Krieg im Kopf des Partners: Die Ehe-Hölle einer Veteranen-Frau
Das Leid des Krieges erzeugt immer weiteres Leid. Das zeigt die Geschichte einer 38-Jährigen aus dem Brucker Landkreis. Sie hat ein wahres Martyrium hinter sich.
Die Christkindlmärkte können Britta T. (Name geändert) heuer gar nicht voll genug sein. Endlich wieder Menschenmassen, endlich wieder Trubel – die 38-Jährige freut sich darauf, am Leben teilzunehmen wie jeder andere auch.
Davon konnte Britta T. in den letzten Jahren nur träumen. Alles drehte sich um ihren Mann, von dem jederzeit extremes Verhalten drohte. Denn der ehemalige Bundeswehrsoldat leidet an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).
Einsatz lange her
Den Begriff haben wohl die meisten schon einmal gehört. Dass aber der Alltag für die Betroffenen und ihre Familien zur Hölle werden kann, ist weniger bekannt. Britta T. jedenfalls hatte keine Ahnung, worauf sie sich einließ, als sie sich in den Veteranen verliebte. Er war Anfang der 2000er-Jahre im Kosovo im Einsatz gewesen – lange her.
2017 zieht mit ihrem kleinen Sohn zu dem Ex-Soldaten und heiratet ihn. Doch ein normales Familienleben gibt es nicht. Britta T. muss ständig auf der Hut sein, um Stress von ihrem Mann fernzuhalten. Ihm ist schnell alles zu viel. Und er hat eine sehr kurze Zündschnur. Lärm, zu viele Menschen, Kindergeschrei – ganz normale Dinge triggern ihn. Die Folge sind Wutanfälle, komplette Ausraster, an die er sich hinterher nicht erinnern kann.
Bizarres Regiment
Im gemeinsamen Wohnhaus herrscht ein bizarres Regiment. Am Boden darf kein Spielzeug herumliegen, um Fluchtwege nicht zu blockieren. Wichtige Dokumente müssen stets griffbereit und das Auto rückwärts eingeparkt sein, damit man im Notfall schnell wegkommt.
Als der Ukraine-Krieg losgeht, wird das Verhalten noch extremer. Nun hortet Britta T.s Mann im Keller Fertigmahlzeiten, Wasser, Toilettenpapier. Das Grundstück überwacht er mit Videokameras. Nachts schreckt er hoch und schleicht mit gezogener Waffe durchs Haus. „Nach außen hin war er ein unglaublich toller Schauspieler und Sympathieträger“, erzählt Britta T. Nur ein ehemaliger Kamerad, der selbst wegen einer PTBS in Behandlung ist, merkt etwas.
Therapie
Britta T. bekniet ihren Mann, ebenfalls eine Therapie zu machen. Tatsächlich verbringt er ein paar Wochen in einem Bundeswehrkrankenhaus, bricht die Behandlung jedoch ab.
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Oft ist die 38-Jährige kurz davor, die Koffer zu packen. Sie tut es nicht. „Man entwickelt einen Beschützerinstinkt und fühlt sich für den Partner verantwortlich.“ Ihr Mann tut ihr leid. „Er kann ja nichts für seine Krankheit. Die Soldaten gehen in den Krieg, um das Land zu schützen, und kommen gebrochen nach Hause. Man will sie nicht alleine lassen.“
Schuldzuweisungen
Sie versucht weiter, ihren Mann zu einer Therapie zu bewegen. Ihn stört, dass sie ihre unkritische Haltung aufgegeben hat. Er reagiert mit Vorwürfen und Schuldzuweisungen. Diesen Sommer eskaliert die Situation – ihr Mann setzt Britta T. und ihren Sohn vor die Tür. Mit ein paar Koffern steht sie vor dem Nichts.
Weil die 38-Jährige aus einem Dorf im Landkreis Fürstenfeldbruck stammt, kehrt sie hierher zurück. Den Umzug, Möbel, Kaution und Küchenablöse kann sie nur mithilfe eines Darlehens bezahlen. Nun geht Britta T. neben ihrem Vollzeitjob als Buchhalterin auch noch putzen.
Unbezahlbar ist die Freiheit, die Britta T. nun langsam wieder genießt. Sie parkt nur noch vorwärts ein. Das Kind darf auch mal laut sein, und wenn Spielzeug am Boden liegt, flippt niemand aus. „Und wir können heuer das erste Mal seit Jahren das Silvesterfeuerwerk anschauen, statt hinter verrammelten Fenstern und Türen zu sitzen“, sagt Britta T.