Neuer Name, neue Ansprüche: Bundeswehr in Pöcking will „digital kriegstüchtig“ werden
Der Bundeswehr-Standort Pöcking/Feldafing wird als bundesweites Ausbildungszentrum noch wichtiger. Die Bereiche elektronische Kampfführung und Nachrichtenwesen kommen hinzu. Beim Gründungsakt wurde klar: Dahinter steckt der Anspruch, „digital kriegstüchtig“ werden zu müssen.
Pöcking – Die zwei Busse des Heeresmusikkorps Ulm vor der Pöckinger General-Fellgiebel-Kaserne deuteten am Dienstagnachmittag schon darauf hin, dass ein großer Akt bevorstand: nichts geringeres als die Auflösung der Schule Informationstechnik der Bundeswehr und die gleichzeitige Neugründung des Ausbildungszentrum Cyber-Informationsraum (CIR). Der Rahmen: ein Appell mit 200 Soldaten, 80 (Ehren-)Gästen, jeder Menge Marschmusik und dem feierlichen Wechsel des Bandes an der Truppenfahne. Aber nicht nur der Schriftzug an den Kasernen und das Wappen ändern sich bei der Bundeswehr am Starnberger See. Dahinter steckt eine jahrelang vorbereitete Umstrukturierung. Sie soll dafür sorgen, dass die deutschen Streitkräfte auch im Hinblick auf die Digitalisierung „kriegstüchtig“ werden.
Aus geografischer Sicht hat die Reform eine witzige Pointe: Die Standorte Pöcking und Feldafing verschmelzen mit der Schule für Strategische Aufklärung. Die liegt etwa 1000 Kilometer nördlich – in Flensburg. Die Bundeswehr führt die Ausbildung bundesweit zusammen. Pöcking und Feldafing werden die zentrale Bildungseinrichtung der Streitkräfte für Informationstechnik, elektronische Kampfführung und militärisches Nachrichtenwesen. Flensburg wird zur „Außenstelle“. Statt bisher 7000 Absolventen im Jahr sollen künftig 11 000 Führungskräfte und IT-Experten ausgebildet werden – im Abhören, Stören, Täuschen und Kommunizieren unter schwersten Bedingungen.

Von einem „drastischen Bedeutungszuwachs für alle Bereiche der Kriegsführung“ sprach Generalmajor Dr. Michael Färber, der als Abteilungsleiter für die Planungen im CIR und die Digitalisierung der Bundeswehr verantwortlich zeichnet. Er wies auch darauf hin, dass in Pöcking und Feldafing nicht alle Planstellen besetzt sind. Brigadegeneral Rainer Simon, Leiter des Standorts, hatte dieser Tage im Starnberger Merkur eine Nichtbesetzung von 15 Prozent der Posten genannt. Färber erklärte, dass die Ausbilder deshalb künftig von Organisationsaufgaben befreit würden. Derzeit fehlen in Pöcking und Feldafing auch einige gute Leute, die zur Schulung ukrainischer Soldaten abkommandiert wurden. Pressesprecher Herbert Singer nannte auf Nachfrage eine „niedrige zweistellige Zahl“.
Klare Worte fand Vizeadmiral Dr. Thomas Daum, Inspekteur der CIR-Einheit: „An der Nato-Ostflanke besteht die Gefahr eines Krieges“, sagte er mit Hinweis auf die Absichten von Russlands Präsident Wladimir Putin. Die Welt gerate in Unordnung. Auch der Organisationsbereich CIR müsse daher „fit für die Landes- und Bündnisverteidigung“ sein. „Wir sind dafür verantwortlich, dass die Bundeswehr digital kriegstüchtig wird.“ Im Hinblick auf die Ausbildung vor Ort sagte Daum: „Niemand kann sich auf einmal erlerntes Wissen verlassen.“ Es gelte, gerade bei digitalen Themen „auf Stand zu bleiben“.
General Simon war zuvor zunächst von seinen Aufgaben entbunden und kurz darauf zum Chef des neuen Ausbildungszentrums ernannt worden. Einer von mehreren offiziellen Akten, die mit dem feierlichen Einmarsch der Soldaten mit Musikkorps und Truppenfahne begonnen hatten. Viele Kommandos wurden über den großen Platz gerufen, bis die Zeremonie mit der bayerischen und der deutschen Nationalhymne endete. Verfolgt wurde sie von Ehrengästen wie Prinz Christoph von Bayern, Prof. Eva-Maria Kern, Präsidentin der Münchner Bundeswehr-Universität, SPD-Bundestagsabgeordneter Carmen Wegge, Landrat Stefan Frey sowie den Bürgermeistern aus Pöcking, Feldafing und Tutzing.
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