Filmlegende Senta Berger (83) erkundet in der berührenden Liebesgeschichte "Weißt du noch" (10. Januar, 20:15 Uhr, das Erste) die emotionale Reise eines langjährigen Ehepaares und die zeitlose Frage nach der Wiederbelebung vergangener Gefühle.
Besondere Umstände für außergewöhnliches Projekt
Die Entstehung des Films verdankt sich der beharrlichen Initiative von Regisseur Rainer Kaufmann (65, "Und wer nimmt den Hund") und Produzentin Heike Wiehle-Timm. Im Gespräch mit dem Sender erinnerte sich Kaufmann an die Herausforderung: "Wir wussten von Senta Berger, dass sie öffentlich kundgetan hatte, nicht mehr arbeiten zu wollen". Auch bei Hauptdarsteller Günther Maria Halmer (82) war die Verfügbarkeit zunächst ungewiss. Die Filmemacher hätten jedoch "geschickt Botschaften gesendet und so das Interesse bei den beiden geschürt".
Den außergewöhnlichen Charakter des Projekts bestätigte Senta Berger im Herbst 2023 in der "Welt am Sonntag". Sie bekräftigte ihren "nach wie vor tatsächlich auf dem Rückzug" befindlichen Status. "Ich arbeite inzwischen viel weniger als noch vor ein paar Jahren, als ich jedes Jahr drei, vier Filme gemacht habe. Ich wollte auf jeden Fall weniger arbeiten, denn meine Jahre sind überschaubar", erklärte die Schauspielerin. Reisen zu Drehorten oder beruflichen Terminen in Metropolen wie Köln, Berlin oder Hamburg lehne sie inzwischen ab. "Ich wähle jetzt aus, ob ein Filmprojekt in meine Lebenssituation hineinpasst." Bei diesem Projekt stimmte alles: "Das Drehbuch hat mich jedoch gepackt. Da wollte ich dabei sein. Diese Geschichte wollte ich mit erzählen", verriet sie dem Sender.
Mysteriöse Pillen mit unerwarteten Folgen
Das intensive Kammerspiel, angesiedelt in einem idyllischen Einfamilienhaus, zeigt Berger und Halmer als Ehepaar Marianne und Günter in ihren Siebzigern. Monotone Routine prägt ihr gemeinsames Leben.
Ein unerwarteter Wendepunkt entsteht, als Günters Freund Heinz (Konstantin Wecker, 77) zwei geheimnisvolle Pillen überreicht. Diese versprechen, verschüttete Erinnerungen wieder ans Tageslicht zu bringen. Nach anfänglichem Zögern wagen beide das Experiment - mit erstaunlichen Resultaten: Eine halbe Stunde später beginnt ihre faszinierende Reise durch gemeinsame Jahrzehnte. Von der ersten Begegnung bis zur Gegenwart durchleben sie erneut bedeutsame Momente ihrer Beziehung. Doch nicht alle wiedergefundenen Erinnerungen erweisen sich als willkommene Gäste aus der Vergangenheit...
Der Film behandelt mit präziser Dialogführung und herausragender schauspielerischer Leistung existenzielle Themen: Generationskonflikte, außereheliche Beziehungen, gesundheitliche Krisen, Intimität im Alter, das Loslassen von Materiellem sowie die Konfrontation mit Vergänglichkeit.
Der Umgang mit Vergänglichkeit
Die Auseinandersetzung mit dem Lebensende beschäftigt auch die Hauptdarsteller persönlich. "Mich trifft es immer wieder, wenn liebgewonnene Kollegen plötzlich nicht mehr da sind", äußerte Halmer im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" bei der Filmpremiere beim Filmfest Münchner im Juli 2023.
Senta Berger fügte damals hinzu: "Wenn Freunde sterben, trifft es einen natürlich sehr. Das ist furchtbar. In den letzten fünf Jahren habe ich meine besten Freunde verloren. Das nimmt auch einen Teil deines Lebens mit." So ungebrochen heiter könne sie nicht mehr sein.
Ein großer Schicksalstag stand ihr da noch bevor: Im April 2024 ist ihr langjähriger Ehemann, Filmemacher Michael Verhoeven (1938-2024), mit 85 Jahren verstorben.
Lebensbejahende Botschaft
Trotz der ernsten Themen vermittelt "Weißt du noch" zwei zentrale, optimistische Erkenntnisse:
"Erstens: Du existierst durch deine Erinnerung! Alles, was du erlebt hast, alles, was du erreicht hast, alles, was du erlitten hast, jede Freude, jeder Schmerz, jeder Erfolg und jeder Misserfolg, jede Liebe, jeder Urlaub, jede Arbeit macht dich aus als Mensch, ob du das willst oder nicht", betonte Regisseur Kaufmann im Sendergespräch.
Seine zweite Botschaft lautet: "Zweitens: Du kannst noch was erleben. Solange du körperlich und geistig noch in der Lage bist, kannst du jeden Tag Kleines oder Großes erleben. Du kannst es dir vornehmen und es dann tun".
Von (ki/spot)