Wehrpflicht-Streit erreicht Kabinettssitzung: Merz und Pistorius stellen umstrittenen Plan vor
Die Bundesregierung tagt zur umstrittenen Wehrpflicht. Merz und Pistorius wollen in der Kabinettssitzung Klarheit schaffen – doch die Union drängt.
Berlin – Am Mittwochvormittag (27. August) steht eine wegweisende Kabinettssitzung der Bundesregierung an, die über die Zukunft der deutschen Verteidigungspolitik entscheiden könnte. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) werden gemeinsam die umstrittenen Pläne für einen neuen Wehrdienst vorstellen; der Wehrdienstgesetz-Entwurf soll zudem vom Kabinett beschlossen werden. Die Sitzung findet ausnahmsweise nicht im Kanzleramt, sondern im Verteidigungsministerium statt – ein symbolischer Ort für die brisante Debatte um die Wehrpflicht.
Die Bundesregierung steht unter enormem Druck, angesichts der russischen Bedrohung und neuer Nato-Verpflichtungen schnell zu handeln. Wie die Tagesschau berichtet, soll die Bundeswehr von derzeit 180.000 auf 260.000 aktive Soldaten bis Anfang der 2030er-Jahre anwachsen. Auch die Reservisten sollen von 100.000 auf 200.000 verdoppelt werden.
Kabinett vor Sitzung gespalten: Koalition streitet über Wehrpflicht
Doch die geplante Kabinettssitzung offenbart tiefe Risse innerhalb der Regierung. Wie aus Regierungskreisen bekannt wurde, hatte das CDU-geführte Auswärtige Amt unter Johann Wadephul einen „Ministervorbehalt“ gegen Pistorius‘ Pläne eingelegt. Nach Gesprächen der Minister zog Wadephul seinen Vorbehalt jedoch zurück. Die Union fordert verbindliche Zielvorgaben und einen Automatismus zur Wiedereinführung der Wehrpflicht, falls die Freiwilligkeit nicht ausreicht.
Der CDU-Verteidigungspolitiker Thomas Röwekamp äußerte gegenüber der Rheinischen Post erhebliche Zweifel, ob die Personalziele nur mit Freiwilligkeit erreicht werden können. „Es fehlen mehr als 80.000 Berufs- und Zeitsoldaten und 140.000 Reservisten“, so Röwekamp. Die SPD hingegen stemmt sich gegen eine Verschärfung des Gesetzes. Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und andere SPD-Politiker betonen, dass der Koalitionsvertrag eindeutig einen freiwilligen Start vorsehe.
Merz unter Druck: Regierung ringt in Kabinettssitzung um Kompromiss im Wehrpflicht-Streit
Die Bundesregierung steht vor einem Dilemma. Während Pistorius‘ Gesetzentwurf zunächst auf Freiwilligkeit setzt, enthält er bereits verpflichtende Elemente. Ab dem kommenden Jahr sollen alle jungen Männer und Frauen einen Fragebogen erhalten, wobei Männer diesen verpflichtend ausfüllen müssen. Ab 2028 ist eine verpflichtende Musterung aller 18-jährigen Männer geplant.

Im Anschluss an die Kabinettssitzung am Mittwoch ist eine gemeinsame Pressekonferenz von Bundeskanzler Merz und Verteidigungsminister Pistorius um 11.45 Uhr geplant. Dort werden beide Politiker erklären müssen, wie sie die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Koalition unter einen Hut bringen wollen. Die Herbstmonate werden zeigen, ob Merz und Pistorius ihre unterschiedlichen Ansätze zur Wehrpflicht erfolgreich vereinen können - oder ob die Debatte die Koalition weiter spaltet.