„Tatort“ heute: „Dein gutes Recht“ ist der Jubiläumsfall für Lena Odenthal
„Dein gutes Recht“ heißt der 80. „Tatort“ mit Ulrike Folkerts als Lena Odenthal. Der Krimi ist einer ihrer stärksten – auch dank des guten Ensembles. Unsere Kritik:
Man kennt das ja: Kein Tag ist wie der andere. Manchmal steht man mit dem falschen Fuß auf, dann kriegt die Familie in der Früh schon einen dummen Spruch ab, den man sich an einem anderen Tag womöglich verkniffen hätte. So weit, so menschlich. Den Tag, an dem Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) ihren 80. Einsatz im ARD-„Tatort“ hat, würde die Kommissarin wohl auch am liebsten als Dreckstag abhaken. Sie, ohnehin überlastet, soll mit Kollegin Johanna Stern (Lisa Bitter) Bewerbungsgespräche mit Anwärterinnen und Anwärtern für eine Assistenzstelle führen, weil die Personalabteilung keine Zeit hat. Die jungen Leute sind unmotiviert oder unfähig oder gleich beides, rauben Odenthal den letzten Nerv, und dann landet auch noch ein Video im Netz, das die Ermittlerin nicht gerade von ihrer besten Seite zeigt. Alles Scheiße, deine Lena. Doch so einfach ist es nicht.
„Dein gutes Recht“ ist der 80. ARD-„Tatort“ mit Ulrike Folkerts als Lena Odenthal
Abhaken ist keine Option. Denn Odenthal muss sich, sichtlich gezeichnet von einem offensichtlich harten Einsatz, vor einem internen Ermittler (großartig schmierig: Bernd Hölscher) rechtfertigen und sich einer heiklen Frage stellen: Hat ihre gereizte Stimmung an jenem Tag dazu geführt, dass sie ihre Waffe vorschnell eingesetzt hat?
In Rückblenden und auf verschiedenen Zeitebenen erzählt „Dein gutes Recht“ (Sonntag, 27. Oktober 2024, 20.15 Uhr, ARD), so der Titel dieses Krimis, was eigentlich passiert ist. Klug und mit sicherem Gespür fürs richtige Timing verwebt Autor und Regisseur Martin Eigler in dieser Jubiläumsfolge zwei Handlungsstränge. Aufgeklärt werden muss zunächst der Mord an dem Juraprofessor Jasper Ünel (Mohamed Achour), der erschossen in der Kanzlei seiner Ehefrau gefunden wird. Sie selbst alarmiert die Polizei – und wird zum Dreh- und Angelpunkt des gesamten Films.
Ulrike Folkerts möchte gerne noch eine Weile im „Tatort“ ermitteln
Sandra Borgmann ist als Anwältin Patricia Prinz, die überehrgeizig und ohne jeden Skrupel alle Spielräume unseres Rechtssystems auslotet, eine erschreckende Wucht. Überzeugend auch die andere Frauenfigur in diesem „Tatort“: Marie Polat, die in einem Callcenter arbeitet, von ihrem Chef (Matthias Lier) sexuell belästigt und dann gekündigt wird, ihren Job aber dringend braucht, um nicht das Sorgerecht für ihren kleinen Sohn zu verlieren. Emma Nova verleiht dieser jungen Mutter, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens steht und einer Karriere-Anwältin im Kaschmirmantel wie Prinz nicht gewachsen sein kann, viel Würde.
Schade nur, dass das Finale dieses Krimis mit Geiselnahme, SEK-Einsatz und wilder Ballerei auf grüner Wiese so viel schlichter daherkommt als die Inszenierung der eigentlichen Geschichte(n). In Interviews hat Ulrike Folkerts gesagt, dass sie gern noch eine Weile im „Tatort“ ermitteln würde. Nach diesem Film möchte man hinzufügen: mit solchen Drehbüchern sehr gern.