„Sozial ungerecht“: RWE-Chef greift Solaranlagen-Besitzer an – und will Millionen Haushalte zur Kasse bitten

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RWE-Chef Krebber attackiert Millionen Solar-Besitzer mit radikalen Forderungen. Die Einspeisevergütung soll komplett weg. Haushalte müssen künftig für Netzanschlüsse zahlen.

Düsseldorf – Markus Krebber, Vorstandschef des Energieriesen RWE, hat eine beispiellose Attacke gegen deutsche Solaranlagen-Besitzer gestartet. Bei seinem Auftritt vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung Düsseldorf machte er keinen Hehl aus seiner Verachtung für private Photovoltaik-Anlagen. Die staatliche Einspeisevergütung sei „unnötig und sozial ungerecht“, so Krebbers harsche Kritik.

Seine Begründung ist brisant: Private Solarstrom-Produzenten seien laut Wirtschaftswoche „eigentlich genau solche Nutzer und Einspeiser, wie sie keiner haben will“. Der Grund: Sie speisen Strom ein, wenn die Sonne scheint und niemand den Strom braucht, beziehen aber Energie aus dem Netz, wenn Knappheit herrscht.

Ende der deutschen Solar-Umrüstung: Baukostenzuschuss soll Solar-Haushalte treffen

Krebbers radikalste Forderung geht weit über das hinaus, was Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) plant. Während die Ministerin lediglich die Abschaffung der Einspeisevergütung erwägt, will der RWE-Chef Solar-Besitzer zusätzlich finanziell belasten. Seine Forderung: „Wer Kosten auslöst, muss sich daran beteiligen“. Konkret bedeutet das: Jeder der 4,2 Millionen Solaranlagen-Besitzer in Deutschland soll einen „Baukostenzuschuss“ für den Netzanschluss zahlen. Diese Regelung soll für alle gelten - „egal ob es um eine Solaranlage auf dem Dach geht, einen Offshore-Windpark wie RWE oder eine Biogasanlage“.

Die Reaktion der Solarwirtschaft ist entsprechend scharf. Philipp Schröder, Geschäftsführer des drittgrößten deutschen Solaranbieters 1Komma5Grad, warf RWE in einem Post auf LinkedIn Heuchelei vor. Der Konzern habe „allein 2,6 Milliarden Euro an Subventionen nur für ihre defizitären Kohlekraftwerke erhalten“. Schröders Vorwurf wiegt schwer: „Sich als soziales, besorgtes Unternehmen zu porträtieren und Bürgern, die privat investieren, mediale Ratschläge zu erteilen, ist vor diesem Hintergrund unter Umständen unklug, sogar unangemessen“. Peter Knuth vom Solaranbieter Enerix warnt vor den Folgen der Debatte: „Die Debatte um die Einspeisevergütung führt dazu, dass Kunden verunsichert werden, vor allem, wenn keine Alternativen da sind“.

Markus Krebber, Vorstandschef von RWE, will Solar-Besitzer doppelt zur Kasse bitten: Neben dem kompletten Wegfall der Einspeisevergütung sollen Haushalte zusätzlich Baukostenzuschüsse für ihre Netzanschlüsse zahlen. © Christian Ohde / dts Nachrichtenagentur / IMAGO

Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen in Gefahr: Solarbranche wehrt sich gegen Konzern-Angriff

Ohne staatliche Förderung droht vielen Solaranlagen das wirtschaftliche Aus. Branchenexperte Knuth rechnet vor: Bei einer 10-Kilowatt-Anlage mit Anschaffungskosten von 20.000 Euro und einem Jahresverbrauch von 5.000 Kilowattstunden beträgt die Amortisationsdauer bereits jetzt 16 Jahre. „Ich würde bezweifeln, dass sich die Anschaffung einer Solaranlage im Eigenheim ohne Förderung oder alternativen Modellen für den Betreiber rechnet“, so Knuth. Verschärfend komme hinzu: „Wenn die Einspeisevergütung fällt, könnte zudem auch die Mehrwertsteuer wieder eingeführt werden“.

Die Argumentation der Energiekonzerne ist nicht von der Hand zu weisen: Die Stromnetze stehen unter enormem Druck. Netzbetreiber kommen „teilweise mit den Netzanschlüssen nicht mehr hinterher“. Die Folgen sind drastisch: Ein Netzbetreiber aus Reutlingen teilte mit, dass „auf absehbare Zeit keine neuen Solaranlagen mehr ans Netz gehen können“. In Brandenburg gab ein Betreiber komplett auf. Die finanziellen Dimensionen sind gewaltig: Die Bundesnetzagentur zahlte 2023 knapp zehn Milliarden Euro an EEG-Subventionen allein für Solarstrom. Zusätzlich flossen 3,8 Milliarden Euro für Biomasse und 3,4 Milliarden Euro für Windenergie.

Doch Krebber steht mit seinen Forderungen nicht allein. Wirtschaftsministerin Reiche, die vor ihrem Ministeramt Chefin der E.On-Tochter Westenergie war, unterstützt das Ende der Solarförderung. Der RWE-Chef lobte die neue Bundesregierung: „Jetzt geht es um die Themen Versorgungssicherheit und industrielle Wettbewerbsfähigkeit“. Auch E.On-Chef Leo Birnbaum fordert einen „Stopp für die Subventionen der privaten Solaranlagen“. Thomas Schoy vom Solarunternehmen kritisiert die Vergangenheit der Ministerin scharf: „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“, angesichts ihrer früheren Tätigkeit bei Westenergie. Die kommenden Monate werden zeigen, ob sich die Allianz aus Energiekonzernen und Politik gegen die Millionen Solaranlagen-Besitzer durchsetzen kann. (ls)

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