiter

Eine wachsende Wirtschaft fällt nicht vom Himmel, sondern muss auch erarbeitet werden. Einer der Wege, um mehr Waren und Dienstleistungen zu schaffen ist, wenn mehr Erwerbstätige einem Job nachgehen. Doch danach sieht es in Deutschland derzeit nicht aus.

Es fehlt an allen Ecken und Enden an Arbeitskräften. Rund die Hälfte der deutschen Unternehmen klagt darüber. „Es gibt gar nicht das Arbeitskräftepotenzial, um so ein Wachstum möglich zu machen“, sagt auch Jan Schnellenbach von der Technischen Universität Cottbus gegenüber der Welt .

Das wird sich auf Jahre hinaus kaum ändern, weil noch keine entscheidenden Maßnahmen auf dem Weg sind, den demographischen Wandel zu bekämpfen. Weder bei der Frauen-Erwerbstätigkeit noch bei der Erwerbstätigkeit älterer Menschen noch bei der qualifizierten Zuwanderung sind zuletzt große Fortschritte erzielt worden. Alle neuen Maßnahmen werden aber einige Jahre brauchen, bis sie ihre Wirkung entfalten.